BARON
Polizei, Polizei!
Kommissarius mit zwei Wächtern treten auf. Alles rangiert sich, ihnen Platz zu machen.
KOMMISSARIUS
scharf
Halt! Keiner rührt sich! Was ist los? Wer hat um Hilf’ geschrien? Wer hat Skandal gemacht?
VALZACCHI
zu Octavian
Oh weh, was machen wir?
OCTAVIAN
Verlaß Er sich auf mich! und laß Er’s gehn, wie’s geht.
VALZACCHI
Zu Euer Exzellenz Befehl.
BARON
auf ihn zu, mit der Sicherheit des großen Herrn
Is all’s in Ordnung jetzt. Bin mit ihm wohl zufrieden. Hab’ gleich erhofft, daß in Wien all’s wie am Schnürl geht.
vergnügt
Schaff’ Er das Pack mir vom Hals. Ich will in Ruh’ soupieren.
KOMMISSARIUS
Wer ist der Herr? Was gibt dem Herrn Befugnis? Ist Er der Wirt?
Baron sperrt den Mund auf
scharf
Dann halt’ Er sich gefällig still und wart’ Er, bis man Ihn vernehmen wird.
BARON
retiriert sich etwas, perplex, beginnt nach seiner Perücke zu suchen, die in dem Tumult abhanden gekommen ist und unauffindbar bleibt.
KOMMISSARIUS
setzt sich, die zwei Wächter nehmen hinter dem Kommissar Stellung
Wo ist der Wirt?
WIRT
devot
Mich dem Herrn Oberkommissarius schönstens zu rekommandieren.
KOMMISSARIUS
Die Wirtschaft da rekommandiert Ihn schlecht. Bericht Er jetzt!
WIRT
Herr Kommissar!
KOMMISSARIUS
Von Anfang!
WIRT
Der Herr Baron -
KOMMISSARIUS
Der große Dicke da? Wo hat Er sein Paruckl?
BARON
der die ganze Zeit gesucht hat
Um das frag’ ich Ihn!
WIRT
Das ist der Herr Baron von Lerchenau.
KOMMISSARIUS
Genügt nicht.
BARON
Was?
KOMMISSARIUS
Hat Er Personen nahebei, die für Ihn Zeugnis geben?
BARON
Gleich bei der Hand. Da. Mein Sekretär: ein Italiener.
VALZACCHI
wechelt mit Octavian einen Blick des Einverständnisses
Ick excusier mick. Ick weiß nix. Die Herr kann sein Baron, kann sein auch nit. Ick weiß von nix.
BARON
außer sich
Das ist doch stark. Wällisches Luder, falsches!
KOMMISSARIUS
zum Baron, scharf
Fürs erste moderier’ Er sich!
OCTAVIAN
der bisher ruhig rechts gestanden, tut nun, als ob er in Verzweiflung hin und her irrend, den Ausweg nicht fände und das Fenster für eine Ausgangstür hält
Oh mein Gott, in die Erd’n möcht ich sinken! Heilige Mutter vom Maria Tafer’l!
KOMMISSARIUS
Wer ist dort die junge Person?
BARON
Die? Niemand. Sie steht unter meiner Protektion.
KOMMISSARIUS
Er selber wird bald eine Protektion sehr nötig haben. Wer ist das junge Ding, was macht Sie hier?
blickt um sich
Ich will nicht hoffen, daß Er ein gottverdammter Debauchierer und Verführer ist! Da könnt’s Ihm schlecht ergehn. Wie kommt Er zu dem Mädel? Antwort will ich!
OCTAVIAN
I geh ins Wasser!
rennt gegen den Alkofen, wie um zu flüchten, und reißt den Vorhang auf, sodaß man das Bett friedlich beleuchtet dastehen sieht.
KOMMISSARIUS
erhebt sich
Herr Wirt, was seh ich da? Was für ein Handwerk treibt denn Er?
WIRT
verlegen
Wenn ich Personen von Stand zum Speisen oder Nachtmahl hab’.....
KOMMISSARIUS
Halt’ Er den Mund. Ihn nehm’ ich später vor.
zum Baron
Jetzt zähl’ ich noch bis drei, dann will ich wissen, wie Er da zu dem jungen Bürgermädchen kommt! Ich will nicht hoffen, daß Er sich einer falschen Aussag’ wird unterfangen.
Wirt und Valzacchi deuten dem Baron durch Geberden die Gefährlichkeit der Situation und die Wichtigkeit seiner Aussage an.
BARON
winkt ihnen mit Sicherheit, sich auf ihn zu verlassen, er sei kein heuriger Has.
