Zweiter Akt
Nr.12
(Bei Beginn des 2. Aktes ist die Gardine geöffnet. In fahlem Licht warten auf der Landstraße vor dem Ort Mahagonny die Mädchen und Männer. Die Projektionsfläche zeigt wieder den Pfeil wie am Schluß des 1. Aktes, langsam auf Mahagonny zulaufend. Ein Lautsprecher meidet in Abständen während des Orchesterritornells.)
(Vorhang langsam.)
(Aus dem Lautsprecher kommt die Meldung: „Hurrikan bewegt sich mit 120 Stundenmeilen auf Atzena zu.“)
(2. Lautsprecher-Meldung: „Hurrikan schon in Atzena. Atzena bis auf die Grundmauern zerstört.“)
(3. Lautsprecher-Meldung: „Hurrikan in gerader Linie auf Mahagonny zu. Drei Minuten entfernt.“)
(Alle starren voller Entsetzen den Pfeil an. Jetzt, eine Minute vor Mahagonny bleibt der Pfeil stehen. Totenstille. Dann macht der Pfeil einen schnellen Halbkreis um Mahagonny und läuft weiter.)
(Lautsprecher: „Der Hurrikan hat um die Stadt Mahagonny einen Bogen gemacht und setzt seinen Weg fort.“)
Chor:
Oh wunderbare Lösung
Die Stadt der Freude ward verschont.
Die Hurrikane gingen vorüber in großer Höhe
Und der Tod tritt, in die Wasser zurück.
Oh wunderbare Lösung,
Oh wunderbare Lösung!
(Gardine zu. Schrift: „VON NUN AN WAR DER LEITSPRUCH DER MAHAGONNYLEUTE DAS WORT: „DU DARFST,“ WIE SIE ES IN DER NACHT DES GRAUENS GELERNT HATTEN.“ Die Schrift verblaßt.)
Nr. 13
(Neue Schrift: „HOCHBETRIEB IN MAHAGONNY, NACH DEM GROSSEN HURRIKAN.“)
(Bei völliger Stille die Bildprojektionen. Sie stellen dar den Übergang von der einfachen Goldgräberstadt zu einem modernen Stadtbild. Über jedem dieser 3 Bilder steht groß das Word: „DU DARFST.“)
(Die Männer treten an die Rampe und singen:)
Männer:
Erstens, vergeßt nicht, kommt das Fressen,
Zweitens kommt der Liebesakt,
Drittens das Boxen nicht vergessen,
Viertens Saufen, laut Kontrakt.
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf,
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf.
(Die Männer gehen auf die Bühne und beteiligen sich an den Vorgängen.)
(Gardine auf. Auf dem Hintergrund steht riesengroß das Word „ESSEN.“ Eine Anzahl von Männern sitzen jeder an einem Tisch, auf dem viel Fleisch steht. Auch Jim ist dabei. Jack, jetzt der Vielfraß gennant, sitzt in der Mitte an einem Tisch und ißt unaufhörlich. Seitlich die beiden MUSIKER.)
Jack:
Jetzt hab’ ich gegessen zwei Kälber
Und jetzt esse ich noch ein Kalb.
Alles ist nur halb,
Alles ist nur halb.
Ich äße mich gerne selber.
Jim:
Bruder, Bruder, ist das für dich Glück?
Bruder, tue nur nichts halb.
Einige Männer:
O’Brien! Sie sind schon dick:
Essen Sie! essen Sie noch ein Kalb!
Jack:
Brüder, bitt’ ich, sehet mir zu,
Sehet mir zu, wie ich ess’.
Ist es weg, dann hab’ ich Ruh’,
Weil es vergess’,
Weil es vergess’.
Brüder, gebt mir noch, Brüder, gebt mir noch,
Brüder gebt mir noch…
(Er fällt tot um.)
(Männerchor hinter ihm im Halbkreis, die Hüte abnehmend.)
Männer:
Sehet, Jack ist gestorben!
Sehet, welch ein Glückseliger,
Sehet, welch unersättlicher Ausdruck auf seinem Gesicht ist,
Weil er sich gefüllt hat,
Weil er nicht beendet hat:
Ein Mann ohne Furcht,
Ein Mann ohne Furcht.
Männer(1. Ten.):
Sehet, Jack ist gestorben,
Sehet, Jack ist gestorben!
Männer(2. Ten.):
Jack ist gestorben, ein Mann ohne Furcht,
Jack ist gestorben, ein Mann ohne Furcht!
Männer(Baß):
Sehet, sehet, Jack ist gestorben!
Nr. 14
(Die Männer setzen die Hüte wieder auf und singen:)
Männer:
Zweitens kommt der Liebesakt!
(Gardine zu.)
(Gardine auf. Auf dem Hintergrund steht rießengroß das Wort „LIEBEN.“ Rechts, vor dem Mandelay-Bordell, stehen Männer Schlange an. Die drei Freunde schließen sich ihnen an. Sofort werden auf einer Leinwand-Tafel erotische Bilder gezeigt. Dazu ertönt von hinten die Stimme der Begbick. In dieser Szene ist kein Mädchen auf der Bühne zu sehen.)
