ERSTER AKT
Ouvertüre
Hofraum, Links das Haus des Herrn Reich, rechts das des Herrn Fluth; beide mit praktikablen Türen. Im Hintergrunde ein Staketenzaun mit einer Tür, durch den man die andere Seite der Strasse erblickt. Es ist nachmittags an einem Sommertage
ERSTER AUFTRITT
Frau Fluth, einen offenen Brief in der Hand, tritt aus ihrem Hause
Nr. 1 - Duett
FRAU FLUTH
Nein, das ist wirklich doch zu keck!
Wie kann er es nur wagen,
Der vollgetrunkne dicke Geck,
Mit Liebe mich zu plagen!
ja, wenn es noch ein Ritter wär',
Fein zierlich - jung an Jahren -
Doch solch ein fetter Gast wie der …
Da soll mich Gott bewahren!
Hab ich denn wirklich recht gelesen?
(Sie liest. )
O schönste Frau, wir taugen
Zusammen gar zu gut,
Ihr habt verliebte Augen
Und scheint von heissem Blut …«
Da hört mir nur den Grobian!
Was gehn ihn meine Augen an?
Ihr liebt den Sekt, ich lieb ihn auch!
Ist das nicht Sympathie?«
Was denkt sich nur der alte Schlauch,
Ich, Sekt? - Ich trinke nie!
Und kurz und gut,
Ich habe Mut,
ich liebe dich
Herzinniglich,
Bei Tag und Nacht
Für dich bedacht,
John Falstaff!«
Ha' warte nur! Ich will dich Gecken
Für deine frechen Worte necken;
Mit meiner Nachbarin, Frau Reich,
Berat ich ein Komplott sogleich!
ZWEITER AUFTRITT
Frau Fluth. Frau Reich, die ebenfalls einen Brief in der Hand hält und ihre Nachbarin nicht gleich bemerkt
FRAU REICH
Geschwind zu meiner Nachbarin,
Das Zeug mit ihr zu lesen!
Nein, so ein Schreiben ohne Sinn
Ist nimmer dagewesen!
(Sie bemerkt Frau Fluth)
Ach schön! Frau Fluth!
Das trifft sich gut!
FRAU FLUTH
Frau Reich -
FRAU REICH
Zu Euch wollt' ich soeben hin.
FRAU FLUTH
Und ich zu Euch, Frau Nachbarin.
FRAU REICH
Mit diesem Briefchen wunderlich.
FRAU FLUTH
Mit einem Briefe komm auch ich!
FRAU REICH
Mir schreibt ein ganz kurioser Mann!
FRAU FLUTH
O lest es mir!
FRAU REICH
So hört mich an!
FRAU FLUTH
O lest, dass ich es hören. kann!
FRAU REICH
Ich les es Euch, so hört es an!
(Sie liest.)
»O schönste Frau, wir taugen
Zusammen gar zu gut -
FRAU FLUTH
(erstaunt und ihren eigenen Brief nachlesend)
Zusammen gar zu gut -
Das steht auch hier.
FRAU REICH
Ihr habt verliebte Augen
Und…
FRAU FLUTH
Und scheint von heissem Blut
Nur fort, nur fort!
FRAU REICH
Ihr liebt den Sekt, ich lieb ihn auch!
FRAU FLUTH
Den Sekt.
FRAU REICH
Ist das nicht Sympathie?«
FRAU FLUTH
Nur weiter,nur weiter!
BEIDE
Und kurz und gut,
Ich habe Mut,
Ich liebe dich
Herzinniglich,
Bei Tag und Nacht
Für dich bedacht,
John Falstaff!«
Welch ein Frevel! Zweien Frauen
Stellt der alte Sünder nach!
Mich ergreift Entsetzen, Grauen,
überdenk ich mir die Schmach!
FRAU FLUTH
Aber unsre Weiberehre
Soll sich rächen, guter Freund!
Weiber setzen sich zur Wehre,
List und Rache sei vereint!
FRAU REICH
Aber unsre Weiberehre usw.
Kadenz
FRAU FLUTH
Was werden wir beginnen?
FRAU REICH
(entschlossen)
Ich sag es meinem Mann!
FRAU FLUTH
Seid Ihr nicht recht bei Sinnen?
Wie denkt Ihr nur daran?
