ERSTER AUFZUG
ERSTE SZENE
Die Bühne stellt das Innere der Katharinenkirche in schrägem Durchschnitt dar. Von dem Hauptschiff, welches links ab dem Hintergrunde zu sich ausdehnend anzunehmen ist, sind nur noch die letzten Reihen der Kirchenstuhlbänke sichtbar. Den Vordergrund nimmt der freie Raum vor dem Chor ein; dieser wird später durch einen schwarzen Vorhang gegen das Schiff zu gänzlich geschlossen. In der letzten Reihe der Kirchenstühle sitzen Eva und Magdalene; Walther von Stolzing steht, in einiger Entfernung, zur Seite an eine Säule gelehnt, die Blicke auf Eva heftend, die sich mit stummem Gebärdenspiel wiederholt zu ihm umkehrt
DIE GEMEINDE
Da zu dir der Heiland kam,…
Walther drückt durch Gebärde eine schmachtende Frage an Eva aus
…willig deine Taufe nahm,…
Evas Blick und Gebärde sucht zu antworten; doch beschämt schlägt sie das Auge wieder nieder
…weihte sich dem Opfertod,…
Walther zärtlich, dann dringender
…gab er uns des Heils Gebot:…
Eva, Walther schüchtern abweisend, aber schnell wieder seelenvoll zu ihm aufblickend
…dass wir durch ein' Tauf' uns weih'n,…
Walther entzückt, höchste Beteuerungen, Hoffnung.
…seines Opfers wert zu sein.
Eva lächelnd, dann beschämt die Augen senkend. Walther dringend, aber schnell sich unterbrechend
Edler Täufer, Christ's Vorläufer!…
Walther nimmt die dringende Gebärde wieder auf, mildert sie aber sogleich, um sanft um eine Unterredung zu bitten
Nimm uns freundlich an, dort am Fluss Jordan.
Die Gemeinde erhebt sich, wendet sich dem Ausgange zu und verlässt unter dem Nachspiel allmählich die Kirche. Walther heftet in höchster Spannung seinen Blick auf Eva, welche ihren Sitz ebenfalls verlässt und, von Magdalene gefolgt, langsam in seine Nähe kommt. Da Walther Eva sich nähern sieht, drängt er sich gewaltsam durch die Kirchgänger zu ihr
WALTHER
leise, doch feurig zu Eva
Verweilt! - Ein Wort! Ein einzig Wort!
EVA
sich schnell zu Magdalena umwendend
Mein Brusttuch…! Schau! Wohl liegt's im Ort?
MAGDALENE
Vergesslich' Kind! Nun heisst es: such!
Sie kehrt nach den Kirchenstühlen zurück
WALTHER
Fräulein! Verzeiht der Sitte Bruch!
Eines zu wissen, eines zu fragen,
was müsst' ich nicht zu brechen wagen?
Ob Leben oder Tod, ob Segen oder Fluch?
Mit einem Worte sei mir's vertraut:
mein Fräulein sagt -
MAGDALENE
zurückkommend
Hier ist das Tuch.
EVA
O weh! Die Spange!
MAGDALENE
Fiel sie wohl ab?
Sie geht suchend abermals nach hinten
WALTHER
Ob Licht und Lust oder Nacht und Tod?
Ob ich erfahr, wonach ich verlange,
ob ich vernehme, wovor mir graut:
Mein Fräulein, sagt -
MAGDALENE
wieder zurückkommend
Da ist auch die Spange.
Komm, Kind! Nun hast du Spang' und Tuch ...
O weh! Da vergass ich selbst mein Buch!
Sie geht nochmals eilig nach hinten
WALTHER
Dies eine Wort, Ihr sagt mir's nicht?
Die Silbe, die mein Urteil spricht?
Ja oder nein! - ein flücht'ger Laut:
mein Fräulein sagt,
entschlossen und hastig
seid Ihr schon Braut?
MAGDALENE
die wieder zurückgekehrt ist und sich vor Walther verneigt
Sieh da, Herr Ritter,
wie sind wir hochgeehrt:
mit Evchens Schutze habt Ihr Euch gar beschwert?
Darf den Besuch des Helden
ich Meister Pogner melden?
WALTHER
bitter, leidenschaftlich
Oh, betrat ich doch nie sein Haus!
MAGDALENE
Ei, Junker! Was sagt Ihr da aus?
In Nürnberg eben nur angekommen,
wart Ihr nicht freundlich aufgenommen?
Was Küch' und Keller, Schrein und Schrank
Euch bot, verdient' es keinen Dank?