Begbick:
(von hinten)
Spucke den Kaugummi aus,
Wasche zuerst deine Hände,
Lasse ihr Zeit
Und sprich ein paar Worte mit ihr.
Männer:
Spucke den Kaugummi aus,
Wasche zuerst deine Hände,
Lasse ihr Zeit
Und sprich ein paar Worte mit ihr.
Rasch, Jungens, he, rasch, Jungens, he,
Stimmt ihn an, den Song vom Mandelay:
Liebe, die ist doch an Zeit nicht gebunden,
Jungens, macht rasch, Jungens, macht rasch,
Jungens, macht rasch, denn hier gehts um Sekunden,
Ewig nicht stehet der Mond über dir, Mandelay.
Jungens, macht rascher, Jungens, macht rascher,
Jungens, macht rascher, denn der grüne Mond geht unter.
(Moses tritt heraus.)
Moses:
Ich bitte die Herren sich in Geduld zu fassen,
Es werden gleich wieder drei Herren eingelassen.
Sie werden verstehen, daß man zum Liebesgenuß
Jedem Kunden, jedem Kunden, jedem Kunden etwas Zeit lassen muß.
(Moses läßt drei Herren heraus und drei herein, die übrigen warten weiter. Auch die herausgelassenen Herren stellen sich wieder an. Es werden wieder Bilder gezeigt.)
Begbick:
Geld allein macht nicht sinnlich,
Geld allein macht nicht sinnlich.
Männer:
Geld allein macht nicht sinnlich,
Geld allein macht nicht sinnlich,
Geld allein, Geld allein macht nicht sinnlich.
Rasch, Jungens, he, rasch, Jungens, he,
Stimmt ihn an, den Song von Mandelay:
Liebe, die ist doch an Zeit nicht gebunden,
Jungens, macht rasch, Jungens, macht rasch,
Jungens, macht rasch, denn es geht um Sekunden.
Ewig nicht stehet der Mond über dir, Mandelay.
Jungens, macht rascher, Jungens, macht rascher,
Jungens, macht rascher, denn der grüne Mond geht unter.
(Moses tritt wieder heraus)
Moses:
Ich bitte die Herren sich in Geduld zu fassen,
Es werden gleich wieder drei Herren eingelassen.
Sie werden verstehen, daß man zum Liebesgenuß
Jedem Kunden, jedem Kunden, jedem Kunden etwas Zeit lassen muß.
(Moses läßt die drei vorigen Herren heraus und Jim, Bill und Joe herein.)
Männer:
Ewig nicht stehet der Mond über dir, Mandelay.
Jungens, macht rascher, Jungens, macht rascher,
Jungens, macht rascher, denn der grüne Mond geht unter.
(Gardine zu.)
Männer:
Erstens, vergeßt nicht, kommt das Fressen,
Zweitens kommt der Liebesakt,
Drittens das Boxen nicht vergessen,
Viertens Saufen, laut Kontrakt.
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf.
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf.
(Gardine auf.)
Nr. 15
(Die Männer gehen wieder auf die Bühne, wo jetzt vor einem Hintergrund, auf dem das Wort „KÄMPFEN“ steht, unter FATTY’S Leitung ein Boxring hergerichtet wird. Auf einer seitlichten Tribüne spielt eine Blasmusik. JOE kommt mit JIM und BILL.)
Joe:
(auf einem Stuhl stehend)
Wir, meine Herren,
Veranstalten hier
Ein großes Preisboxen,
Endend nur mit dem K.O.,
Und zwar tritt an
Dreieinigkeitsmoses
Gegen mich,
Den Alaskawolfjoe.
Fatty:
Was! Du kämpfst mit Dreieinigkeitsmoses?
Männer:
Was!
Fatty:
Junge, da reist du besser noch fort!
Männer:
Junge!
Fatty:
Denn das ist beim Teufel,
Männer:
Beim Teufel!
Fatty:
Kein bloßes Preisboxen, sondern glatter Mort!
Männer:
Glatter Mort!
Joe:
Vorläufig bin ich noch nicht gestorben,
All mein Geld, in Alaska erworben,
Setze ich heute restlos auf mich!
Und ich bitte auf mich zu setzen alle,
Die mich von Kind auf schätzen.
Jimmy, ich rechne besonders auf dich!
Wer jemals den Kopf über Fäuste gestellt
Und List über Kraft und klug über roh,
Jeder vernünftige Mensch setzt sein Geld
In diesem Kampf auf Alaskawolfjoe.
Joe/Männer:
Wer jemals den Kopf über Fäuste gestellt
Und List über Kraft und klug über roh,
Jeder vernünftige Mensch setzt sein Geld
In diesem Kampf auf Alaskawolfjoe.
(Joe ist zu Bill getreten.)
Bill:
Joe, du stehst mir menschlich nah,
Doch um Geld hinauszuwerfen,
Ging’s mir zu sehr auf die Nerven,
Als ich Dreieinigkeitsmoses sah.
