ERSTER AUFZUG
(Großer Schloßhof in Siegfrieds Burg)
CHOR
Erhebet Herz und Hände
Voll Andacht himmelan
Zu Ihm, dess' Macht ohn' Ende,
Dem All' wir untertan!
Sein Reich es soll besteh'n
In aller Ewigkeit,
Für ihn zum Tod zu geh'n,
Sind allzeit wir bereit!
Was sollt' uns bringen Schaden,
Will er nur mit uns sein,
Er ist der Quell der Gnaden,
Das Heil bei ihm allein.
(Hidulfus tritt mit Gofolge aus der Kirche)
HIDULFUS
Zu einem gottgefäll'gen Kampfe
Rüstet Ihr Euch!
Es gilt dem Erzfeind unsers Glaubens,
Abdorrhaman, der aus Spanien in
Das Frankreich hereingebrochen!
CHOR
Verderben ihm!
HIDULFUS
Von seinen Gräueln empört,
Erhebt sich der gewalt'ge Karl Martell,
Und ruft die Tapfern dieses Landes auf,
Den Frechen mit dem Schwert zu strafen -
CHOR
Heil Karl Martell!
HIDULFUS
In seinem Namen fordr' auch ich euch auf,
Bewaffne jeder sich, der Kraft
Ein Schwert zu tragen in sich fühlt,
Dem edlen Pfalzgraf Siegfried,
Dem Karl des Krieges Führung anvertraut,
Zum heil'gen Zug sich anzuschließen,
Zu schützen Christi Kreuz!
CHOR
Wir sind bereit!
HIDULFUS, CHOR
(mit aller Kraft)
So streite denn, du tapfre Schar,
Der Christenheit zu Ruhm und Ehr';
Der Engel Heer fleuch' vor dir her,
Der Herr sei mit dir immerdar!
Wir sind bereit,
Zu Kampf und Streit,
Für Christ den Herrn
Zum Tod zu geh'n
Sein Reich es soll besteh'n
In aller Ewigkeit,
Für ihn zum Tod zu geh'n
Sind allzeit wir bereit!
Was sollt' uns bringen Schaden,
Will er nur mit uns sein,
Er ist der Quell der Gnaden,
Das Heil bei ihm allein!
GOLO
(Allein)
Könnt' ich mit ihnen! Weiht' auch mich
Des heil'gen Mannes Segensspruch!
Wer doch wie sie
In blut'ger Feldschlacht könnte werben
Um Ruhm, - den Tod der Ehre sterben!
Ein Anderes ist mir beschieden -
Ruh' - Still-sein! - -
Wär' es auch der Frieden!
Frieden, zieh' in meine Brust,
Sänftige das tiefe Leid,
Der Gefühle grimmen Streit, -
Frieden, zieh' in meine Brust!
Trüb' will Alles mir erscheinen,
Wie die Sonn' auch golden scheint -
Könnt' ich klagen, könnt' ich weinen,
Tränen, wie ich sonst geweint!
Wie anders mein Sinnen
In früheren Tagen!
Da trieb's mich hinaus
Zu Kampf und Strauß!
Kein Roß mir zu wild,
Keine Kluft mir zu breit,
Zu eng das Gefild,
Kein Ziel mir zu weit!
Kein Ziel mir zu weit!
Und kehrt' ich dann heim
Zu fröhlicher Rast,
Wie klang da beim Schalle
Der Zither mein Lied,
Vom Lobe des Sängers
Ertönte die Halle.
Wie zollten sie alle
Dem fröhlichen Sang
So minniglich Dank,
Und feuriger schwang
Beim gastlichen Mahl
Zum vollen Pokal
Empor sich der Sang! - -
Das war in früheren Tagen, -
Und jetzt! -
Frieden, zieh in meine Brust etc. etc.
Siegfried, Siegfried -
Du ein zweiter Vater mir, dem
Ich alles danke,
Was tust du mir!