Da wär' der Spass zu Ende,
Bevor man lachen könnte,
Nein, nein, das geht nicht an!
FRAU REICH
Nun, wie Ihr wollt!
FRAU FLUTH
So höret meinen Plan:
Wir locken ihn mit Weiberlist
In eine sichre Falle,
Und wenn er drin gefangen ist,
Verhöhnen wir ihn alle!
FRAU REICH
ja, ja, so sei's!
BEIDE
Wir locken ihn mit Weiberlist
In eine sichre Falle,
Und wenn er drin gefangen ist,
Verhöhnen wir ihn alle!
So eilen wir sogleich zu Rat
Und heute noch zur schlauen Tat!
Alter, nimm dich jetzt zusammen,
Wir ersinnen feinen Scherz,
ja, wir kühlen deine Flammen,
Wir kurieren dir das Herz!
List und Laune, heitre Schwänke
Locken dich zu uns heran.
Doch bedenke - tausend Ränke
Harren deiner, armer Mann!
(Sie gehen eilig in das Haus der Frau Fluth ab)
DRITTER AUFTRITT
Herr Fluth, Herr Reich, Junker Spärlich, Dr. Cajus im Gespräch von der Strasse kommend.
FLUTH
Nun, liebe Herren, ich denke' Ihr tretet bei mir ein; mein Tisch wird wohl leidlich besetzt sein, und ich lade Euch alte zum Nachtmahle.
REICH
Entschuldigt mich, Herr Fluth, meine Frau erwartet mich.
SPÄRLICH
Verzeiht auch mir; ich habe die Einladung des Herrn Reich angenommen und möchte um keinen Preis versäumen, in Gesellschaft der süssen Anna zu speisen.
CAJUS
(beiseite, mit verächtlichem Blick auf Spärlich)
Der 'ans Aff.
REICH
Das ist recht von Euch, Junker Spärlich! Ich sehe es gerne, dass Ihr Euch um meine Tochter Anna bewerbt, und meine Einwilligung habt Ihr, obwohl meine Frau für Euch, Herr Doktor, stimmt, ich weiss es.
CAJUS
Qui pardieu! - Und die Fräulein lieben mir - ick 'aben kelesen dass in ihre ssöne Auken!
SPÄRLICH
(beiseite, mit verächtlichem Blick auf Cajus)
O süsse Anna!
FLUTH
(zu Cajus)
Das ist eine trügliche Schrift, mein Freund, die ihr da gelesen habt! Die Weiber machen leicht überall schöne Augen! Ich weiss das von meinem eigenen Weibe, das ich nicht genug hüten kann! Aber beim Himmel!
(Heftig werdend)
Wenn ich einmal einen Liebhaber bei ihr ertappe, ich …
REICH
Schweigt, Nachbar Fluth! Mit Eurer ewigen Eifersucht kränkt Ihr nur Eure tugendsame Hausfrau und macht Euch zum Gelächter!
FLUTH
Und Ihr werdet Eurem Weibe so lange alles durch die Finger sehen, bis Ihr den allerschönsten Hauptschrauck herumtragen werdet! - O die Weiber, die Weiber!
REICH
Lasst uns darum nicht streiten; ich weiss es, Ihr seid unverbesserlich. Gehen wir!
FLUTH
Guten Abend, liebe Herren!
(Im Abgehen in sein Haus.)
Ich will meine Frau nicht zu lange allein lassen.
(Er geht ab)
REICH
Kommt, Sohn Spärlich, die Frauen erwarten uns!
(Er will in sein Haus)
VIERTER AUFTRITT
Die Vorigen. Fenton
FENTON
Vergönnt mir ein Wort, Herr Reich!
REICH
(beiseite)
Schon wieder dieser überlästige Fenton!
(Laut)
Was wünschet Ihr?
FENTON
Einen Augenblick allein mit Euch zu reden.
Nr. 2 - Rezitativ und Duett
REICH
(zu Spärlich)
So geht indes hinein, mein lieber Schwiegersohn, Ich werde bald Euch folgen.
SPÄRLICH
(im Abgeben in Reichs Haus, mit Karikatur )
O süsse Anna!
CAJUS
(wütend)
Swiekersohn! Swickersohn!
Mort de ma vie! Nock sein wir nick so weit!
