SOPHIE
schmiegt sich ängstlich an Octavian.
BARON
Die Arme über die Brust gekreuzt, betrachtet sich die Gruppe. Unheilschwangere Pause.
Eh bien, Mamsell, was hat Sie mir zu sagen?
SOPHIE
schweigt.
BARON
der durchaus nicht außer Fassung ist
Nun, resolvier’ Sie sich!
SOPHIE
Mein Gott, was soll ich sagen: Er wird mich nicht versteh’n!
BARON
gemütlich
Das werden wir ja seh’n!
OCTAVIAN
einen Schritt auf den Baron zu
Euer Liebden muss ich halt vermelden, dass sich in Seiner Angelegenheit was Wichtiges verändert hat.
BARON
gemütlich
Verändert? Ei, nicht, dass ich wüsst’t!
OCTAVIAN
Darum soll Er es jetzt erfahren! Die Fräulein....
BARON
Ei, Er ist nicht faul! Er weiss zu profitieren mit seinen siebzehn Jahr! Ich muss Ihm gratulieren!
OCTAVIAN
Die Fräulein....
BARON
Ist mir ordentlich, ich seh’ mich selber! Muss lachen über den Filou, den pudeljungen!
OCTAVIAN
Die Fräulein
BARON
Ei, Sie ist wohl stumm und hat Ihn angestellt für ihren Advokaten!
OCTAVIAN
Die Fräulein....
er hält abermals inne, wie um Sophie sprechen zu lassen.
SOPHIE
angstvoll
Nein, nein, Ich bring’ den Mund nicht auf, sprech Er für mich!
OCTAVIAN
entschlossen
Die Fräulein -
BARON
ihm nachspottend
Die Fräulein! Die Fräulein, die Fräulein, die Fräulein! ist eine Kreuzerkomödi wahrhaftig! jetzt echappier Er sich, sonst reißt mir die Geduld.
OCTAVIAN
sehr bestimmt
Die Fräulein, Kurz und gut, die Fräulein mag Ihn nicht.
BARON
stets gemütlich
Sei Er da ausser Sorg’. Wird schon lernen, mich mögen.
auf Sophie zu
Komm’ Sie da jetzt hinein, wird gleich an Ihrer sein, die Unterschrift zu geben.
SOPHIE
zurücktretend
Um keinen Preis geh’ ich an Seiner Hand hinein! Wie kann ein Kavalier so ohne Zartheit sein!
OCTAVIAN
der jetzt zwischen den beiden andern und der Tür links steht, sehr scharf
Versteht Er Deutsch? Das Fräulein hat sich resolviert; sie will Euer Gnaden ungeheirath’ lassen in Zeit und Ewigkeit!
BARON
Mancari! Jungfernred! ist nicht gehau’n und nicht gestochen.
mit der Miene eines, der es eilig hat
Verlaub Sie jetzt!
nimmt sie bei der Hand
OCTAVIAN
sich breit vor die Tür stellend
Wenn nur so viel in Ihm ist von einem Kavalier, so wird Ihm wohl genügen, was Er g’hört hat von mir.
BARON
tut, als hörte er ihn nicht, zu Sophie
Gratulier’ Sie sich nur, dass ich ein Aug’ zudrück! Daran mag Sie erkennen, was ein Kavalier ist!
Er macht Miene, mit ihr an Octavian vorbei zu kommen.
OCTAVIAN
schlägt an seinen Degen
Wird doch wohl ein Mittel geben seines gleichen zu bedeuten!
BARON
Ei schwerlich, wüsste nicht!
Er lässt Sophie nicht los und schiebt sie gegen die Tür vor.
OCTAVIAN
losbrechend
Ich acht’ Ihn mit nichten für einen Kavalier.
BARON
mit Grandezza
Wahrhaftig, wüsst’ ich nicht, dass Er mich respektiert, und wär’ Er nicht verwandt, es wär’ mir jetzo schwer, dass ich - mit Ihm - nicht übereinander käm’!
er macht Miene, Sophie mit scheinbarer Unbefangenheit gegen die Mitteltür zu führen, nachdem die beiden Italiener ihm lebhafte Zeichen gegeben haben, diesen Weg zu nehmen.
Komm Sie! Geh’n zum Herrn Vater dort hinüber! Ist bereits der nähere Weg!