EVA
Gut Lenchen, ach, das meint er ja nicht.
Doch von mir wohl wünscht er Bericht.
Wie sag ich's schnell? Versteh' ich's doch kaum!
Mir ist, als wär' ich gar wie im Traum!-
Er frägt - ob ich schon Braut?
MAGDALENE
heftig erschrocken
Hilf Gott! Sprich nicht so laut!
Jetzt lass uns nach Hause gehn;
wenn uns die Leut' hier sehn!
WALTHER
Nicht eh'r, bis ich alles weiss!
EVA
zu Magdalene
's ist leer, die Leut' sind fort.
MAGDALENE
Drum eben wird mir heiss!
Herr Ritter, an andrem Ort!
David tritt aus der Sakristei ein und macht sich darüber her, die, schwarzen Vorhänge zu schliessen
WALTHER
dringend
Nein! Erst dies Wort!
EVA
bittend zu Magdalene
Dies Wort!
MAGDALENE
die sich bereits umgewendet, erblickt David, hält an und ruft zärtlich für sich
David? Ei! David hier?
Sie wendet sich wieder zurück, und zu Walther.
EVA
zu Magdalene
Was sag ich? Sag du's mir!
MAGDALENE
zerstreut, öfter nach David sich umsehend
Herr Ritter, was Ihr die Jungfer fragt,
das ist so leichtlich nicht gesagt;
fürwahr ist Evchen Pogner Braut
EVA
lebhaft unterbrechend
Doch hat noch keiner den Bräut'gam erschaut.
MAGDALENE
Den Bräut'gam wohl noch niemand kennt,
bis morgen ihn das Gericht ernennt,
das dem Meistersinger erteilt den Preis -
EVA
enthusiastisch
Und selbst die Braut ihm reicht das Reis.
WALTHER
verwundert
Dem Meistersinger?
EVA
bang
Seid Ihr das nicht?
WALTHER
Ein Werbgesang?
MAGDALENE
Vor Wettgericht.
WALTHER
Den Preis gewinnt?
MAGDALENE
Wen die Meister meinen.
WALTHER
Die Braut dann wählt?
EVA
sich vergessend
Euch oder keinen!
Walther wendet sich, in grosser Erregung auf und ab gehend, zur Seite
MAGDALENE
sehr erschrocken
Was, Evchen! Evchen! Bist du von Sinnen?
EVA
Gut' Lene, lass mich den Ritter gewinnen!
MAGDALENE
Sahst ihn doch gestern zum erstenmal?
EVA
Das eben schuf mir so schnelle Qual,
dass ich schon längst ihn im Bilde sah!
Sag, trat er nicht ganz wie David nah?
MAGDALENE
höchst verwundert
Bist du toll? Wie David?
EVA
Wie David im Bild.
MAGDALENE
Ach, meinst du den König mit der Harfen
und langem Bart in der Meister Schild?
EVA
Nein! Der, dess' Kiesel den Goliath warfen,
das Schwert im Gurt, die Schleuder zur Hand,
das Haupt von lichten Locken umstrahlt,
wie ihn uns Meister Dürer gemalt.
MAGDALENE
laut seufzend
Ach, David! David!
DAVID
der hinausgegangen und jetzt wieder zurückkommt, ein Lineal im Gürtel und ein grosses Stück weisser Kreide an einer Schnur schwenkend
Da bin ich! Wer ruft?
MAGDALENE
Ach, David! Was Ihr für Unglück schuft!
für sich
Der liebe Schelm! Wüsst' er's noch nicht?
laut
Ei seht, da hat er uns gar verschlossen?
DAVID
zärtlich
Ins Herz Euch allein!
MAGDALENE
feurig
Das treue Gesicht! Ei sagt!
Was treibt Ihr hier für Possen?
DAVID
Behüt es, Possen? Gar ernste Ding'!
Für die Meister hier richt' ich den Ring.
MAGDALENE
Wie? Gäb' es ein Singen?
DAVID
Nur Freiung heut:
der Lehrling wird da losgesprochen,
der nichts wider die Tabulatur verbrochen;
Meister wird, wen die Prob' nicht reut.
MAGDALENE
Da wär' der Ritter ja am rechten Ort. -
Jetzt, Evchen, komm, wir müssen fort.
WALTHER
schnell sich zu den Frauen wendend
Zu Meister Pogner lasst mich euch geleiten.
MAGDALENE
Erwartet den hier; er ist bald da.
Wollt Ihr Evchens Hand erstreiten,
rückt Ort und Zeit das Glück Euch nah.