Wird wohl kein Anstand sein bei Ihm, Herr Kommissar, wenn eine Standsperson mit seiner ihm verlobten Braut um neune Abends ein Souper einnehmen tut.
blickt um sich, die Wirkung seiner schlauen Aussage abzuwarten
KOMMISSARIUS
Das wäre Seine Braut? Geb’ Er den Namen an vom Vater und’s Logis. Wenn seine Angab’ stimmt mag Er sich mit der Jungfer retirieren!
BARON
Ich bin wahrhaftig nicht gewohnt, in dieser Weise -
KOMMISSARIUS
scharf
Mach’ Er sein’ Aussag’ oder ich zieh andre Saiten auf.
BARON
schnell
Is die Jungfer Faninal, Sophia Anna Barbara, ehliche Tochter des wohlgeborenen Herrn von Faninal, wohnhaft im Hof im eigen Palais.
An der Tür haben sich Gasthofpersonal, andere Gäste, auch einige der Musiker aus dem anderen Zimmer neugierig angesammelt. Herr von Faninal drängt sich durch sie durch, eilig aufgeregt in Hut und Mantel.
FANINAL
Zur Stelle. Was wird von mir gewünscht?
auf den Baron zu
Wie sieht Er aus? War mir vermutend nicht, zu dieser Stunde in ein gemeines Beisl depeschiert zu werden.
BARON
sehr erstaunt und unangenehm berührt
Wer hat Ihn hierher depeschiert? In drei Teufels Namen.
FANINAL
halblaut zu ihm
Was soll mir die saudumme Frag’, Herr Schwiegersohn? Wo Er mir schier die Tür einrennen läßt mit Botschaft, ich soll sehr schnell herbei und ihn in einer üblen Lage soutenieren, in die Er unverschuld’ter Weise geraten ist.
BARON
greift sich an den Kopf
KOMMISSARIUS
Wer ist der Herr? Was schafft der Herr mit Ihm?
BARON
Nichts von Bedeutung. Is blos ein Bekannter, hält sich per Zufall hier im Gasthaus auf.
KOMMISSARIUS
Der Herr geb’ seinen Namen an!
FANINAL
Ich bin der Edle von Faninal.
KOMMISSARIUS
Somit ist dies der Vater.
BARON
stellt sich dazwischen, deckt Octavian vor Faninals Blick; eifrig
Beileib’ gar nicht die Spur. Ist ein Verwandter, ein Bruder, ein Neveu! Der Wirkliche ist noch einmal so dick.
FANINAL
sehr erstaunt
Was geht hier vor? Wie sieht Er aus? Ich bin der Vater freilich.
BARON
will ihn forthaben
Das Weitre findet sich, verzieh Er sich!
FANINAL
Ich muß schon bitten.
BARON
wütend
Fahr’ Er heim in Teufels Namen!
FANINAL
immer ärgerlicher
Mein Nam’ und Ehr’ in einem solchen Händel zu melieren Herr Schwiegersohn!
BARON
versucht, ihm den Mund zu zuhalten. zum Kommissar
Ist eine idée fixe. Benennt mich also nur im G’spaß.
KOMMISSARIUS
zu Faninal
Er erkennt dem nach in diesem Herrn seinen Schwiegersohn?
FANINAL
Sehr wohl! Wieso sollt ich ihn nicht erkennen? Leicht weil er keine Haar nicht hat?
KOMMISSARIUS
zum Baron
Und Er erkennt nun mehr wohl auch in diesem Herrn wohl oder übel Seinen Schwiegervater?
BARON
nimmt den Leuchter vom Tisch, beleuchtet sich Faninal genau
So, so, la, la! Ja, ja, wird schon der selbe sein. War heut den ganzen Abend gar nicht recht beinand. Kann meinen Augen heut nicht traun. Muß Ihm sagen, liegt hier was in der Luft, man kriegt die Congestion davon.
KOMMISSARIUS
zu Faninal
Dagegen wird von Ihm die Vaterschaft zu dieser ihm verbatim zugeschob’nen Tochter geleugnet.
FANINAL
bemerkt jetzt erst Octavian
Meine Tochter? Da, der Fetzen gibt sich für meine Tochter aus?
BARON
gezwungen lächelnd
Ein G’spaß! Ein purer Mißverstand! Der Wirt hat dem Herrn Kommissarius da was vorerzählt von meiner Brautschaft mit der Faninalschen!
WIRT
aufgeregt
Kein Wort, kein Wort, Herr Kommisarius, laut eigner Aussag!
