ERSTER AUFZUG
Das Schlafzimmer der Feldmarschallin. Links im Alkoven das grosse zeltförmige Himmelbett. Neben dem Bett ein dreiteiliger chinesischer Wandschirm hinter dem Kleider liegen. Ferner ein kleines Tischchen und ein paar Sitzmöbel. Auf einem kleinen Sofa links liegt ein Degen in der Scheide. Rechts grosse Flügeltüren in das Vorzimmer. In der Mitte, kaum sichtbar, kleine Türe in die Wand eingelassen. Sonst keine Türen. Zwischen dem Alkoven und der kleinen Türe steht ein Frisiertisch und ein paar Armsessel an der Wand. Die Vorhänge des Bettes sind zurückgeschlagen. Durch das halbgeöffnete Fenster strömt die helle Morgensonne herein. Man hört im Garten die Vöglein singen. (Vorhang auf.) Octavian kniet auf einem Schemel vor dem Bett und hält die Feldmarschallin, die im Bett liegt, halb umschlungen. Man sieht ihr Gesicht nicht, sondern nur ihre sehr schöne Hand und den Arm, von dem das Spitzenhemd abfällt.
OCTAVIAN
schwärmerisch
Wie du warst! Wie du bist! Das weiß niemand, das ahnt keiner!
MARSCHALLIN
richtet sich in den Kissen auf
Beklagt Er sich über das, Quinquin? Möcht’ Er, dass viele das wüssten?
OCTAVIAN
feurig
Engel! Nein! Selig bin ich, dass ich der Einzige bin, der weiß, wie du bist! Keiner ahnt es! Niemand weiß es. Du, Du, Du! - Was heisst das „Du“? Was „Du und ich“? Hat denn das einen Sinn? Das sind Worte, blosse Worte, nicht? Du sag! Aber dennoch: Es ist etwas in ihnen, ein Schwindeln, ein Ziehen, ein Sehnen und Drängen, ein Schmachten und Brennen: Wie jetzt meine Hand zu deiner Hand kommt, das Zu-dir-wollen, das Dich umklammern, das bin ich, das will zu dir, aber das Ich vergeht in dem Du.... Ich bin dein Bub, aber wenn mir dann Hören und Sehen vergeht - wo ist dann dein Bub?
MARSCHALLIN
leise
Du bist mein Bub, du bist mein Schatz!
sehr innig
Ich hab’ dich lieb!
Umarmung
OCTAVIAN
fährt auf
Warum ist Tag? Ich will nicht den Tag! Für was ist der Tag! Da haben dich alle! Finster soll sein!
Er stürzt ans Fenster, schliesst es und zieht die Vorhänge zu. Man hört von fern ein leises Klingeln. Die Marschallin lacht leise
OCTAVIAN
Lachst du mich aus?
MARSCHALLIN
zärtlich
Lach’ ich dich aus?
OCTAVIAN
Engel!
MARSCHALLIN
Schatz du, mein junger Schatz.
wieder ein feines Klingeln
Horch!
OCTAVIAN
Ich will nicht.
MARSCHALLIN
Still, pass’ auf!
OCTAVIAN
Ich will nichts hören! Was wird’s denn sein?
das Klingeln näher
Sind’s leicht Laufer mit Briefen und Komplimenten? Vom Saurau, vom Hartig, vom portugieser Envoyé? Hier kommt mir keiner herein! Hier bin ich der Herr!
Die kleine Tür in der Mitte geht auf und ein kleiner Neger in Gelb, behängt mit silbernen Schellen, ein Präsentierbrett mit der Chokolade tragend, trippelt über die Schwelle. Die Tür hinter dem Neger wird von unsichtbaren Händen geschlossen.
MARSCHALLIN
Schnell, da versteck Er sich! Das Frühstück ist’s.
OCTAVIAN
gleitet hinter den Schirm
MARSCHALLIN
Schmeiss’ Er doch den Degen hinters Bett.
OCTAVIAN
fährt nach dem Degen und versteckt ihn
MARSCHALLIN
legt sich zurück, nachdem sie die Vorhänge zugezogen hat.