OCTAVIAN
Ich hoff’, Er kommt vielmehr jetzt mit mir hinter’s Haus, ist dort ein recht bequemer Garten.
BARON
setzt seinen Weg fort, mit gespielter Unbefangenheit Sophie an der Hand nach jener Richtung zu führen bestrebt. über die Schulter zurück
Bewahre. wär’ mir jetzo nicht genehm. Lass um Alls den Notari nicht warten. Wär’ gar ein Affront für die Jungfer Braut.
OCTAVIAN
fasst ihn am Ärmel
Beim Satan, Er hat eine dicke Haut! Auch dort die Tür passiert Er mir nicht! Ich schrei’s Ihm jetzt in sein Gesicht: ich acht’ Ihn für einen Filou, einen Mitgiftjäger, einen durchtriebenen Lügner und schmutzigen Bauer, einen Kerl ohne Anstand und Ehr’! Und wenn’s sein muss, geb’ ich Ihm auf dem Fleck die Lehr’!
SOPHIE
hat sich vom Baron losgerissen und ist hinter Octavian zurückgesprungen. Sie stehen links, ziemlich vor der Tür.
BARON
steckt zwei Finger in den Mund und tut einen gellenden „Pfiff“
Was so ein Bub’ in Wien mit siebzehn Jahr schon für ein vorlaut’ Mundwerk hat.
er sieht sich nach der Mitteltür um.
Doch Gott sei Lob, man kennt in hiesiger Stadt den Mann, der vor Ihm steht, halt bis hinauf zu kaiserlicher Majestät! Man ist halt, was man ist, und braucht’s nicht zu beweisen. Das lass’ Er sich gesagt sein und geb’ mir den Weg da frei.
Die Lerchenau’sche Livree ist vollzählig in der Mitteltür aufmarschiert; der Baron vergewissert sich dessen durch einen Blick nach rückwärts. Er rückt jetzt gegen Sophie und Octavian vor, entschlossen, sich Sophiens und des Ausganges zu bemächtigen.
Wär’ mir wahrhaftig leid, wenn meine Leut’ da hinten....
OCTAVIAN
wütend
Ah, untersteh’ Er sich, seine Bedienten hineinzumischen in unsern Streit. Jetzt zieh’ Er oder gnad’ Ihm Gott!
er zieht
Die Lerchenau’schen, die schon einige Schritte vorgerückt waren, werden durch diesen Anblick einigermassen unschlüssig und stellen ihren Vormarsch ein.
BARON
tut einen Schritt, sich Sophiens zu bemächtigen
OCTAVIAN
schreit ihn an
Zum Satan, zieh’ Er, oder ich stech’ Ihn nieder!
SOPHIE
Ach Gott! was wird denn jetzt gescheh’n?
BARON
retiriert etwas
Vor einer Dame, pfui! So sei Er doch gescheit!
OCTAVIAN
fährt wütend auf ihn los.
BARON
zieht, fällt ungeschickt aus und hat schon die Spitze von Octavians Degen im Oberarm.
Die Lerchenau’schen stürzen vor.
BARON
Baron lässt den Degen fallen.
Mord! Mord! Mein Blut, zu Hilfe! Mörder! Mörder! Mörder!
Die Diener stürzen alle zugleich auf Octavian los. Dieser springt nach rechts hinüber und hält sie sich vom Leib, indem er seinen Degen blitzschnell um sich kreisen lässt. Der Almosenier, Valzacchi und Annina eilen auf den Baron zu, den sie stützen und auf einen der Stühle in der Mitte niederlassen.
BARON
von den Italienern und seinen Dienern umgeben und dem Publikum verstellt.
Ich hab’ ein hitzig’ Blut! Um Ärzt’! um Leinwand! Verband her! Um Polizei! Um Polizei! Ich verblut’ mich auf eins, zwei, drei! Aufhalten den! Um Polizei! Um Polizei! Um Polizei!
DIE LERCHENAUSCHEN
indem sie mit mehr Ostentation als Entschlossenheit auf Octavian eindringen.
Den haut’s z’samm! Den haut’s z’samm! Spinnweb her, Feuerschwamm! Reisst’s ihm den Spadi weg! Schlagt’s ihn tot auf’m Fleck.
Die sämtliche Faninal’sche Dienerschaft, auch das weibliche Hausgesinde, Küchenpersonal, Stallpagen, sind zur Mitteltür hereingeströmt.