FANINAL
außer sich
Das Weibsbild arretieren! Kommt am Pranger! Wird ausgepeitscht! Wird eingekastelt in ein Kloster! Ich - ich - ich -
BARON
Fahr Er nach Haus. Auf morgen in der Früh! Ich klär’ Ihm Alles auf. Er weiß, was Er mir schuldig ist.
FANINAL
außer sich, vor Wut
Laut eignerAussag’!
einige Schritte nach rückwärts
Meine Tochter soll herauf! Sitzt unten in der Tragchaise! Im Galopp herauf!
wieder auf den Baron losstürzend
Das zahlt Er teuer! Bring Ihn vor’s Gericht!
BARON
Jetzt macht Er einen rechten Palawatsch für nichts und wieder nichts. Ein Kavalier braucht ein Roßgeduld, Sein Schwiegersohn zu sein, Parole d’honneur! Ich will mei’ Perrückn!
schüttelt den Wirt
Mei Perückn will ich sehn!
im wilden Herumfahren, um die Perücke zu suchen, faßt er einige der Kinder an und stößt sie zur Seite.
VIER KINDER
automatisch
Papa! Papa! Papa! Papa! Papa!
FANINAL
fährt zurück
Was ist denn das?
BARON
im Suchen findet er wenigstens seinen Hut, schlägt mit dem Hut nach den Kindern.
Gar nix! Ein Schwindel! Kenn nit das Bagagi! Sie sagt, daß sie verheirat war mit mir. Käm zu der Schand’ so wie der Pontius ins credo
SOPHIE
kommt im Mantel eilig herein, man macht ihr Platz. An der Tür sieht man die Faninalschen Bedienten, jeder eine Tragstange der Sänfte haltend.
Baron sucht die Kahlseite seines Kopfes vor Sophie mit dem Hut zu beschatten, indeß Sophie auf ihren Vater zugeht.
CHOR DER ZUSCHAUER
Die Braut! Oh, was für ein Skandal!
FANINAL
zu Sophie
Da schau dich um. Da hast du den Herrn Bräutigam. Da die Famili von dem saubern Herrn! Die Frau mitsammt die Kinder! Da das Weibsbild g’hört linker Hand dazu! Nein, das bist du, laut eigner Aussag’: Du! Möchtst in die Erd’n sinken, was? Ich auch!
SOPHIE
freudig aufatmend
Bin herzensfroh! Seh ihn mit nichten an dafür.
FANINAL
Sieht ihn nicht an dafür.
immer verzweifelter
Sieht ihn nicht an dafür. Mein schöner Nam’! Ich trau mi’ nimmer übern Graben! Kein Hund nimmt mehr ein Stükk’l Brot von mir!
er ist dem Weinen nahe
CHOR
die an der Tür stehenden
Der Skandal! Der Skandal! Der Skandal für Herrn von Faninal!
FANINAL
Die ganze Wiener Stadt! Die schwarze Zeitung!
DIE KÖPFE AUS DER WAND UND CHOR UNTER DER ERDE
in der Wand und aus dem Fußboden auftauchend; dumpf
Der Skandal, der Skandal für Herrn von Faninal!
FANINAL
Da! Aus dem Keller! Aus der Luft! Die ganze Wiener Stadt!
auf den Baron zu, mit geballter Faust
Oh! Er Filou! Mir wird nicht gut! Ein Sessel!
Bediente springen hinzu, fangen ihn auf. Zwei desgleichen haben vorher ihre Stange einem der Hintenstehenden zugeworfen. Sophie ist angstvoll un ihn bemüht. Wirt springt gleichfalls hinzu. Sie nehmen ihn auf und tragen ihn ins Nebenzimmer. Mehrere Kellner, den Weg weisend, die Tür öffnend, voran.
Baron wird in diesem Augenblicke seiner Perücke ansichtig, die wie durch Zauberhand wieder zum Vorschein gekommen ist, stürzt darauf los, stülpt sie sich auf und gibt ihr vor dem Spiegel den richtigen Sitz. Mit dieser Veränderung gewinnt er seine Haltung so ziemlich wieder, begnügt sich aber, Annina und den Kindern, deren Gegenwart ihm trotz allem nicht geheuer ist, den Rücken zu kehren.
Hinter Herrn von Faninal und seiner Begleitung hat sich die Türe links geschlossen. Wirt und Kellner kommen bald darauf leise wieder heraus, holen Medikamente, Karaffen mit Wasser und anderes, das in die Tür getragen und von Sophie in der Türspalte übernommen wird.
BARON
nunmehr mit dem alten Selbstgefühl auf den Kommissarius zu
Sind desto eher im Klaren! Ich zahl, ich geh!
zu Octavian
Ich führ’ Sie jetzt nach Haus.