Zwei Lehrbuben kommen dazu und tragen Bänke herbei
Jetzt eilig von hinnen!
WALTHER
Was soll ich beginnen?
MAGDALENE
Lasst David Euch lehren, die Freiung begehren. -
Davidchen, hör, mein lieber Gesell,
den Ritter hier bewahr' mir wohl zur Stell'!
Was Fein's aus der Küch' bewahr' ich für dich;
und morgen begehr' du noch dreister,
wird hier der Junker heut' Meister.
Sie drängt Eva zum Fortgehen
EVA
zu Walther
Seh' ich Euch wieder?
WALTHER
sehr feurig
Heut abend, gewiss! -
Was ich will wagen, wie könnt' ich's sagen?
Neu ist mein Herz, neu mein Sinn,
neu ist mir alles, was ich beginn'.
Eines nur weiss ich, eines begreif' ich:
Mit allen Sinnen Euch zu gewinnen!
Ist's mit dem Schwert nicht, muss es gelingen,
gilt es als Meister Euch zu ersingen.
Für Euch Gut und Blut!
Für Euch Dichters heil'ger Mut!
EVA
mit grosser Wärme
Mein Herz, sel'ger Glut,
für Euch liebesheil'ge Hut!
MAGDALENE
Schnell heim, sonst geht's nicht gut!
DAVID
der Walther verwunderungsvoll gemessen
Gleich Meister? Oho! Viel Mut!
Magdalene zieht Eva eilig durch die Vorhänge nach sich fort. Walther wirft sich, aufgeregt und brütend, in einen erhöhten kathederartigen Lehnstuhl, den zuvor zwei Lehrbuben von der Wand ab mehr nach der Mitte zu gerückt haben
ZWEITE SZENE
Noch mehrere Lehrbuben sind eingetreten; sie tragen und stellen Bänke und richten alles zur Sitzung der Meistersinger her
ZWEITER LEHRBUBE
David, was stehst?
ERSTER LEHRBUBE
Greif ans Werk!
ZWEITER LEHRBUBE
Hilf uns richten das Gemerk!
DAVID
Zu eifrigst war ich vor euch allen;
schafft nun für euch:
hab ander Gefallen!
VIER LEHRBUBEN
Was der sich dünkt!
VIER LEHRBUBEN
Der Lehrling' Muster!
VIER LEHRBUBEN
Das macht, weil sein Meister ein Schuster.
VIER LEHRBUBEN
Beim Leisten sitzt er mit der Feder.
VIER LEHRBUBEN
Beim Dichten mit Draht und Pfriem.
VIER LEHRBUBEN
Sein' Verse schreibt er auf rohes Leder.
ALLE ZWÖLF LEHRBUBEN
mit entsprechender Gebärde
Das - dächt' ich - gerbten wir ihm!
Sie machen sich lachend an die fernere Herrichtung
DAVID
nachdem er den sinnenden Ritter eine Weile betrachtet
Fanget an!
WALTHER
verwundert
Was soll's?
DAVID
noch stärker
»Fanget an!« - So ruft der »Merker«.
Nun sollt Ihr singen! Wisst Ihr das nicht?
WALTHER
Wer ist der Merker?
DAVID
Wisst Ihr das nicht? Wart Ihr noch nie bei ‘nem Sing-Gericht?
WALTHER
Noch nie, wo die Richter Handwerker!
DAVID
Seid Ihr ein »Dichter«?
WALTHER
Wär' ich's doch!
DAVID
Seid Ihr ein »Singer«?
WALTHER
Wüsst' ich's noch!
DAVID
Doch »Schulfreund« wart Ihr und »Schüler« zuvor?
WALTHER
Das klingt mir alles fremd vorm Ohr.
DAVID
Und so gradhin wollt Ihr Meister werden?
WALTHER
Wie, machte das so grosse Beschwerden?
DAVID
O Lene! Lene!
WALTHER
Wie Ihr doch tut!
DAVID
O Magdalene!
WALTHER
Ratet mir gut!
DAVID
setzt sich in Positur
Mein Herr, der Singer Meister-Schlag
gewinnt sich nicht an einem Tag.
In Nüremberg der grösste Meister
mich lehrt die Kunst Hans Sachs!
Schon voll ein Jahr mich unterweist er,
dass ich als Schüler wachs'.
Schuhmacherei und Poeterei,
die lern' ich da alleinerlei:
hab ich das Leder glatt geschlagen,
lern' ich Vokal und Konsonanz sagen;
wichst' ich den Draht erst fest und steif,
was sich dann reimt, ich wohl begreif!