Zum Hüter deines Weibes hast
Du mich bestellt! -
Und ich, ein Mensch,
Soll diesen Himmel wahren! -
Ich seh' sie nahen, - könnt' ich flüchten,
Verbergen mich,
wohin kein Strahl der Sonne dringt!
(Er tritt in der Hintergrund. Siegfried, Genoveva, Drago, Balthasar, Caspar, Dienerschaft)
SIEGFRIED
So wenig Monden erst, daß ich Dich fand, -
Und schon entreißt Dich
mir ein streng Geschick.
GENOVEVA
Ob auch getrennt,
uns eint ein heilig Band,
In fernste Ferne reicht der Liebe Blick.
SIEGFRIED
Du bist ein deutsches Weib, so klage nicht -
Sollt' ich ertragen unsers Glaubens Schmach?
GENOVEVA
Wärst du kein Held, Du wärest Siegfried nicht
Und keine Klagen sendet' ich Dir nach.
SIEGFRIED
Der Trübsal Nacht
folgt einst ein Freudentag.
GENOVEVA
Wo Du auch weilst, Dir folgt die Liebe nach.
SIEGFRIED
O herrlich Streiten, für die Christenheit,
Des Krieges Banner glorreich zu erheben!
GENOVEVA
Der Dich mir gab, er sehe mich bereit,
Auf sein Gebot mein Liebstes hinzugeben.
SIEGFRIED
Du liebend Weib -
GENOVEVA
Geliebter Mann -
BEIDE
Beglückt' wem solch' ein
Held / Weib gegeben!
(Trompeten hinter der Szene)
SIEGFRIED
Dies gilt uns! -
(zu den Diener gewendet)
Zu Euch noch
Wen'ge Worte! Drago,
Treu hast du dich stets bewährt,
Deiner Pflege sei vertraut
Mein Gesinde, halt' es wohl!
DRAGO
(mit Ehrerbietung)
Wie Ihr sagt, so wird's getan.
SIEGFRIED
(auf Angelo deutend)
Und vor allen nimm dich an dieses Armen,
Ist die Red' ihm auch versagt,
Ein treu' Gemüt spricht aus seinem Auge,
Krankt ihn nimmer!
DRAGO
Wie Ihr sagt, so wird's getan.
SIEGFRIED
(Golo erblickend)
Einer fehlt noch - Golo -
Du der Nächste meinem Hause
Stehst so fern?
GENOVEVA
Wie bleich er sieht -
DRAGO
Wie verstört -
GENOVEVA
Es schmerzt der Abschied ihn vor allen -
SIEGFRIED
Möchtest gern wohl
Mit mir in den Krieg?
GOLO
Ihr sagt's!
SIEGFRIED
Besser dienst Du hier mir. - Sieh,
Nur dem Besten möcht' ich meiner
Güter Bestes anvertrau'n -
(herzlich zu Golo)
Der bist Du! -
Meines Weibes nimm Dich an,
Wo sie Mannes Schutz bedarf -
(zu den anderen Dienern)
Und Ihr, seht in Golo hier
Euern unumschränkten Herrn,
Dienet ihm, als wär' ich's selbst!
GOLO
Einen Würd'gern wohl als mich
Möcht' ich, daß Ihr fändet -
GENOVEVA
Gern Nehm' ich Euch zum Ritter an -
GOLO
Edle Gräfin, viel zu gut
Denkt Ihr von mir. -
SIEGFRIED
Spart die Worte,
Kostbar ist die Zeit; der Ruf
Der Trompete sagt's.
Auf! führt mein Schlachtroß vor!
CHOR
Auf, auf in das Feld!
Graf Siegfried der Held,
Er führet das Heer,
Er führt es zur Ehr'.
Fein's Liebchen ein Kuß!
Geschieden sein muss!
Mit uns ist das Glück,
Bald kehren wir zurück!
Karl Martell, Karl Martell, tapferer Hammer,
Allem Heidenvolk zum Jammer!
Der Feind der soll der Ambos sein,
Da schlagen wir wacker drauf und drein!
Wie klingt der Hammer so stark und hell!
Karl Martell, Karl Martell!