KOMMISSARIUS
Da irrt Er sich! Mit Ihm jetzt weiter im Verhör!
auf den Wink des Kommissarius entfernen die beide Wächter alle übrigen Personen aus dem Zimmer, nur Annina mit den Kindern bleibt an der linken Wand stehen.
BARON
Laß Er’s jetzt gut sein. War ein G’spaß. Ich sag Ihm später, wer das Mädel ist. Geb Ihm mein Wort: Ich heirat sie wahrscheinlich auch einmal. Da hinten dort, das Klumpret ist schon stad.
macht Miene, Octavian abzuführen
Da sieht Er, wer ich bin und wer ich nicht bin!
OCTAVIAN
macht sich los
I geh nit mit dem Herrn!
BARON
halblaut
I heirat Sie, verhält Sie sich mit mir. Sie wird noch Frau Baronin, so gut gefallt Sie mir!
OCTAVIAN
Octavian reißt sich vom Arm des Barons los. gesprochen:
„Herr Kommissar, ich geb was zu Protokoll, aber der Herr Baron darf nicht zuhör’n dabei.‟
Auf den Wink des Kommissars drängen die beiden Wächter den Baron nach vorne rechts. Octavian scheint dem Kommissar etwas zu melden, was diesen sehr überrascht. Der Kommissarius begleitet Octavian bis an den Alkoven. Octavian verschwindet hinter dem Vorhang.
BARON
zu den Wächtern, familiär, halblaut, auf Annina deutend
Kenn’ nicht das Weibsbild dort, auf Ehr’. War grad beim Essen. Hab’ keine Ahnung, was es will. Hätt’ sonst nicht selber um die Polizei -
Der Kommissar scheint sich zu amüsieren und ist den Spalten des Vorhangs ungenierter Weise nahe.
BARON
bemerkt die Heiterkeit des Kommissars, plötzlich sehr aufgeregt über den unerklärlichen Vorfall
Was geschieht denn dort? Ist wohl nicht möglich das? Der Lakkl! Das heißt Ihr Sittenpolizei? Ist eine Jungfer! Eine Jungfer.
er ist schwer zu halten
Steht unter meiner Protektion. Beschwer’ mich! Hab’ ein Wörtel drein zu reden!
Er reißt sich los, will gegen das Bett hin. Sie fangen und halten ihn wieder.
Aus dem Alkoven erscheinen Stück für Stück die Kleider der Mariandl. Der Kommissar macht ein Bündel draus.
BARON
immer aufgeregt, ringt, seine beiden Wächter loszuwerden. Sie halten ihn mühsam, während Octavians Kopf aus einer Spalte des Vorhanges hervorsieht.
Muß jetzt partout zu ihr!
Kellner herein, reißen die Türe auf.
WIRT
hereinstürzend
Ihre hochfürstliche Gnaden, die Frau Fürstin Feldmarschall!
Zuerst werden einige Menschen in der Marschallin Livrée sichtbar, dann der Leiblakai des Barons; sie rangieren sich.
Die Marschallin tritt ein, der kleine Neger trägt ihre Schleppe.
BARON
hat sich von den Wächtern losgerissen, wischt sich den Schweiß von der Stirne, eilt auf die Marschallin zu
Bin glücklich über Maßen, hab’ die Gnad’ kaum meritiert. Schätz’ Dero Gegenwart hier als ein Freundstück ohne Gleichen.
OCTAVIAN
steckt den Kopf zwischen dem Vorhang hervor
Marie Theres’, wie kommt Sie her?
MARSCHALLIN
regungslos, antwortet nicht, sieht sich fragend um.
KOMMISSARIUS
auf die Fürstin zu, in dienstlicher Haltung
Fürstliche Gnaden, melde mich gehorsamst als Vorstands-Unterkommissarius -
Leiblakai auf den Baron zu, stolz und selbstzufrieden. Baron gibt ihm als Zeichen seiner Zufriedenheit.
BARON
Er sieht, Herr Kommissar, die Durchlaucht haben selber sich bemüht. Ich denk’, Er weiß, woran Er ist.
MARSCHALLIN
zum Kommissar
Er kennt mich? Kenn ich Ihn nicht auch? Mir scheint beinah’.
KOMMISSARIUS
Sehr wohl!
MARSCHALLIN
Dem Herrn Feldmarschall sein’ brave Ordonanz gewest?
KOMMISSARIUS
Fürstliche Gnaden, zu Befehl.
Octavian steckt abermals den Kopf zwischen den Vorhängen hervor.