DER KLEINE NEGER
stellt das Servierbrett auf das kleine Tischchen, schiebt dieses nach vorne, rückt das Sofa hinzu, verneigt sich dann tief gegen das Bett, die kleinen Arme über die Brust gekreuzt. Dann tanzt er zierlich nach rückwärts, immer das Gesicht dem Bette zugewandt. An der Tür verneigt er sich nochmals und verschwindet.
MARSCHALLIN
tritt zwischen den Bettvorhängen hervor. Sie hat einen leichten, mit Pelz verbrämten Mantel umgeschlagen.
OCTAVIAN
kommt zwischen der Mauer und dem Wandschirm heraus.
MARSCHALLIN
Er Katzenkopf, Er Unvorsichtiger! Lässt man in einer Dame Schlafzimmer seinen Degen herumliegen? Hat Er keine besseren Gepflogenheiten?
OCTAVIAN
Wenn Ihr zu dumm ist, wie ich mich benehm’ und wenn Ihr abgeht, dass ich kein Geübter in solchen Sachen bin, dann weiß ich überhaupt nicht, was Sie an mir hat!
MARSCHALLIN
zärtlich auf dem Sofa
Philosophir Er nicht, Herr Schatz, und komm’ Er her. Jetzt wird gefrühstückt. Jedes Ding hat seine Zeit.
OCTAVIAN
setzt sich dicht neben sie. Sie frühstücken sehr zärtlich. Octavian legt sein Gesicht auf ihr Knie. Sie streichelt sein Haar. Er blickt zu ihr auf. leise
Marie Theres’!
MARSCHALLIN
Octavian!
OCTAVIAN
Bichette!
MARSCHALLIN
Quinquin!
OCTAVIAN
Mein Schatz!
MARSCHALLIN
Mein Bub!
Sie frühstücken weiter
OCTAVIAN
lustig
Der Feldmarschall sitzt im krovatischen Wald und jagt auf Bären und Luchsen und ich, ich sitz hier, ich junges Blut, und jag’ auf was?
ausbrechend
Ich hab’ ein Glück, ich hab’ ein Glück!
MARSCHALLIN
indem ein Schatten über ihr Gesicht fliegt
Lass Er den Feldmarschall in Ruh! Mir hat von ihm geträumt.
OCTAVIAN
Heut’ nacht hat dir von ihm geträumt? Heut’ nacht?
MARSCHALLIN
Ich schaff’ mir meine Träume nicht an.
OCTAVIAN
Heute nacht hat dir von deinem Mann geträumt? Heute nacht?
MARSCHALLIN
Mach’ Er nicht solche Augen. Ich kann nichts dafür. Er war einmal wieder zu Haus.
OCTAVIAN
leise
Der Feldmarschall?
MARSCHALLIN
Es war ein Lärm im Hof von Pferd und Leut, und Er war da. Vor Schreck war ich auf einmal wach. Nein, schau nur, schau nur, wie ich kindisch bin, ich hör’ noch immer den Rumor im Hof. Ich bring’s nicht aus dem Ohr. Hörst du leicht auch was?
OCTAVIAN
Ja freilich hör’ ich was, aber muss es denn dein Mann sein! Denk’ dir doch, wo der ist: im Raitzenland, noch hinterwärts von Esseg.
MARSCHALLIN
Ist das sicher sehr weit? Na dann wird’s halt was anders sein. Dann is ja gut.
OCTAVIAN
Du schaust so ängstlich drein, Theres?
MARSCHALLIN
Weiß Er, Quinquin, wenn es auch weit ist - der Feldmarschall ist halt sehr geschwind. Einmal
sie stockt
OCTAVIAN
Was war einmal?
MARSCHALLIN
zerstreut, horcht
OCTAVIAN
eifersüchtig
Was war einmal? Was war einmal? Bichette, Bichette! Was war einmal?
MARSCHALLIN
Ach sei Er gut. Er muss nicht alles wissen.