ANNINA
auf die Dienerschaft zu, haranguierend
Der junge Kavalier und die Fräulein Braut, versteht’s? Waren im Geheimen schon recht vertraut, versteht’s?
FANINALSCHE DIENERSCHAFT
G’stochen is einer? Wer? Der dort? Der fremde Herr? Welcher? Der Bräutigam? Packt’s den Duellanten z’samm! Welcher is der Duellant? Der dort im weißen G’wand? Wer? Der Rosenkavalier? Wegen was denn? Wegen ihr? Wegen ihr! Wegen der Braut? Wegen der Liebschaft! Angepackt! Niederg’haut! Schaut’s nur die Fräulein an, schaut’s, wie sie blass is! Wütender Hass is! G’stochen der Bräutigam!
Valzacchi und der Almosenier ziehen dem Baron, der fortwährend stöhnt, seinen Rock aus.
SOPHIE
links vorn
Alles geht durch einand! Furchtbar war’s wie ein Blitz. wie er’s erzwungen hat! Ich spür’ nur seine Hand, die mich umschlungen hat! Ich verspür’ nichts von Angst, ich verspür nichts von Schmerz, nur das Feuer, seinen Blick durch und durch, bis ins Herz!
OCTAVIAN
indem er sich seine Angreifer vom Leibe hält
Wer mir zu nah kommt, der lernt beten! Was da passiert ist, kann ich vertreten!
DIE LERCHENAUSCHEN
haben von Octavian abgelassen und gehen auf die ihnen zunächst stehenden Mägde handgreiflich los.
Leinwand her! Verband machen! Fetzen aus’m G’wand machen! Vorwärts, keine Spanponaden, Leinwand her für Seine Gnaden! Leinwand her!
Die Duenna bahnt sich den Weg auf den Baron zu; alle umgeben ihn in dichten Gruppen.
BARON
Ich kann ein jedes Blut mit Ruhe fliessen seh’n, nur bloß das meinig nicht!
MARIANNE
So ein fescher Herr! So ein groß Malheur! So ein schwerer Schlag! So ein Unglückstag!
SOPHIE
Octavian verzweifelt zurufend
Liebster!
OCTAVIAN
Sophie verzweifelt zurufend
Liebste!
Faninal kommt zur Tür links hereingestürzt, hinter ihm der Notar und der Schreiber, die in der Tür ängstlich stehenbleiben.
ANNINA
links vorne, knixend und eifrig zu Faninal herüber
Der junge Kavalier und die Fräulein Braut, Gnaden, waren im Geheimen schon recht vertraut, Gnaden! Wir voller Eifer für’n Herrn Baron Gnaden, haben sie betreten in aller Devotion, Gnaden!
Die Lerchenau’schen machen Miene, sich der Gewänder der jüngeren und hübscheren Mägde zu bemächtigen, Handgemenge, bis Faninal beginnt.
MARIANNE
So ein groß’ Malheur! So ein Unglückstag!
BARON
stöhnend
Oh, oh! Oh, oh!
die Duenna anschreiend
So tu Sie doch was gescheit’s, so rett’ Sie doch mein Leben!
Die Duenna stürzt fort und kommt nach kurzer Zeit atemlos zurück, beladen mit Leinwand; hinter ihr zwei Mägde mit Schwamm und Wasserbecken. Sie umgeben den Baron mit eifriger Hilfeleistung.
Sophie ist, wie sie ihres Vaters ansichtig wird, nach rechts vorn hinüber gelaufen, steht neben Octavian, der nun seinen Degen einsteckt.
FANINAL
anfangs sprachlos, schlägt nun die Hände überm Kopf zusammen und bricht aus:
Herr Schwiegersohn! Wie ist Ihm denn? Mein Herr und Heiland! Dass Ihm in mein’ Palais das hat passieren müssen! Gelaufen um den Medicus! Geflogen! Meine zehn teuren Pferd’ zu Tod gehetzt! Ja, hat denn Niemand von meiner Livree dazwischenfahren mögen?! Fütt’r ich dafür ein Schock baumlange Lackeln, dass mir solche Schand’ passieren muss in meinem neuchen Stadtpalais?
auf Octavian zu, mit unterdrücktem Zorn
Hätt’ wohl von Euer Liebden eines and’ren Anstand’s mich verseh’n!