Ick werde bringen um ce Monsieur Sperlik
Und ick wollen selbst besitzen la belle Anna!
Dass sswören ick bei alle Teufel!
(Er läuft ab.)
REICH
(ihm nachsehend)
Uhu! Der fränk'sche Puter, der!
Doch was begehret Ihr von mir, Herr Fenton?
Duett
FENTON
Eure Tochter!
REICH
(erstaunt)
Meine Tochter?
FENTON
Anna, der mein ganzes Herz gehört'
REICH
(für sich)
Hat man so was je gehört? Dass ein Habenichts wie dieser Meiner Tochter Hand begehrt!
FENTON
Mein Vermögen ist bescheiden
REICH
Ich weiss es, spottend sehr bescheiden.
FENTON
Doch ist Liebe mit uns beiden, Und ich habe Kraft und Fleiss.
REICH
Alles recht, doch ist sie schon …
FENTON
Glaubt, ich liebe treu und ehrlich!
REICH
(für sich)
Ha, da ist doch Junker Spärlich
Ganz ein andrer Schwiegersohn!
FENTON
O hört mich!
Wenn Eure Seele je empfunden
Der Liebe ganzes sel'ges Glück,
O so gedenket jener Stunden
Und weist so kalt mich nicht zurück!
Verweigert nicht die höchste Gabe
Und fürchtet spätrer Tage Reu'.
Ich bin nicht reich an Gold und Habe,
Doch bin ich reich an Lieb und Treu!
REICH
(für sich)
Ja, der käme mir gelegen!
Spärlich hat ein schön Vermögen -
Eine bessere Partie
Findet meine Tochter nie.
FENTON
Verweigert nicht die höchste Gabe
Und fürchtet spätrer Tage Reu'.
Ich bin nicht reich an Gold und Habe,
Doch bin ich reich an Lieb und Treu!
REICH
Viel hat er zurückgelegt,
Das ihm sichre Zinsen trägt,
Steht sich zirka jedes Jahr
Auf sechshundert Pfunde bar.
Und die blühende Fabrik -
Anna macht das grösste Glück!
Alle Jahr' sechshundert Pfund!
FENTON
Bin ich erhört? O saget an!
REICH
Nein, nein! Ich hab schon meinen Mann.
FENTON
Ach, einen treuern trefft Ihr schwerlich -
REICH
So, so? Zum Beispiel Junker Spärlich -
FENTON
Wie? Der! Um diesen Papagei
Verstosst Ihr mich?
REICH
(ärgerlich)
Mein Herr! Nun aber ist's vorbei!
Beschimpft mir nicht den Schwiegersohn!
Ihr kriegt sie nicht' Bleibt mir davon'
FENTON
(heftig werdend)
So ist dies Euer letztes Wort?
REICH
Ihr kriegt sie nicht!
FENTON
So ist das Euer letztes Wort?
REICH
(kurz)
Ergebner Diener! Ich muss fort.
FENTON
(gesteigert)
Herr Nachbar, seid auf Eurer Hut,
Ich liebe sie, ich habe Mut!
REICH
Hoho!
FENTON
Vergebens ist all Euer Sinnen -
REICH
So?
FENTON
Die Liebe wird den Sieg gewinnen -
REICH
Wie?
FENTON
Trotz allen Euren Tyrannein
Wird Anna doch die Meine sein!
REICH
(scheinbar gutmütig)
Herr Nachbar! Bringt Euch nicht in Wut,
Für Euch ist Anna viel zu gut!
Was soll das törichte Beginnen?
Ich bitt Euch, wollt Euch besinnen!
Was nützen Euch die Narretein?
Sie kann doch nie die Eure sein!
Nein, nein, nein, nein!
(Er lässt Fenton stehen und begibt sich in sein Haus)
VERWANDLUNG
Zimmer in Fluths Hause. Im Hintergrunde zwei Tären, wovon die linke inwendig zu verriegeln und mit einem praktikablen Schlüssel zu verlschliessen ist. Diese führt auf den Hausflur. Zwei Seitentüren. Rechts gegen den Hintergrund steht eine spanische Wand.