OCTAVIAN
So spielt sie sich mit mir!
wirft sich verzweifelt aufs Sofa
Ich bin ein unglücklicher Mensch!
MARSCHALLIN
Jetzt trotz’ Er nicht. Jetzt gilt’s.
horcht
Es ist der Feldmarschall. Wenn es ein Fremder wär’, so wär’ der Lärm da draussen in meinem Vorzimmer. Es muss mein Mann sein, der durch die Garderob’ herein will und mit den Lakaien disputiert. Quinquin, es ist mein Mann!
OCTAVIAN
fährt nach seinem Degen und läuft gegen rechts.
MARSCHALLIN
Nicht dort, dort ist das Vorzimmer. Da sitzen meine Lieferanten und ein halbes Dutzend Lakaien. Da!
OCTAVIAN
läuft hinüber zur kleinen Türe.
MARSCHALLIN
Zu spät! Sie sind schon in der Garderob’! Jetzt bleibt nur eins! Versteck Er sich!
nach einer kurzen Pause der Ratlosigkeit
Dort!
OCTAVIAN
Ich spring’ ihm in den Weg! Ich bleib’ bei dir!
MARSCHALLIN
Dort hinters Bett! Dort in die Vorhäng’! Und rühr’ dich nicht!
OCTAVIAN
zögernd
Wenn er mich dort erwischt, was wird aus dir, Theres?
MARSCHALLIN
flehend
Versteck Er sich, mein Schatz!
OCTAVIAN
beim Wandschirm
Theres!
MARSCHALLIN
ungeduldig aufstampfend
Sei Er ganz still!
mit blitzenden Augen
Das möcht’ ich seh’n, ob einer sich dort hinüber traut, wenn ich hier steh’. Ich bin kein napolitanscher General: Wo ich steh’, steh’ ich.
Sie geht energisch gegen die kleine Tür los und horcht.
Sind brave Kerl’n, meine Lakaien. Wollen ihn nicht herein lassen, sagen, dass ich schlaf’. Sehr brave Kerl’n!
Der Lärm in der Garderobe wird immer grösser. aufhorchend
Die Stimm’! Das ist ja gar nicht die Stimm’ vom Feldmarschall! Sie sagen „Herr Baron“ zu ihm. Das ist ein Fremder.
lustig
Quinquin, es ist ein Besuch.
Sie lacht
Fahr’ Er schnell in seine Kleider, aber bleib’ Er versteckt, dass die Lakaien ihn nicht seh’n. Die blöde grosse Stimm’ müsste ich doch kennen. Wer ist denn das? Herrgott, das ist ja der Ochs, das ist mein Vetter, der Lerchenau, der Ochs aus Lerchenau. Was will denn der? Jesus Maria!
sie muss lachen
Quinquin, hört Er? Quinquin, erinnert Er sich nicht?
Sie geht ein paar Schritte nach links hinüber
Vor fünf oder sechs Tagen den Brief -- Wir sind im Wagen gesessen, und einen Brief haben sie mir an den Wagenschlag gebracht. Das war der Brief vom Ochs. Und ich hab’ keine Ahnung, was drin gestanden ist.
lacht
Daran ist Er allein schuldig, Quinquin!
STIMME DES HAUSHOFMEISTERS
draussen gesprochen
Belieben Euer Gnaden in der Galerie zu warten!
STIMME DES BARONS
draussen
Wo hat Er Seine Manieren gelernt? Der Baron Lerchenau antichambriert nicht.
MARSCHALLIN
Quinquin, was treibt Er denn? Wo steckt Er denn?
OCTAVIAN
in einem Frauenrock und Jäckchen, das Haar mit einem Schnupftuch und einem Bande wie in einem Häubchen, tritt hervor und knickst
Befehl’n fürstli’ Gnad’n, i bin halt noch nit recht lang in fürstli’n Dienst.
MARSCHALLIN
Du, Schatz! Und nicht einmal mehr als ein Busserl kann ich dir geben.
Küsst ihn schnell. Neuer Lärm draussen.