BARON
stöhnend
Oh, oh! Oh, oh!
FANINAL
zum Baron hin
Oh! um das schöne freiherrliche Blut, was auf den Boden rinnt!
BARON
Oh, oh! Oh, oh!
FANINAL
gegen Octavian hin
O pfui! so eine ordinäre Metzgerei.
BARON
Hab’ halt so ein jung’ und hitzig’ Blut. Ist nicht zum Stillen! Oh!
FANINAL
auf Octavian losgehend
War mir von Euer Liebden
verbissen
hochgräflichen Gegenwart allhier
BARON
abnehmend
Oh! Oh!
FANINAL
heftig
wahrhaftig einer andern Freud’ gewärtig.
OCTAVIAN
höflich
Er muss mich pardonnieren. Bin außer Massen sehr betrübt über den Vorfall. Bin aber außer Schuld. Zu einer mehr gelegenen Zeit erfahren Euer Liebden wohl den Hergang aus Ihrer Fräulein Tochter Mund.
FANINAL
sich mühsam beherrschend
Da möcht’ ich recht sehr bitten!
SOPHIE
entschlossen
Wie Sie befehlen, Vater. Werd’ Ihnen Alles sagen. Der Herr dort hat sich nicht so, - wie er sollt’, betragen.
FANINAL
zornig
Ei, von wem red’t Sie da? Von Ihrem Herrn Zukünft’gen? Ich will nicht hoffen, wär’ mir keine Manier.
SOPHIE
ruhig
Ist nicht der Fall. Seh’ ihn mit nichten an dafür.
FANINAL
immer zorniger
Sieht ihn nicht an?
SOPHIE
Nicht mehr. Bitt’ Sie dafür um gnädigen Pardon!
FANINAL
zuerst dumpf vor sich hin
Sieht ihn nicht an - Nicht mehr. Mich um Pardon! Liegt dort gestochen -
höhnisch
Steht bei ihr. Der Junge.
ausbrechend
Blamage! Mir auseinander meine Eh’. Alle Neidhammeln
allmählich in immer größerer Wut
von der Wieden und der Leimgruben auf! in der Höh! Der Medicus. Stirbt mir womöglich.
auf Sophie zu, in höchster Wut
Sie heirat’ ihn!
Der Arzt tritt ein und begibt sich sofort zum Baron, um ihn zu verbinden.
FANINAL
auf Octavian zu, indem der Respekt vor dem Grafen Rofrano seine Grobheit zu einer knirschenden Höflichkeit herabdämpft
Möcht’ Euer Liebden recht in aller Devotion gebeten haben, schleunig sich von hier zu retirieren, und nimmer wieder zu erscheinen!
zu Sophie
Hör’ Sie mich! Sie heirat’ ihn, und wenn er sich verbluten tät’, so heirat’ Sie ihn als Toter!
er macht Octavian eine Verbeugung, übertrieben höflich, aber unzweideutig.
Der Arzt zeigt durch eine beruhigende Gebärde, dass der Verwundete sich in keiner Gefahr befindet. Octavian sucht nach seinem Hut, der unter die Füsse der Dienerschaft geraten war.
Octavian muss wohl gehen, möchte aber gar zu gerne Sophie noch ein Wort sagen; er erwidert zunächst Faninals Verbeugung durch ein gleich tiefes Kompliment.
Eine Magd überreicht ihm knixend den Hut.
Zweite und dritte Verbegung des wütenden Faninal, die Octavian prompt erwidert.
SOPHIE
beeilt sich das Folgende noch zu sagen, solange es Octavian hören kann.
Heirat’ den Herrn dort nicht lebendig und nicht tot! Sperr’ zuvor in meine Kammer mich ein!
FANINAL
Ah! sperrst Dich ein! Sind Leut’ genug im Haus, die Dich in Wagen tragen werden.
SOPHIE
Spring’ aus dem Wagen noch, der mich zur Kirche führt!
FANINAL
mit dem gleichen Spiel zwischen ihr und Octavian, der immer einen Schritt gegen den Ausgang tut, aber von Sophie in diesem Augenblick nicht los kann.
Ah! Springst noch aus dem Wagen? Na, ich sitz’ neben Dir und werde Dich schon halten!