Links gegen den Hintergrund ist ein grosser Waschkorb hingestellt. Zwischen beiden Türen des Hauptgrundes befindet sich ein zugemachter Kleiderschrank, worin mehrere Weiberröcke hängen. Im Vordergrunde links ein Tisch mit Lichtern nebst Stuhl.
FÜNFTER AUFTRITT
Frau Fluth
Nr. 3 - Rezitativ und Arie
FRAU FLUTH
(tritt aus der Seitentür links)
Nun eilt herbei, Witz, heitre Laune,
Die tollsten Schwänke, List und Übermut!
Nichts sei zu arg, wenn's dazu diene,
Die Männer ohn' Erbarmen zu bestrafen!
Das ist ein Volk! - So schlecht sind sie,
Dass man sie gar genug nicht quälen kann!
Vor allem jener dicke Schlemmer,
Der uns verführen will! - Hahahaha!
Er soll es büssen!
Doch wenn er kommt - wie werd ich mich benehmen müssen ?
Was werd ich sagen…? halt! Ich weiss es schon!
(Zornig)
Verführer! Warum stellt Ihr so
Der tugendsamen Gattin nach?
Warum? Verführer!
Den Frevel sollt' ich nie verzeihn,
Nein, nie!
Mein Zorn müsst' Eure Strafe sein.
jedoch - des Weibes Herz ist schwach!
Ihr klagt so rührend Eure Pein -
Ihr seufzt - mein Herz wird weich.
Nicht länger kann ich grausam sein,
Und ich gesteh es - schamrot - Euch ein:
Mein Ritter, ach! Ich liebe Euch!
(Sie lacht)
Hahahaha! - Er wird mir glauben!
Verstellen kann ich mich fürwahr;
Ein kühnes Wagstück ist es zwar,
Allein den Spass kann man sich schon erlauben.
Frohsinn und Laune
Würzen das Leben,
Und zu vergeben
Ist wohl ein Scherz.
So zum Vergnügen
Darf man schon lügen,
Bleibt nur voll Liebe,
Voll Treue das Herz.
Drum voll Vertrauen
Wag ich die Tat:
Lustige Frauen,
Die wissen sich Rat!
SECHSTER AUFTRITT
Frau Reich. Frau Fluth
FRAU REICH
(tritt behutsam ein)
Nun, Frau Gevatterin, ist alles fertig?
FRAU FLUTH
Ach, da seid Ihr ja schon! Das ist herrlich! Seht nur den gewaltigen Waschkorb, den ich habe hersetzen lassen.
FRAU REICH
(lacht)
Hahahaha! Und die Knechte sind bereit?
FRAU FLUTH
Sie warten nur auf meinen Ruf; Ihr habt doch auch das Eure getan?
FRAU REICH
Wie wir verabredet haben. Ich habe an Euren Mann ein Briefchen geschickt, worin er erfährt, dass er heute in der Dämmerungsstunde bei seiner Frau einen Liebhaber ertappen könne.
FRAU FLUTH
Herrlich! So sollen sie beide bestraft werden; mein Mann für seine ewige Eifersucht …
FRAU REICH
Und der dicke Junker für seine Frechheit! Er wird gewiss gleich hier sein, denn die Stunde, zu der wir ihn bestellt haben, hat schon geschlagen.
FRAU FLUTH
So eilet fort auf Euren Posten
und vergesst Eure Rolle nicht!
FRAU REICH
Seid unbesorgt!
(Sie will durch die Tür im Hintergrunde)
FRAU FLUTH
Nein, hier hinaus!
(Sie deutet auf die Seitentüre)
Damit er Euch nicht etwa begegnet! Von jener Kammer könnt Ihr durch eine Tapetentür wieder auf den Hausflur.
FRAU REICH
Ich weiss, ich weiss! Haltet Euch tapfer!
FRAU FLUTH
Fort, fort, ich hör ihn schon!
FRAU REICH geht durch die bezeichnete Tür ab
FRAU FLUTH
Nun komm, alter Sünder! Wir wollen dich Mores lehren.
(Sie setzt sich an den Tisch und tut nachdenkend)
SIEBENTER AUFTRITT
Frau Fluth. Falstaff, der den Riegel vor die Tür schiebt. Dann Frau Reich von aussen
Nr. 4 - Finale
FALSTAFF
(mit Emphase)
So hab ich dich errungen,
Du schönster Edelstein!