Er bricht mir ja die Tür ein, der Herr Vetter. Mach Er, dass Er hinaus komm’. Schlief’ Er frech durch die Lakaien durch. Er ist ein blitzgescheidter Lump! Und komm’ Er wieder, Schatz. Aber in Manns-kleidern und durch die vordre Tür, wenn’s Ihm beliebt.
Setzt sich mit dem Rücken gegen die Tür und beginnt ihre Schokolade zu trinken. Octavian geht schnell gegen die kleine Tür und will hinaus. Im gleichen Augenblick wird die Tür aufgerissen, und Baron Ochs, den die Lakaien vergeblich abzuhalten suchen, tritt ein. Octavian, der mit gesenktem Kopf rasch entwischen wollte, stösst mit ihm zusammen. Dann drückt er sich verlegen an die Wand links von der Tür. Drei Lakaien sind gleichzeitig mit dem Baron eingetreten, stehen ratlos.
BARON
mit Grandezza zu den Lakaien
Selbstverständlich empfängt mich Ihro Gnaden.
Er geht nach vorne, die Lakaien zu seiner Linken suchen ihm den Weg zu vertreten. Zu Octavian mit Interesse
Pardon, mein hübsches Kind!
OCTAVIAN
dreht sich verlegen gegen die Wand
BARON
mit Grazie und Herablassung
Ich sag’: Pardon, mein hübsches Kind.
MARSCHALLIN
sieht über die Schulter, steht dann auf und kommt dem Baron entgegen
BARON
galant zu Octavian
Ich hab’ Ihr doch nicht ernstlich wehgetan?
LAKAIEN
zupfen den Baron, leise
Ihre fürstlichen Gnaden!
BARON
macht die französische Reverenz mit zwei Wiederholungen
MARSCHALLIN
Euer Liebden sehen vortrefflich aus.
BARON
verneigt sich nochmals, dann zu den Lakaien
Sieht Er jetzt wohl, dass Ihre Gnaden entzückt ist, mich zu sehn.
Auf die Marschallin zu, mit weltmännischer Leichtigkeit, indem er ihr die Hand reicht und sie vorführt.
Und wie sollten Euer Gnaden nicht! Was tut die frühe Stunde unter Personen von Stand? Hab’ ich nicht seinerzeit wahrhaftig Tag für Tag unsrer Fürstin Brioche meine Aufwartung gemacht, da sie im Bad gesessen ist, mit nichts als einem kleinen Wandschirm zwischen ihr und mir. Ich muss mich wundern,
zornig umschauend
wenn Euer Gnaden Livree -
OCTAVIAN
ist an der Wand gegen den Alkoven hin geschlichen, macht sich möglichst unsichtbar beim Bett zu schaffen.
MARSCHALLIN
Verzeihen Sie, man hat sich betragen, wie es befohlen. Ich hatte diesen Morgen die Migräne.
Auf einen Wink der Marschallin haben die Lakaien ein kleines Sofa und einen Armstuhl mehr nach vorn gebracht und sind abgegangen.
BARON
sieht öfters nach rückwärts
MARSCHALLIN
setzt sich auf das Sofa, nachdem sie dem Baron den Platz auf dem Armstuhl angeboten hat
BARON
versucht sich zu setzen, äusserst okkupiert von der Anwesenheit der hübschen Kammerzofe. Für sich.
Ein hübsches Ding! Ein gutes saubres Kinderl!
MARSCHALLIN
aufstehend, ihm zeremoniös aufs neue seinen Platz anbietend.
BARON
setzt sich zögernd und bemüht sich der hübschen Zofe nicht völlig den Rücken zu kehren.
MARSCHALLIN
Ich bin auch jetzt noch nicht ganz wohl. Der Herr Vetter wird darum vielleicht die Gnade haben.
BARON
Natürlich.
Er dreht sich um, um Octavian zu sehen
MARSCHALLIN
Meine Kammerzofe, ein junges Ding vom Lande. Ich muss fürchten, sie inkommodiert Euer Liebden.
BARON
Ganz allerliebst! Wie? Nicht im Geringsten! Mich? Im Gegenteil!