GENOVEVA
Leb' wohl -
SIEGFRIED
Leb' wohl -
GENOVEVA
Auf Wiederseh'n!
SIEGFRIED
Auf Wiederseh'n!
GOLO
(Für sich)
O wie sie küßt!
Man fühlt’s, indem man’s sieht!
CHOR
Auf, auf in das Feld!
Graf Siegfried, der Held,
Er führt das Heer,
Er führt es zur Ehr'.
Feins Liebchen, ein Kuss!
Geschieden sein muss!
Mit uns ist das Glück,
Bald, bald kehr'n wir zurück!
GOLO
(zu Siehfried)
Herr, das Roß sieht bereit!
GENOVEVA
O könnt' ich mit dir! -
SIEGFRIED
Getrost und fasse dich!
GENOVEVA
Leb wohl!
(Siegfried umarmt und küsst Genoveva und reite, ohnmächtig nieder)
GOLO
Der rauhe Kriegsmann! - Auf das Schwert
Versteht er sich, auf Stoß und Hieb, -
Auf Liebe nicht! Er hat ihr's angetan!
Stirbt sie, ich will nicht knirschen!
doch, sie seufzt!
Das holde Leben kehrt zurück,
Und auf die Lippen tritt das erste Roth!
O Lippen, süße Lippen!
Wer euch küßt,
Der stiehlt sich hier die ew'ge Seligkeit,
Denn nie verglüht ein solcher Kuß! -
Nie! Nie!
(sich umsehend)
Ich könnt' es tun, ich bin allein -
Die heil'gen Augen steh'n
Noch nicht wie Cherubim
Abwehrend vor dem Paradies -
Ich will, ich muss sie küssen - -
(Er küsst sie)
GENOVEVA
(Zu sich kommend)
Mein Siegfried!
Wer bist Du?
GOLO
Euer treuster Knecht!
GENOVEVA
Erlaubt, daß ich mich stütze!
Mir schwindelt!
(Genoveva geht, auf Golos Arm gestützt, nach dem Schlosse ab)
MARGARETHA
(hinter dem Burgtor hervortretend)
Sieh da - welch' feiner Rittersmann!
Man sieht ihn nur mit Freuden an!
Der Federhut, der Degen steht ihm gut,
Auch hat er Mut!
Und wie zum Kuß er sich herunterbog,
Welch' Flammenglut die Wang' ihm überzog!
Die Frau allein, der Graf beim Heer -
Da fällt's dem hübschen
Burschen ja nicht schwer!
Ich hab' kein' Rast, ich hab' keine Ruh,
Ein wenig Groll kömmt auch dazu!
(mit drohender Gebärde gegen das Scholoss)
Daß aus dem Haus du mich gehetzt,
Herr Graf, das vergelt' ich dir jetzt!
Still, er kömmt!
(Golo kommt aus dem Schloss)
GOLO
(Für sich)
Was hast du getan
In frevelndem Wahn -
Du hast geküßt
Deines Herren Weib, -
Du hieltst umschlungen
Den edlen Leib, -
Du hast gebrochen
Dein Ritterwort - -
Elender, fort
Soweit dich deine Füße tragen!
(will durch das Burgtor abgehen)
MARGARETHA
Golo!
GOLO
(Sie nicht erkennend)
Hinweg!
MARGARETHA
Mein Sohn wohin?
Kein Wort für Deine Amme, die so lang
Dich nicht geseh'n?
GOLO
Du Margaretha hier?
MARGARETHA
Unfreundlich stießest einstens Du mich fort, -
Ich blieb Dir gut -
GOLO
Ich aber hasse Dich, seit bösem Wandel
Und schwarzen Künsten
Du dich ergeben,
Die ich verabscheue -
Dies ist der Tugend Haus!