Komm her und sei umschlungen,
(Stolz)
Sollst meine Lady sein!
(Er will sie umfassen)
Ja, du sollst meine Lady sein!
FRAU FLUTH
(sich verschämt stellend)
Ach, liebster Junker! Lasst mich doch …
FALSTAFF
Wie, schöne Frau, du zitterst noch?
Sei, Weibchen, ohne Sorgen
Und zier dich länger nicht!
FRAU FLUTH
So sprecht Ihr heut, doch morgen
Kennt mich der Ritter nicht.
FALSTAFF
So wahr ich treu und immer nüchtern
FRAU FLUTH
Ich trau Euch nicht sogleich -
FALSTAFF
Komm, Herzchen, sei doch nicht so schüchtern -
FRAU FLUTH
Ich trau Euch nicht sogleich.
Liebt Ihr nicht auch Frau Reich?
(FRAU REICH erscheint in der Tür, horchend)
FALSTAFF
Wie? Was? Jene alte Schachtel?
Das wär' mir ein Geschmack!
Die hüpft wie eine Wachtel -
(Er wiegt sich hin und her)
FRAU REICH droht ihm
FALSTAFF
Da müsst' ich närrisch sein!
Nein, nein! Was fällt Euch ein?
Da müsst' ich wirklich närrisch sein!
FRAU REICH verschwindet
FRAU FLUTH
Nun gut! Ich will dir glauben,
(Zärtlich)
Du schmucker Ritter, du.
FALSTAFF
(plump)
Komm, lieblichste der Tauben,
Gib meiner Seele Ruh!
FRAU REICH
(von aussen, klopft an die verriegelte Tür)
Frau Fluth!
FRAU FLUTH
(sich erschrocken stellend)
Man klopft!
FRAU REICH
Frau Fluth! Macht auf geschwind!
FRAU FLUTH
Weh mir!
FALSTAFF
ängstlich und leise
Was nun? Sprich, süsses Kind!
FRAU REICH
klopft
Frau Fluth! Macht auf!
FALSTAFF
Hilf, Himmel!
FRAU REICH
Geschwind!
FRAU FLUTH
laut
ja doch, gleich!
Leise
Hier teurer Sir, versteckt Euch!
(Sie versteckt Falstaff hinter die Tapete)
FRAU REICH
pocht von neuem
Frau Fluthl Macht auf!
FRAU FLUTH
Ja doch, gleich!
Sie geht die Tür öffnen
ACHTER AUFTRITT
Die Vorigen. Frau Reich
FRAU FLUTH
Frau Reich, seid Ihr's?
FRAU REICH
ja, ich.
FRAU FLUTH
Was bringet Ihr?
FRAU REICH
(atemlos)
O weh! Ich bin ganz ausser mir!
FRAU FLUTH
Was gibt's? So sprecht!
FRAU REICH
Ach, Euer guter Ruf ist hin!
FRAU FLUTH
(wie zornig)
Wieso, Frau Nachbarin?
FRAU REICH
Ach Euer Mann ist toll vor Wut.
O rettet Euch, sonst fliesst noch Blut!
FRAU FLUTH
(leise, aber sehr eindringlich gesprochen, nicht gesungen)
Sprich lauter!
(Laut, sing)
Gott! Was will er nur?
FRAU REICH
(sehr laut)
Er schreit, er sei Euch auf der Spur,
Ihr hättet Euren Liebsten hier …
FRAU FLUTH
Ich bin verloren! Ratet mir!
FRAU REICH
Unglückliche! So wär' es doch …
FRAU FLUTH
(weinerlich)
Ach ja - es ist -
(Leise, gesprochen )
Sprich lauter noch!
FRAU REICH
(schreiend )
Ihr seid verloren, alle zwei!
Halb Windsor führt er schon herbei,
Und findet er den andern noch,
Sticht er ihn tot!
FRAU FLUTH
(verzweifelnd )
So helft mir doch!
FRAU REICH
(nach einigem Nachsinnen)
Seht, da steht ein Korb, just nicht zu klein,
Wir stecken da den Mann hinein.
FRAU FLUTH
Wie? Da hinein?
FRAU REICH
Nur so entgeht er dem Geschick.
FRAU FLUTH
Ach Gott! Er ist ja viel zu dick!