BARON
winkt Octavian heftig, zu verschwinden, ist zugleich ängstlich bemüht, daß die Marschallin nichts merke. Dann hört er, wie sich Schritte der Tür links vorn nähern, stürzt hin, stellt sich mit dem Rücken gegen die Tür, durch verbindliche Gebärden gegen die Marschallin bestrebt, seinem Gebaren den Schein völliger Unbefangenheit zu geben.
Bleib’ Sie zum Sakra, hinten dort!
MARSCHALLIN
kommt gegen links, mit zuwartender Miene den Baron anblickend.
OCTAVIAN
in Männerkleidung tritt zwischen den Vorhängen hervor, sobald der Baron ihm den Rücken kehrt.
War anders abgemacht, Marie Theres’, ich wunder mich!
MARSCHALLIN
als hörte sie Octavian nicht, hat fortwährend den verbindlich erwartungsvollen Blick auf den Baron gerichtet, der in der äußersten Verlegenheit zwischen der Tür und der Marschallin seine Aufmerksamkeit teilt.
Die Türe links wird mit Kraft geöffnet, sodaß der Baron, der vergebens versucht hatte, sich dagegen zu stemmen, wütend zurückzutreten genötigt ist. 2 Faninalsche Diener lassen jetzt Sophie eintreten.
SOPHIE
ohne die Marschallin zu sehen, die ihr durch den Baron verdeckt ist
Hab’ Ihm von mei’m Herrn Vater zu vermelden...
BARON
Sophie ins Wort fallend, halblaut
Ist jetzo nicht die Zeit, Kreuzelement! Kann Sie nicht warten, bis daß man Ihr rufen wird? Meint Sie, daß ich Sie hier im Beisl präsentieren werd’?
OCTAVIAN
ist leise hervorgetreten, zur Marschallin halblaut
Das ist die Fräulein, die, um derentwillen -
MARSCHALLIN
über die Schulter zu Octavian, halblaut
Find Ihn ein bissl empressiert, Rofrano. Kann mir wohl denken, wer sie ist. Find’ sie charmant.
Octavian schlüpft zwischen die Vorhänge zurück.
Die Marschallin spricht leise mit dem Kommissar.
SOPHIE
Den Rücken an der Tür, so scharf, daß der Baron unwillkürlich einen Schritt zurückweicht.
Er wird mich keinen Menschen auf der Welt nicht präsentieren, dieweilen ich mit Ihm auch nicht so viel zu schaffen hab.
Und mein Herr Vater laßt Ihm sagen: wenn Er also weit die Frechheit sollte treiben, daß man Seine Nasen nur erblicken tät auf hundert Schritt von unserm Stadtpalais, so hätt Er sich die bösen Folgen selber zuzuschreiben. Das ist’s, was mein Herr Vater Ihm vermelden läßt.
BARON
zornig
Corpo, di bacco! Was ist das für eine ungezogne Sprache?
SOPHIE
Die Ihm gebührt.
BARON
außer sich, will an ihr vorbei, zur Tür hinein
He Faninal, ich muß -
Die zwei Faninalschen Diener treten hervor, halten ihn’ auf, schieben ihn zurück.
SOPHIE
Er untersteh sich nicht!
sie tritt in die Tür, die sich hinter ihr schließt.
BARON
gegen die Tür brüllend
Bin willens, alles Vorgefall’ne vergeben und vergessen sein zu lassen!
MARSCHALLIN
ist von rückwärts an den Baron herangetreten und klopft ihn auf die Schulter
Laß Er nur gut sein und verschwind Er auf eins, zwei -
BARON
dreht sich um, starrt sie an
Wieso denn?
MARSCHALLIN
munter, überlegen
Wahr Er sein Dignité und fahr Er ab!
BARON
sprachlos
Ich? Was?
MARSCHALLIN
Mach’ Er bonne mine à mauvais jeu: so bleibt Er quasi doch noch eine Standsperson.
BARON
starrt sie stumm an.
SOPHIE
tritt leise wieder heraus. Ihre Augen suchen Octavian.
MARSCHALLIN
zum Kommissar, der hinten rechts steht, desgleichen seine Wächter
Er sieht, Herr Kommissar: Das ganze war halt eine Farce und weiter nichts.
KOMMISSARIUS
Genügt mir. Retirier mich ganz gehorsamst.
tritt ab, die beiden Wächter hinter ihm
SOPHIE
vor sich, erschrocken
Das ganze war halt eine Farce und weiter nichts.
Die Blicke der beiden Frauen begegnen sich: Sophie macht der Marschallin einen verlegenen Knix.