Baron winkt Octavian mit der Hand, dann zur Marschallin
Euer Gnaden werden vielleicht verwundert sein, dass ich als Bräutigam -
sieht sich um
in des - inzwischen -
MARSCHALLIN
Als Bräutigam?
BARON
Ja, wie Euer Gnaden denn doch aus meinem Brief genugsam -
für sich
ein Grasaff, appetitlich, keine fünfzehn Jahr!
MARSCHALLIN
erleichtert
Der Brief, natürlich, ja, der Brief, wer ist denn nur die Glückliche? Ich hab’ den Namen auf der Zunge.
BARON
Wie?
nach rückwärts
Pudeljung! Gesund! Gewaschen! Allerliebst!
MARSCHALLIN
Wer ist nur schnell die Braut?
BARON
Das Fräulein Faninal.
mit leisem Unmut
Habe Euer Gnaden den Namen nicht verheimlicht.
MARSCHALLIN
Natürlich! Wo hab’ ich meinen Kopf?! Bloss die Familie. Sind’s keine Hiesigen?
OCTAVIAN
macht sich mit dem Servierbrett zu tun, wodurch er mehr hinter den Rücken des Barons kommt.
BARON
mit Nachdruck
Jawohl, Euer Gnaden, es sind Hiesige. Ein durch die Gnade Ihrer Majestät Geadelter. Er hat die Lieferung für die Armee, die in den Niederlanden steht.
MARSCHALLIN
bedeutet Octavian ungeduldig mit den Augen, er soll sich fortmachen.
BARON
missversteht der Marschallin Miene vollständig
Ich seh, Euer Gnaden runzeln Dero schöne Stirn ob der Mesalliance. Allein, dass ich es sage, das Mädchen ist für einen Engel hübsch genug. Kommt frischwegs aus dem Kloster. Ist das einzige Kind,
stärker
dem Mann gehören zwölf Häuser auf der Wied’n, nebst dem Palais am Hof und seine Gesundheit
schmunzelnd
soll nicht die beste sein.
MARSCHALLIN
Mein lieber Vetter, ich kapier’ schon, wieviel’s geschlagen hat.
Sie winkt Octavian, den Rückzug zu nehmen.
BARON
Und mit Verlaub fürstliche Gnaden, ich dünke mir gut’s adeliges Blut genug im Leib zu haben für ihre Zwei, man bleibt doch schliesslich, was man ist, corpo di bacco! Den Vortritt, wo er ihr gebührt, wird man der Frau Gemahlin noch zu verschaffen wissen und was die Kinder anlangt, wenn sie denen den gold’nen Schlüssel nicht koncedieren werden - Va bene! Sie werden sich mit den zwölf eisernen Schlüsseln zu den zwölf Häusern auf der Wied’n zu getrösten wissen.
MARSCHALLIN
Gewiss! O sicherlich, dem Vetter seine Kinder, die werden keine Don Quichotten.
OCTAVIAN
will mit dem Servierbrett rückwärts zur Tür hin.
BARON
Warum hinaus die Schokolade! Geruhen nur! Da! Pst, pst, wieso denn!
OCTAVIAN
steht unschlüssig, das Gesicht abgewendet.
MARSCHALLIN
Fort, geh’ sie nur!
BARON
Wenn ich Euer Gnaden gestehe, dass ich so gut wie nüchtern bin.
MARSCHALLIN
resigniert
Mariandel, komm sie her. Servier sie Seiner Liebden.
OCTAVIAN
kommt, serviert
BARON
Baron nimmt eine Tasse, bedient sich.
So gut wie nüchtern, Euer Gnaden. Sitz’ im Reisewagen seit fünf Uhr Früh, (recht ein gestelltes Ding!
zu Octavian
Bleib’ Sie hier, mein Herz. Ich hab’ Ihr was zu sagen.)
zur Marschallin, laut
Meine ganze Livree, Stallpagen, Jäger, alles -
Er frisst
Alles unten im Hof zusammt meinem Almosenier.
