DRITTE SZENE
ELSA
hat sich umgewandt und schreit bei Lohengrins Anblick laut auf
Ha!
ALLE MÄNNER UND FRAUEN
Sei gegrüsst, du gottgesandter Mann! usw.
Der Nachen, vom Schwan gezogen, erreicht in der Mitte des Hintergrundes das Ufer; Lohengrin, in glänzender Silberrüstung, den Helm auf dem Haupte, den Schild im Rücken, ein kleines goldenes Horn zur Seite, steht, auf sein Schwert gelehnt, darin. Friedrich blickt in sprachlosem Entsetzen auf Lohengrin hin. Ortrud, die während des Gerichtes in kalter, stolzer Haltung verblieben, gerät beim Anblick des Schwans in tödlichen Schrecken. Sowie Lohengrin die erste Bewegung macht, den Kahn zu verlassen, tritt bei allen sogleich das gespannteste Stillschweigen ein.
LOHENGRIN
neigt sich zum Schwan
Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!
Zieh durch die weite Flut zurück,
dahin, woher mich trug dein Kahn,
kehr wieder nur zu unsrem Glück!
Drum sei getreu dein Dienst getan!
Leb wohl, leb wohl, mein lieber Schwan!
Der Schwan wendet langsam den Nachen und schwimmt den Fluss zurück. Lohengrin sieht ihm eine Weile wehmütig nach.
DIE MÄNNER und FRAUEN
Wie fasst uns selig süsses Grauen!
Welch holde Macht hält uns gebannt!
Wie ist er schön und hehr zu schauen,
den solch ein Wunder trug ans Land!
Lohengrin verlässt das Ufer und schreitet langsam und feierlich nach dem Vordergrund.
LOHENGRIN
verneigt sich vor dem König
Heil, König Heinrich! Segenvoll
mög' Gott bei deinem Schwerte stehn!
Ruhmreich und gross dein Name soll
von dieser Erde nie vergehn!
KÖNIG HEINRICH
Hab Dank! Erkenn' ich recht die Macht,
die dich in dieses Land gebracht,
so nahst du uns von Gott gesandt?
LOHENGRIN
Zum Kampf für eine Magd zu stehn,
der schwere Klage angetan,
bin ich gesandt. Nun lasst mich sehn,
ob ich zu Recht sie treffe an.
Er wendet sich etwas näher zu Elsa
So sprich denn, Elsa von Brabant:
Wenn ich zum Streiter dir ernannt,
willst du wohl ohne Bang' und Graun
dich meinem Schutze anvertraun?
ELSA
die, seitdem sie Lohengrin erblickte, wie in Zauber regungslos festgebannt war, sinkt, wie durch seine Ansprache erweckt, in überwältigend wonnigem Gefühle zu seinen Füssen
Mein Held, mein Retter! Nimm mich hin;
dir geb' ich alles, was ich bin!
LOHENGRIN
Wenn ich im Kampfe für dich siege,
willst du, dass ich dein Gatte sei?
ELSA
Wie ich zu deinen Füssen liege,
geb' ich dir Leib und Seele frei.
LOHENGRIN
Elsa, soll ich dein Gatte heissen,
soll Land und Leut' ich schirmen dir,
soll nichts mich wieder von dir reissen,
musst eines du geloben mir:
Nie sollst du mich befragen,
noch Wissens Sorge tragen,
woher ich kam der Fahrt,
noch wie mein Nam' und Art!
ELSA
fast bewusstlos
Nie, Herr, soll mir die Frage kommen!
LOHENGRIN
Elsa! Hast du mich wohl vernommen?
Nie sollst du mich befragen,
noch Wissens Sorge tragen,
woher ich kam der Fahrt,
noch wie mein Nam' und Art!
ELSA
mit grosser Innigkeit zu ihm aufblickend
Mein Schirm! Mein Engel! Mein Erlöser,
der fest an meine Unschuld glaubt!
Wie gäb' es Zweifels Schuld, die grösser,
als die an dich den Glauben raubt?
Wie du mich schirmst in meiner Not,
so halt' in Treu' ich dein Gebot!
LOHENGRIN
ergriffen und entzückt sie an seine Brust erhebend
Elsa! Ich liebe dich!
Beide verweilen eine Zeitlang
in der angenommenen Stellung
Die MÄNNER und FRAUEN
Welch holde Wunder muss ich sehen?
Ist's Zauber, der mir angetan?