SOPHIE
Geb’ halt dem Pfarrer am Altar Nein anstatt Ja zur Antwort!
Der Haushofmeister indessen macht die Leute abtreten. Die Bühne leert sich. Nur die Lerchenau’schen Leute bleiben bei ihrem Herrn zurück.
FANINAL
mit dem gleichen Spiel
Ah! Gibst Nein anstatt Ja zur Antwort. Ich steck’ Dich in ein Kloster. Stante Pede! Marsch! Mir aus meinen Augen! Lieber heut’ als morgen! Auf Lebenszeit!
SOPHIE
Ich bitt’ Sie um Pardon! Bin doch kein schlechtes Kind! Vergeben Sie mir nur dies eine Mal!
FANINAL
hält sich in Wut die Ohren zu
Auf Lebenszeit! Auf Lebenszeit!
OCTAVIAN
schnell, halblaut
Sei Sie nur ruhig, Liebste, um Alles! Sie hört von mir!
Die Duenna stösst Octavian, sich zu entfernen.
FANINAL
Auf Lebenszeit! Auf Lebenszeit!
DUENNA
zieht Sophie mit sich nach rechts
So geh’ doch nur dem Vater aus den Augen!
zieht sie zur Türe rechts hinaus, schließt die Tür
FANINAL
eilt dem Baron entgegen
Bin überglücklich! Muss Euer Liebden embrassieren!
BARON
dem bei der Umarmung der Arm wehgetan.
Oh, oh, oh, oh! Jesus, Maria!
FANINAL
nach rechts hin, in neuer Wut
Luderei! Ins Kloster!
nach der Mitteltür
Ein Gefängnis! Auf Lebenszeit!
schwächer
Auf Lebenszeit!
BARON
Is gut! Is gut! Ein Schluck von was zu trinken!
FANINAL
Ein Wein? Ein Bier? Ein Hippokras mit Ingwer?
DER ARZT
macht eine ängstlich abwehrende Bewegung.
FANINAL
jammernd
So einen Herrn, so einen Herrn zurichten miserabel! So einen Herrn - in meinem Stadtpalais! Sie heirat’ ihn um desto früher! Bin Mann’s genug’.
BARON
matt
Is gut, is gut!
FANINAL
nach der Tür rechts, in aufflammender Wut
Bin Mann’s genug!
zum Baron
Küss’ Ihm die Hand für Seine Güt’ und Nachsicht. Gehört all’s Ihm im Haus. Ich lauf’, ich bring’ Ihm -
nach rechts
ein Kloster ist zu gut!
zum Baron
Sei’n außer Sorg’.
sehr devot
Weiß, was ich Satisfaktion Ihm schuldig bin.
Geht schnell ab. Desgleichen gehen Duenna und Mägde ab. Die beiden Italiener sind schon während des Obigen fortgeschlichen.
BARON
mit seiner Dienerschaft und dem Arzt allein
es kommt bald darauf ein Diener mit einer Kanne Wein und serviert dem Baron.
Da lieg’ ich. Was einem Kavalier nit all’s passieren kann in dieser Wiener Stadt.
frei
Wär’ nicht mein Gusto hier. Da ist ein’s gar zu sehr in Gottes Hand. Wär’ lieber daheim.
er will trinken, da macht er eine Bewegung, die ihm Schmerzen verursacht
Oh, oh! Der Satan! Oh, oh! Sakerments verfluchter Bub’! Nit trocken hinter’m Ohr und fuchtelt mit’n Spadi.
in immer größerer Wut
Wällischer Hundsbub’ das! Dich sollt’ ich nur erwischen, erwischen, erwischen, in’ Hundezwinger sperr’ ich Dich ein, bei meiner Seel’, in’ Hühnerstall - in’ Schweinekofen - tät’ Dich couranzen! Sollst alle Engel singen hör’n!
DIE LERCHENAUSCHEN
Lerchenaus Diener nehmen sofort eine sehr drohende und gefährliche Haltung an mit der Richtung gegen die Tür, durch die Octavian abgegangen. gedämpft
Wenn ich Dich erwisch’, Du liegst unterm Tisch, wart’, Dich richt’ ich zu, wällischer Filou!
BARON
zu dem Faninal’schen Diener, der aufwartet
Schenk’ Er nur ein da, schnell!