MARSCHALLIN
zu Octavian
Geh’ Sie nur.
BARON
zu Octavian
Hat Sie noch ein Biscoterl? Bleib’ Sie doch.
leise
(Sie ist ein süsser Engel, Schatz, ein sauberer.)
zur Marschallin
... sind auf dem Wege zum „ weißen Rosse“, wo wir logieren, heisst bis übermorgen -
halblaut zu Octavian
(Ich gäb’ was schönes drum, mit Ihr -)
zur Marschallin, sehr laut
bis übermorgen -
schnell zu Octavian
(unter vier Augen zu scharmutzieren! Wie?)
MARSCHALLIN
muss lachen über Octavians freches Komödienspiel.
BARON
zur Marschallin
Dann ziehen wir ins Palais von Faninal. Natürlich muss ich vorher den Bräutigamsaufführer -
wütend zu Octavian
will Sie denn nicht warten? - an die wohlgeborne Jungfer Braut deputieren, der die Silberrose überbringt nach der hochadeligen Gepflogenheit.
MARSCHALLIN
Und wen von der Verwandtschaft haben Euer Liebden für dieses Ehrenamt ausersehn?
BARON
Die Begierde, darüber Euer Gnaden Ratschlag einzuholen, hat mich so kühn gemacht, in Reisekleidern bei dero heutigem Lever -
MARSCHALLIN
Von mir?
BARON
Gemäss brieflich in aller Devotion getaner Bitte. Ich bin doch nicht so unglücklich, mit dieser devotesten Supplik Dero Missfallen ...
lehnt sich zurück, zu Octavian
Sie könnte aus mir machen, was Sie wollte. Sie hat das Zeug dazu!
MARSCHALLIN
Wie denn, natürlich! Einen Aufführer für Euer Liebden ersten Bräutigamsbesuch aus der Verwandtschaft - wen denn nur? Den Vetter Preysing? Wie? Den Vetter Lambert? Ich werde -
BARON
Dies liegt in Euer Gnaden allerschönsten Händen.
MARSCHALLIN
Ganz gut. Will Er mit mir zu Abend essen, Vetter? Sagen wir morgen, will Er? Dann proponier’ ich Ihm einen.
BARON
Euer Gnaden sind die Herablassung selber.
MARSCHALLIN
will aufstehen
Indes
BARON
halblaut zu Octavian
Dass Sie mir wiederkommt! Ich geh’ nicht eher fort!
MARSCHALLIN
für sich
Oho!
laut
Bleib’ Sie nur da! Kann ich dem Vetter für jetzt noch dienlich sein?
BARON
Ich schäme mich bereits: An Euer Gnaden Notari eine Rekommandation. wäre mir lieb. Es handelt sich um den Eh’vertrag.
MARSCHALLIN
Mein Notari kommt öfter des Morgens. Schau Sie doch, Mariandel, ob er nicht in der Antichambre ist und wartet.
BARON
Wozu das Kammerzofel? Euer Gnaden beraubt sich der Bedienung um meinetwillen.
hält sie auf
MARSCHALLIN
Lass Er doch, Vetter, sie mag ruhig geh’n.
BARON
lebhaft
Das geb’ ich nicht zu. Bleib’ Sie hier zu Ihrer Gnaden Wink. Es kommt gleich wer von der Livree herein.
wiegend
Ich liess ein solches Goldkind, meiner Seel’, nicht unter das infame Lakaienvolk.
streichelt sie
MARSCHALLIN
Euer Liebden sind allzu besorgt.
HAUSHOFMEISTER
tritt ein
BARON
Da, hab’ ich’s nicht gesagt? Er wird Euer Gnaden zu melden haben.
MARSCHALLIN
zum Haushofmeister
Struhan, hab’ ich meinen Notari in der Vorkammer warten?
HAUSHOFMEISTER
Fürstliche Gnaden haben den Notari, dann den Verwalter, dann den Kuchelchef, dann, von Excellenz Silva hergeschickt, ein Sänger mit einem Flötisten.
trocken
Ansonsten das gewöhnliche Bagagi.