MARGARETHA
Der Tugend Haus? -
Ach - hofft' ich doch nach
langem Wandern hier
Zum Ausruh'n eine Streu zu finden
(heimlich)
Doch, Was ich erblickt in diesem Haus
der Tugend -
(ins Ohr flüsternd)
Fürwahr, ein schönes
Weib des Küssens werth. -
GOLO
(sie packend)
Du hast gesehen?! - stirb! -
MARGARETHA
(gleichgültig)
Stoß' zu - 's ist ja die Amme nur,
Die Mutter nicht, die Du durchbohrst -
Geh' Golo - Du bist krank -
GOLO
Ja - krank zum Sterben -
MARGARETHA
Vertrau' Dich mir -
ich weiß den Arzt -
GOLO
Weib, Hexe, fort!
Du, dieses Haus,
Die ganze Welt ist mir verhaßt,
Kaum, daß ich trage noch
des Lebens Jammerlast, -
Ich will dahin geh'n, wo kein Aug'
Mich wieder finden soll.
(Er will gehen, Margaretha hält ihn zurück)
MARGARETHA
Du läßt die arme Frau allein -
Sie wird ohn' Dich gar traurig sein,
Am Leben müßte sie verzagen,
Sie will Dir wohl, wie die Leute sagen.
GOLO
(sie bei der Hand fassend)
Was sprichst Du da? wer tat Dir's kund?
MARGARETHA
Nun, drück' mir nur den Arm nicht wund -
Dergleichen fällt nicht schwer zu sehn. -
GOLO
Du lügst.
Du kennst sie nicht die Reine -
MARGARETHA
Und sieh, wie schön sich alles trifft!
Der Graf im Krieg, Du heimgeblieben -
Vielleicht, daß er im Kampfe fällt,
Er Dich zum Erben gar bestellt!
Oft fügt sich's seltsam in der Welt -
Kommt Berg und Tal doch wohl zusammen,
Um wie viel leichter zween Flammen -
Glück auf denn, Glück auf!
(Sie will fortgehen)
GOLO
Brichst auf Du schon?
MARGARETHA
Muss fort - nach Straßburg -
GOLO
(vertraulicher)
Sag' an, was tätest Du an meiner Stelle?
MARGARETHA
(fur sich)
Es dringt ihm in's Herz -
(Laut)
Wär' ein junger Herr ich
Mit Augen wie Ihr, ich hielt'
An meiner Hoffnung fest und wär'
Ich in die Königin verliebt.
GOLO
O dürft' ich hoffen, Margaretha,
Ich wollt' es königlich Dir lohnen!
Bleib hier im Schloß,
sieh mit eignen Augen!
MARGARETHA
Mehr braucht's nicht als ich bereits geseh'n!
GOLO
Nur wen'ge Tage laß Dir's gefallen!
MARGARETHA
Wollt durchaus Ihr!
GOLO
Du bleibst?
MARGARETHA
Vielleicht -
GOLO
Und willst Mir beisteh'n?
MARGARETHA
Wie ich's kann -
GOLO
Gib mir Die Hand d'rauf!
MARGARETHA
Hier!
GOLO
Und schwörst mir beizusteh'n? -
MARGARETHA
Ich schwör's! -
GOLO
Mit neuem Leben
Erfüllst Du mich wieder,
Gehst Du voran,
Glücket der Plan.
Mein muss sie werden.
Und stiegen Engel
Zur Erde nieder!
Mit neuem Leben
Erfüllst du mieh wieder,
Gehst du voran,
Glüeket der Plan!
Mein muss sie werden,
Und stiegen Engel
Nieder zur Erden
Und schützten sie!
Mein muss sie werden…
Und stiegen Engel
Nieder zur Erden
Und schützten sie
Und wahrten sie,
Mein muss sie werden,
Jetzt oder nie…!
MARGARETHA
(für sich)
Was ich gewollt,
Mir isl's geglückt,
lch halt's ihn umgarnt,
lch halt's ihn umstrickt.
(laut)
Dein soll sie werden,
(für sich)
lch halt' ihn umgarnt,
lch halt's ihn umstrickt.
(laut)
Und stiegen Engel
Nieder zur Erden
Und schützten sie!
(für sich)
lch halt' ihn umgarnt…
(laut)
Dein soll sie werden,
Jetzt oder nie…