Der Arzt schenkt ihm ein und präsentiert den Becher.
allmählich in besserer Laune
Und doch, muss lachen, wie sich so ein Loder mit seinen siebzehn Jahr’ die Welt imaginiert: meint, Gott weiß, wie er mich contreveniert, ha ha! umgekehrt ist auch gefahren! Möcht’ um all’s nicht, dass ich dem Mädel sein rebellisch’ Aufbegehren nicht verspüret hätt’!
immer gemütlicher
’s gibt auf der Welt nichts, was mich so enflammiert und also vehement verjüngt - so enflammiert als wie ein rechter Trotz.
DIE LERCHENAUSCHEN
gedämpft
Wart’, Dich hau’ i’ z’samm, wällischer Filou, wart’, Dich hau’ i’ z’samm, dass Dich Gott verdamm’!
BARON
Herr Medicus, verfüg’ Er sich voraus! Mach’ Er das Bett
etwas zögernd
aus lauter Federbetten! Ich komm’, erst aber trink’ ich noch! Marschier’ Er nur indessen.
Den zweiten Becher leerend
Ein Federbett.
Der Arzt geht ab mit dem Leiblakai.
Annina ist durch den Vorsaal hereingekommen und schleicht sich verstohlen heran, einen Brief in der Hand.
BARON
Zwei Stunden noch zu Tisch.
immer gemächlicher
Werd’ Zeitlang haben.
vor sich, leise
Ohne mich, ohne mich, jeder Tag Dir so bang. Mit mir, mit mir keine Nacht Dir so lang.
Annina stellt sich so, dass der Baron sie sehen muss und winkt ihm geheimnisvoll mit dem Brief.
BARON
Für mich?
ANNINA
näher
Von der Bewussten.
BARON
Wer soll damit g’meint sein?
ANNINA
ganz nahe
Nur eigenhändig insgeheim zu übergeben.
BARON
Luft da!
Die Diener treten zurück, nehmen den Faninal’schen ohne weiteres die Weinkanne ab und trinken sie leer.
Zeig’ sie den Wisch!
er reißt mit der Linken den Brief auf, versucht ihn zu lesen, indem er ihn sehr weit von sich weghält.
Such’ Sie in meiner Tasch’ meine Brillen.
sehr misstrauisch
Nein! such’ Sie nicht. Kann Sie Geschriebenes lesen? Da!
ANNINA
nimmt den Brief und liest
„Herr Kavalier! Den morgigen Abend hätt’ i frei. Sie ham mir schon g’fall’n, nur g’schamt hab’ i mi vor der fürst’lin Gnade, weil i noch gar so jung bin. Das bewusste Mariandel, Kammerzofel und Verliebte. Wenn der Herr Kavalier den Namen nit schon vergessen hat. I wart’ auf Antwort.“
BARON
entzückt
Sie wart’ auf Antwort! Geht all’s recht am Schnürl so wie z’Haus und hat noch einen andren Schick dazu.
sehr lustig
Ich hab’ halt schon einmal ein Lerchenauisch’ Glück. Komm’ Sie nach Tisch,
sehr vergnügt
geb’ Ihr die Antwort nachher schriftlich.
ANNINA
Ganz zu Befehl, Herr Kavalier. Vergessen nicht die Botin?
BARON
sie überhörend, vor sich
Ohne mich, ohne mich jeder Tag Dir so lang.
ANNINA
dringlicher
Vergessen nicht der Botin, Euer Gnade!
BARON
Schon gut. Mit mir, mit mir, mit mir keine Nacht Dir zu lang.
ANNINA
macht nochmals eine Gebärde des Geldforderns
BARON
zu Annina
Das später, All’s auf einmal. Dann zum Schluss. Sie wart’ auf Antwort. Tret’ Sie ab indessen. Schaff’ Sie ein Schreibzeug in mein Zimmer hin dort drüben, dass ich die Antwort dann diktier!
ANNINA
geht ab, nicht ohne mit einer drohenden Gebärde hinter des Barons Rücken angezeigt zu haben, dass sie sich bald für seinen Geiz rächen werde.
BARON
tut noch einen letzten Schluck
Keine Nacht dir zu lang, keine Nacht dir zu lang, dir zu lang -
er geht, von seinen Leuten begleitet, langsam und behaglich seinem Zimmer zu
mit mir - mit mir - mit mir keine Nacht dir zu lang.