Den Pfriemen schwingend,
im Stich die Ahl',
was stumpf, was klingend,
was Mass, was Zahl -
den Leisten im Schurz, was lang, was kurz,
was hart, was lind, hell oder blind,
was Waisen, was Milben, was Klebsilben,
was Pausen, was Körner, was Blumen, was Dörner -
das alles lernt' ich mit Sorg' und Acht.
Wie weit nun, meint Ihr, dass ich's gebracht?
WALTHER
Wohl zu ‘nem Paar recht guter Schuh'?
DAVID
Ja, dahin hat's noch gute Ruh'!
Ein »Bar« hat manch Gesätz' und Gebänd';
wer da gleich die rechte Regel fänd',
die richt'ge Naht und den rechten Draht,
mit gutgefügten »Stollen« den Bar recht zu versohlen.
Und dann erst kommt der »Abgesang«;
dass der nicht kurz und nicht zu lang
und auch keinen Reim enthält,
der schon im Stollen gestellt.
Wer alles das merkt, weiss und kennt,
wird doch immer noch nicht »Meister« genennt.
WALTHER
Hilf Gott! Will ich denn Schuster sein?
In die Singkunst lieber führ mich ein.
DAVID
Ja, hätt' ich's nur selbst schon zum »Singer« gebracht!
Wer glaubt wohl, was das für Mühe macht?
Der Meister Tön' und Weisen,
gar viel an Nam' und Zahl,
die starken und die leisen,
wer die wüsste allzumal!
Der »kurze«, »lang'« und »überlang'« Ton,
die »Schreibpapier«-, »Schwarz-Tinten«-Weis';
der »rote«, »blau'« und »grüne« Ton;
die »Hageblüh«-, »Strohhalm«-, »Fengel«-Weis';
der »zarte«, der »süsse«, der »Rosen«-Ton;
der »kurzen Liebe«, der »vergessne« Ton;
die »Rosmarin«-, »Gelbveiglein«-Weis',
die »Regenbogen«-, die »Nachtigall« -Weis',
die »englische Zinn«-, die »Zimmtröhren«-Weis',
»frisch' Pomeranzen«-, »grün' Lindenblüh«-Weis',
die »Frösch'«-, die »Kälber«-, die »Stieglitz«-Weis',
die »abgeschiedene Vielfrass«-Weis';
der »Lerchen«-, der »Schnecken«-, der »Beller«-Ton,
die »Melissenblümlein«-, die »Meiran«-Weis',
»Gelblöwenhaut«-,
gefühlvoll
»treu' Pelikan«-Weis',
prunkend
die »buttglänzende Draht«-Weis' ...
WALTHER
Hilf Himmel! Welch endlos Tönegeleis'!
DAVID
Das sind nur die Namen:
nun lernt sie singen,
recht, wie die Meister sie gestellt!
Jed' Wort und Ton muss klärlich klingen,
wo steigt die Stimm' und wo sie fällt;
fangt nicht zu hoch, zu tief nicht an,
als es die Stimm' erreichen kann;
mit dem Atem spart, dass er nicht knappt
und gar am End' Ihr überschnappt;
vor dem Wort mit der Stimme ja nicht summt,
nach dem Wort mit dem Mund auch nicht brummt.
Nicht ändert an »Blum'« und »Koloratur«,
jed' Zierat fest nach des Meisters Spur.
Verwechseltet Ihr, würdet gar irr',
verlört Ihr Euch und kämt ins Gewirr:
wär' sonst Euch alles auch gelungen,
da hättet Ihr gar »versungen!«
Trotz grossem Fleiss und Emsigkeit
ich selbst noch bracht' es nicht so weit.
So oft ich's versuch' und ‘s nicht gelingt,
die »Knieriem-Schlag«-Weis' der Meister mir singt.
sanft
Wenn dann Jungfer Lene nicht Hilfe weiss,
greinend
sing' ich die »eitel Brot- und Wasser«-Weis'!
Nehmt Euch ein Beispiel dran
und lasst vom Meister-Wahn!
Denn »Singer« und »Dichter« müsst Ihr sein,
eh' Ihr zum »Meister« kehret ein.
VIER LEHRBUBEN
während der Arbeit
David!
WALTHER
Wer ist nun Dichter?
VIER LEHRBUBEN
David! Kommst her?
DAVID
zu den Lehrbuben
Wartet nur, gleich! -
schnell wieder zu Walther sich wendend
Wer der »Dichter« wär'?