FALSTAFF
(kommt hervor)
Lasst sehn den Korb geschwind! Lasst sehn geschwind!
FRAU REICH
(sich erstaunt stellend)
Wie! Ritter John?
FALSTAFF
(ängstlich)
Ja, süsses Kind!
FRAU REICH
Wie? Ihr seid's, der mir ein Briefchen schrieb?
FALSTAFF macht Anstrengungen, um in den Korb zu steigen
FRAU FLUTH nimmt mehrere Weiberröcke aus dem Kleiderschranke
FALSTAFF
Ach ja, ich bin's, ich hab dich lieb.
Ich will ja gern dein Ritter sein -
FRAU FLUTH
(beiseite, lachend )
Hahahaha,
FALSTAFF
Nur hilf mir in den Korb hinein
(Er steigt hinein )
Ich will - ich muss - hinein!
FRAU REICH
(hilft ihm)
Es geht - so, so - hinein.
FRAU FLUTH
(einen Weiberrock über ihn deckend )
Geschwind, geschwind!
FALSTAFF
O süsse Fluth!
FRAU REICH
(deckt auch einen Rock über ihn )
Geschwind, geschwind!
FALSTAFF
O teure Reich! Ich lie -
BEIDE FRAUEN
(ihn unterduckend)
Hinein, hinein!
Und schweigt! Haha!
Nun, lieber Junker, freuet Euch!
FALSTAFF
(noch einmal hervorguckend )
Ich liebe Euch!
(Er verschwindet unter der Wäsche)
BEIDE FRAUEN
Hinein!
Nun, lieber Junker, freuet Euch!
FRAU FLUTH
(hinausrufend)
He, Knechte!
NEUNTER AUFTRITT
Die Vorigen. Zwei Knechte mit Tragstangen
FRAU FLUTH
Nehmt die Wäsche dort
Und tragt sie auf die Bleiche fort.
Da schüttet's in den Graben gleich!
Versteht ihr?
FRAU REICH
Ihr schüttet's in den Graben gleich!
BEIDE
Hahahaha! Nun, lieber Junker, freuet Euch!
DIE KNECHTE sind im Begriff, den Korb auf die Schultern zu heben
ZEHNTER AUFTRITT
Die Vorigen. Herr Fluth. Herr Reich. Dr. Cajus. Junker Spärlich. Bürger. Frauen
FLUTH
(wütend)
Herein, herein! Kommt all herein!
Ihr alle sollt zugegen sein!
He, Knechte, halt! Wo wollt ihr hin?
FRAU FLUTH
Fort, fort, und tragt's zur Wäscherin!
DIE KNECHTE tragen den Korb hinaus
FRAU FLUTH
Was willst du?
FLUTH
Ha, Falsche!
FRAU FLUTH
Was willst du, du eifersücht'ger Mann?
Was gehn dich meine Körbe an?
FLUTH
(sie bei der Hand nehmend).
Falsche! Jetzt wirst du ertappt,
Du hast dich lang genug verkappt!
FRAU FLUTH
Ach, liebes Männchen!
FLUTH
Schlange, fort!
REICH
(zu Fluth )
Beruhigt Euch!
CAJUS
Quel horreur!
FLUTH
Kein Wort!
Hier sind die Schlüssel, kommt alle mit mir!
Wir finden ihn gewiss noch hier
Herr und Frau Reich.
Herr Nachbar, nehmt Vernunft doch an!
CAJUS
Il est jaloux furieusement!
FRAU FLUTH
Nimm Vernunft doch an!
Ach, liebster Mann
ALLE
O weh! Welch eifersücht'ger Mann!
FLUTH
Ein jedes Weib betrügt den Mann -
SPÄRLICH
(plötzlich von anderen Gedanken ergriffen,für sich)
O süsse Anna!
Er versinkt im Nachdenken
FLUTH
Und setzt ihm tücht'ge Hörner an!
ALLE wiederholen und geben dann in verschiedene Türen ab, bis auf Frau Fluth und Frau Reich
ELFTER AUFTRITT
Frau Fluth. Frau Reich
FRAU FLUTH und FRAU REICH
(lachend )
Hahahaha!
FRAU REICH
Geht nur!
FRAU FLUTH
Sucht nur!