Ich fühl' das Herze mir vergehen,
schau' ich den hehren, wonnevollen Mann!
LOHENGRIN
geleitet Elsa zum König und übergibt sie dessen Hut, dann schreitet er feierlich in die Mitte des Kreises
Nun hört! Euch, Volk und Edlen, mach' ich kund:
Frei aller Schuld ist Elsa von Brabant!
Dass falsch dein Klagen, Graf von Telramund,
durch Gottes Urteil werd' es dir bekannt!
BRABANTISCHE EDLE
erst einige, dann immer mehrere, heimlich zu Friedrich
Steh ab vom Kampf! Wenn du ihn wagst,
zu siegen nimmer du vermagst!
Ist er von höchster Macht geschützt,
sag, was dein tapfres Schwert dir nützt?
Steh ab! Wir mahnen dich in Treu'!
Dein harter Unsieg, bittre Reu'!
FRIEDRICH
der bisher unverwandt und forschend sein Auge auf Lohengrin geheftet, mit leidenschaftlich schwankendem und endlich sich entscheidendem inneren Kampfe
Viel lieber tot als feig!
Welch Zaubern dich auch hergeführt,
Fremdling, der mir so kühn erscheint,
dein stolzes Drohn mich nimmer rührt,
da ich zu lügen nie vermeint.
Den Kampf mit dir drum nehm' ich auf
und hoffe Sieg nach Rechtes Lauf!
LOHENGRIN
Nun, König, ordne unsern Kampf!
Alles begibt sich in die erste Gerichtsstellung
KÖNIG HEINRICH
So tretet vor, zu drei für jeden Kämpfer,
und messet wohl den Ring zum Streite ab!
Drei sächsische Edle treten für Lohengrin, drei brabantische für Friedrich vor, sie messen mit feierlichen Schritten den Kampfplatz aus und stecken ihn, einen vollständigen Ring bildend, durch ihre Speere ab.
DER HEERRUFER
in der Mitte des Kampfringes
Nun höret mich und achtet wohl:
Den Kampf hier keiner stören soll!
Dem Hage bleibet abgewandt,
denn wer nicht wahrt des Friedens Recht,
der Freie büss' es mit der Hand,
mit seinem Haupte büss' es der Knecht!
ALLE MÄNNER
Der Freie büss' es mit der Hand,
mit seinem Haupte büss' es der Knecht!
DER HEERRUFER
zu Lohengrin und Friedrich
Hört auch, ihr Streiter vor Gericht!
Gewahrt in Treue Kampfes Pflicht!
Durch bösen Zaubers List und Trug
stört nicht des Urteils Eigenschaft!
Gott richtet euch nach Recht und Fug,
so trauet ihm, nicht eurer Kraft!
LOHENGRIN und FRIEDRICH
zu beiden Seiten ausserhalb des Kampfkreises stehend
Gott richte mich nach Recht und Fug,
so trau' ich ihm, nicht meiner Kraft!
KÖNIG HEINRICH
mit grosser Feierlichkeit in die Mitte vorschreitend
Mein Herr und Gott, nun ruf ich dich,
Alle entblössen das Haupt und lassen sich zur feierlichsten Andacht an
dass du dem Kampf zugegen seist!
Durch Schwertes Sieg ein Urteil sprich,
das Trug und Wahrheit klar erweist!
Des Reinen Arm gib Heldenkraft,
des Falschen Stärke sei erschlafft!
So hilf uns, Gott, zu dieser Frist,
weil unsre Weisheit Einfalt ist!
ELSA und LOHENGRIN
Du kündest nun dein wahr Gericht,
mein Gott und Herr, drum zag' ich nicht! usw.
ORTRUD
Ich baue fest auf seine Kraft,
die, wo er kämpft, ihm Sieg verschafft! usw.
FRIEDRICH
Ich geh' in Treu vor dein Gericht!
Herr Gott, nun verlass mein' Ehre nicht!
KÖNIG HEINRICH
Mein Herr und Gott, dich rufe ich! usw.
So künde nun dein wahr Gericht!
Mein Herr und Gott, nun zögre nicht!
DER HEERRUFER und ALLE MÄNNER
Des Reinen Arm gib Heldenkraft usw.
So künde nun dein wahr' Gericht,
du Herr und Gott, nun zögre nicht!
Die FRAUEN
Segne ihn! Herr, mein Gott! Segne ihn!