Habt Ihr zum »Singer« Euch aufgeschwungen
und der Meister Töne richtig gesungen,
fügtet Ihr selbst nun Reim' und Wort',
dass sie genau an Stell' und Ort
passten zu eines Meisters Ton,
dann trügt Ihr den Dichterpreis davon.
VIER LEHRBUBEN
He, David! Soll man's dem Meister klagen?
ALLE LEHRBUBEN
Wirst dich bald des/deines Schwatzens entschlagen?
DAVID
Oho! - Jawohl! Denn helf' ich euch nicht,
ohne mich wird alles doch falsch gericht't.
Er will sich zu ihnen wenden
WALTHER
ihn zurückhaltend
Nur dies noch:
wer wird »Meister« genannt?
DAVID
schnell wieder umkehrend
Damit, Herr Ritter, ist's so bewandt:
mit sehr tiefsinniger Miene
Der Dichter, der aus eig'nem Fleisse
zu Wort' und Reimen, die er erfand,
äusserst zart
aus Tönen auch fügt eine neue Weise,
der wird als »Meistersinger« erkannt.
WALTHER
So bleibt mir einzig der Meisterlohn!
Muss ich singen,
kann's nur gelingen,
find' ich zum Vers auch den eig'nen Ton.
DAVID
der sich zu den Lehrbuben gewendet
Was macht ihr denn da? - Ja, fehl' ich beim Werk,
verkehrt nur richtet ihr Stuhl und Gemerk! -
Er wirft polternd und lärmend die Anordnungen der Lehrbuben in betreff des Gemerkes um
Ist denn heut »Singschul'«? - Dass ihr's wisst,
das kleine Gemerk! - Nur »Freiung« ist!
Die Lehrbuben, welche in der Mitte der Bühne ein grösseres Gerüst mit Vorhängen aufgeschlagen hatten, schaffen auf Davids Weisung dies schnell beiseite und stellen dafür ein geringeres Brettergerüst auf; daraufstellen sie einen Stuhl mit einem kleinen Pult davor, daneben eine grosse schwarze Tafel, daran die Kreide am Faden aufgehängt wird; um das Gerüst sind schwarze Vorhänge angebracht, die zunächst hinten und an beiden Seiten, dann auch vorn ganz zusammengezogen werden
ALLE LEHRBUBEN
während der Herrichtung
Aller End' ist doch David der Allergescheit'st,
nach hohen Ehren ganz sicher er geizt:
‘s ist Freiung heut;
gewiss er freit,
als vornehmer »Singer« er schon sich spreizt!
Die »Schlag«-Reime fest er inne hat,
»Arm-Hunger«-Weise singt er glatt.
VIER LEHRBUBEN (1. Tenor)
Doch die »harte-Tritt«-Weis', die kennt er am best' -
ALLE
Die trat ihm der Meister hart und fest!
Mit der Gebärde zweier Fusstrtte. Sie lachen
DAVID
Ja, lacht nur zu! Heut bin ich's nicht;
ein andrer stellt sich zum Gericht:
der war nicht Schüler, ist nicht Singer,
den Dichter, sagt er, überspring' er;
denn er ist Junker, und mit einem Sprung er
denkt ohne weit're Beschwerden
heut' hier Meister zu werden.
Drum richtet nur fein das Gemerk dem ein!
Während die Lehrbuben vollends aufrichten.
Dorthin! - Hierher! Die Tafel all die Wand,
so dass sie recht dem Merker zur Hand!
sich zu Walther um wendend
Ja, ja, dem »Merker«! - Wird Euch wohl bang?
Vor ihm schon mancher Werber versang.
Sieben Fehler gibt er Euch vor,
die merkt er mit Kreide dort an;
wer über sieben Fehler verlor,
hat versungen und ganz vertan!
Nun nehmt Euch in acht!
Der Merker wacht.
Derb in die Hände schlagend
Glück auf zum Meistersingen!
Mögt Euch das Kränzlein erschwingen!
Das Blumenkränzlein aus Seiden fein
wird das dem Herrn Ritter beschieden sein?
DIE LEHRBUBEN
welche zu gleicher Zeit das Gemerk geschlossen haben, fassen sich an und tanzen einen verschlungenen Reigen um dasselbe
Das Blumenkränzlein aus Seiden fein,
wird das dem Herrn Ritter beschieden sein?
Die Lehrbuben fahren sogleich erschrocken auseinander, als die Sakristei aufgeht und Pogner mit Beckmesser eintritt;sie ziehen sich nach hinten zurück