BEIDE
Ist das ein Spass!
Ist das ein königlicher Spass!
Geht nur und suchet noch ein Weilchen!
FRAU FLUTH
Der Junker Falstaff schläft heut nass.
FRAU REICH
Und Nachbar Fluth kriegt auch sein Teilchen.
FRAU FLUTH
Doch damit ist es nicht genug,
Wir müssen ihn noch öfter prellen!
FRAU REICH
Gewiss! So wollen wir ihn fein und klug
Auf morgen noch einmal bestellen.
BEIDE
Gewiss, ein Weib kann schlau und fein
Und doch dabei stets ehrlich sein!
ZWÖLFTER AUFTRITT
Die Vorigen. Herr Fluth. Herr Reich. Dr. Cajus. Junker Spärlich. Bürger. Frauen
FRAU FLUTH
Da sind die Jäger wieder
Und haben nichts ejagt.
FRAU REICH
(heimlich zu ihr)
Nun setz dich weinend nieder
Und stell dich recht verzagt!
FLUTH
(zu einigen Männern)
Nichts? …
DIE MÄNNER
Nichts! …
FRAU FLUTH hat sich weinend in einen Sessel geworfen
FRAU REICH
(mit Frau Fluth beschäftigt, unterstützt sie)
So sagt doch, was Euch fehlet?
FRAU FLUTH
(weinend)
Ich sterb vor Gram und Schmerz!
FRAU REICH
(zu Fluth mit Vorwurf )
Ihr habt sie so gequälet,
Das arme treue Herz!
Da schaut die Armste an, Tyrann!
ALLE
(zu Fluth )
Tyrann, Tyrann!
FRAU FLUTH
(aufstehend )
Ach, ach, ach,
Ach, einst in jenen Tagen,
Wo er mir Treue schwur,
Da kannt' ich keine Klagen,
Sein Herz war Liebe nur.
Doch blinde Wut beseelet
Ihn jetzt o Pein und Not!
Der Eifersücht'ge quälet
Mich arme Frau zu Tod!
Er quälet mich zu Tod!
(Sie weint)
FLUTH
Ich kam, ein Wild zu jagen,
Und finde keine Spur.
FRAU REICH
Die Eifersücht'gen plagen
Sich selbst und andre nur.
FLUTH
Der Teufel musst' mich plagen -
Unglückliche Natur!
FRAU REICH
Er kam, ein Wild zu jagen-
FRAU FLUTH und FRAU REICH
Und findet keine Spur.
FRAU FLUTH
Ach, einst in jenen Tagen usw. usw.
FLUTH
Die Eifersucht beseelet
Mein Herz - o Pein und Not!
Ihr falschen Weiber quälet
Uns arme Männer tot!
DIE ANDERN
Er kam, ein Wild zu jagen,
Und findet keine Spur;
Die Eifersücht'gen plagen
Sich und die andern nur.
Oh, wie er wütet,
Er quält die Frau noch tot.
Ach, Euer Zweifel quält
Die arme Frau zu Tod.
Der Eifersücht'ge, wie er sie quälet
Und wütet ohne Not.
FLUTH
(demütig)
Verzeih, mein liebes Weibchen!
Verzeih, ein Brief vertraute mir,
Es sei der Ritter John bei dir …
FRAU FLUTH
(sich zornig stellend)
Wie? Was? Entsetzlich!
Abscheulicher! Ich hab es satt,
Nicht länger will ich leiden!
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was man mit dir für Plage hat.
Noch heut lass ich mich scheiden.
ALLE
Oho!
FRAU FLUTH
Noch heut lass ich mich scheiden.
ALLE
Tyrann! Tyrann!
FLUTH
Ach, der verwünschte Brief nur hat
Verursacht all dies Leiden.
So seid doch still - nun hab ich's satt
So schweig doch still, ich hab es satt,
Du schreist ja auf die ganze Stadt!
Das sind die Ehstandsfreuden!
FRAU FLUTH
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was man mit dir für Plage hat.
Ich - lass - mich - scheiden!
ALLE ANDERN
Tyrann! Tyrann! Das alles hat
Sie unverdient zu leiden!
Erfahren soll die ganze Stadt,
Was sie mit Euch für Plage hat,
Mit Recht lässt sie sich scheiden.