Alle treten unter grosser feierlicher Aufmerksamkeit an ihre Plätze zurück. Die sechs Kampfzeugen bleiben bei ihren Speeren dem Ringe zunächst, die übrigen Männer stellen sich in geringerer Weite um ihn her. Elsa und die Frauen im Vordergrund unter der Eiche beim König. Auf des Heerrufers Zeichen blasen die Heerhornbläser den Kampfruf. Lohengrin und Friedrich vollenden ihre Waffenrüstung.
Der König zieht sein Schwert und schlägt damit dreimal an den an der Eiche aufgehängten Schild.
Beim ersten Schlage nehmen Lohengrin und Friedrich die Kampfstellung ein; beim zweiten ziehen sie die Schwerter und legen sich aus; beim dritten Schlage beginnen sie den Kampf.
Lohengrin greift zuerst an. Nach mehreren ungestümen Gängen streckt er mit einem weitausgeholten Streiche seinen Gegner zu Boden. Friedrich versucht sich wieder zu erheben, taumelt einige Schritte zurück und stürzt zu Boden. Mit Friedrichs Fall ziehen die Sachsen und Thüringer ihre Schwerter aus der Erde, die Brabanter nehmen die ihrigen auf.
LOHENGRIN
das Schwert auf Friedrichs Hals setzend
Durch Gottes Sieg ist jetzt dein Leben mein:
von ihm ablassend
Ich schenk' es dir, mögst du der Reu' es weihn!
Der König nimmt seinen Schild von der Eiche. Alle Männer stossen ihre Schwerter in die Scheiden. Die Kampfzeugen ziehen die Speere aus der Erde. Jubelnd brechen alle Edlen und Männer in den vorherigen Kampfkreis, so dass dieser von der Masse dicht erfüllt wird.
ALLE MÄNNER und FRAUEN
Sieg! Sieg! Sieg!
Heil! Heil dir, Heil!
KÖNIG HEINRICH
sein Schwert ebenfalls in die Scheide stossend
Sieg! Sieg!
ELSA
O fänd' ich Jubelweisen,
deinem Ruhme gleich,
dich würdig zu preisen,
an höchstem Lobe reich!
In dir muss ich vergehen,
vor dir schwind' ich dahin,
soll ich mich selig sehen,
nimm alles, was ich bin!
Der König führt Elsa Lohengrin zu, sie sinkt an Lohengrins Brust.
KÖNIG HEINRICH und die MÄNNER
Ertöne, Siegesweise,
dem Helden laut zum höchsten Preise!
Ruhm deiner Fahrt!
Preis deinem Kommen!
Heil deiner Art,
Schützer der Frommen!
Du hast gewahrt
das Recht der Frommen,
Preis deinem Kommen,
Heil deiner Art!
Dich nur besingen wir,
dir schallen unsre Lieder!
Nie kehrt ein Held gleich dir
zu diesen Landen wieder!
ORTRUD
die Friedrichs Fall mit Wut gesehen, den finsteren Blick unverwandt auf Lohengrin geheftet
Wer ist's, der ihn geschlagen,
durch den ich machtlos bin?
KÖNIG HEINRICH
Preis deiner Fahrt!
Heil deiner Art!
LOHENGRIN
Elsa von seiner Brust erhebend
Den Sieg hab' ich erstritten
durch deine Rein' allein;
nun soll, was du gelitten,
dir reich vergolten sein! usw.
DIE FRAUEN
Wo fänd' ich Jubelweisen,
seinem Ruhme gleich,
ihn würdig zu preisen,
an höchstem Lobe reich!
Du hast gewahrt usw.
ALLE MÄNNER
Du hast gewahrt usw.
ELSA
O fänd' ich Jubelweisen usw.
KÖNIG HEINRICH
Heil sei deiner Fahrt usw.
ORTRUD
Wer ist's, der ihn geschlagen usw.
Sollt' ich vor ihm verzagen,
wär' all mein Hoffen hin? usw.
FRIEDRICH
sich am Boden qualvoll windend
Weh, mich hat Gott geschlagen,
durch ihn ich sieglos bin!
Am Heil muss ich verzagen,
mein Ruhm und Ehr' ist hin! usw.
Friedrich sinkt zu Ortruds Füssen ohnmächtig zusammen. Junge Sachsen erheben Lohengrin auf seinen Schild und Brabanter Elsa auf den Schild des Königs, auf welchen zuvor mehrere ihre Mäntel ausgebreitet haben; so werden beide unter Jauchzen davongetragen.