Jim:
Joe, ich habe dich immer geschätzt,
Vor der Wiege bis zum Grabe,
Drum wird heute auf dich gesetzt,
Und zwar alles, was ich habe.
Joe:
Jim, wenn ich das von dir höre,
Steigt Alaska vor mir auf.
Die sieben Winter, die großen Kälten,
Und wie wir beide die Bäume fällten.
Jim:
Joe, mein alter Freund, ich schwöre:
Lieber geb’ ich alles drauf:
Die sieben Winter, die großen Kälten,
Und wir zusammen die Bäume fällten.
Joe:
Jim, wenn ich das von dir höre,
Steigt Alaska vor mir auf.
Jim:
Joe, mein alter Freund, ich schwöre:
Lieber geb’ ich alles drauf:
Jim/Joe:
Die sieben Winter, die großen Kälten,
Und wir zusammen die Bäume fällten.
Jim:
Wenn ich von Alaska höre,
Steigt dein Bild, Joe, vor mir auf.
Joe:
Dein Geld ist sicher, ich schwöre,
Lieber ging ich selber drauf.
Männer:
Dreimal hoch Dreieinigkeitsmoses!
Morgen, Moses!
Gib ihm Saures!
Eine Frauenstimme:
(geschrieen)
Das ist Mord!
Moses:
Ich bedaur’ es!
Männer:
Da bedarf’s nur eines Stoßes!
Fatty:
(stellt die Kämpfer vor)
Dreieinigkeitsmoses, zweihundert Pfund,
Alaskawolfjoe, hundertsiebzig.
Ein Mann:
(ruft)
Schund!
(Letzte Vorbereitungen zum Boxkampf.)
Jim:
(von unten)
Halloh Joe!
Joe:
(grüßt aus dem Ring hinunter)
Halloh Jim!
Jim:
Schluck keinen Zahn!
Joe:
Halb so schlimm!
Männer:
(abwechselnd)
Los jetzt!
Schiebung!
Quatsch!
Er nimmt schon!
Vorsicht!
Nicht stürzen!
Tiefschlag!
Nicht halten!
Das sitzt!
Macht nichts!
Lippe gespalten!
Ran, Joe!
Kunststück!
Ja, er schwimmt schon!
Moses, mach Hackfleisch!
Mach aus ihm Haschée!
Moses, gib ihm Saures!
Tu ihm etwas weh!
Moses, mach Hackfleisch!
Mach aus ihm Haschée!
Moses, gib ihm Saures!
Tu ihm etwas weh!
(Joe sinkt zu Boden.)
Fatty:
Der Mann ist tot.
(Großes anhaltendes Gelächter. Die Menge verläuft sich.)
Männer:
(im Abgehen)
K.O. ist K.O. Er vertrug nichts Saures.
Fatty:
Sieger: Dreieinigkeitsmoses.
Moses:
Ich bedaur’ es.
(Bill und Jim stehen allein im Ring.)
Bill:
(zu Jim)
Ich hab’ es gesagt. Jetzt ist er K.O.
Jim:
(leise)
Halloh, Joe!
(Gardine zu. Die Männer kommt wieder nach vorn.)
Männer:
Erstens, vergeßt nicht, kommt das Fressen,
Zweitens kommt der Liebesakt.
Drittens das Boxen nicht vergessen,
Viertens Saufen, laut Kontrakt.
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf.
Vor allem aber achtet scharf,
Daß man hier alles dürfen darf.
Nr. 16
(Gardine auf. Männer wieder auf die Bühne. Auf dem Hintergrunde steht groß: „SAUFEN.“ Die Männer setzen sich, legen die Füße auf den Tisch und trinken. Im Vordergrund spielen JIM, BILL und JENNY Billard.)
Jim:
Freunde, kommt, ich lade euch ein,
Daß ihr mit mir trinkt,
Denn ihr seht, wie leicht kann’s sein,
Daß man wie Joe versinkt.
Witwe Begbick, eine Runde für die Herrn!
Männer:
Bravo, Jimmy! Ja warum nicht! Aber gern!
Wer in Mahagonny blieb,
Brauchte jeden Tag fünf Dollar,
Und wenn er’s besonders trieb,
Brauchte er vierleicht noch extra.
Aber damals blieben alle
In Mahagonnys Poker-Drinksalon.
Sie verloren in jedem Falle,
Doch sie hatten was davon, doch sie hatten was davon,
Doch sie hatten was davon.
Begbick:
(gesprochen)
Aber jetzt bezahlen, meine Herren!
Jim:
(leise zu Jenny)
Jenny, komm her!
Jenny, ich hab’ kein Geld mehr.
Am besten ist es, wir fliehn,
Es ist ganz gleichgültig, wohin.
(laut, zu allen, auf den Billardtisch zeigend, völlig betrunken)
Meine Herrn, besteigen wir diese Kahn
Zu einer kleinen Fahrt auf dem Ozean!
(wieder leise)
Bleibe unbedingt neben mir, Jenny,
Denn der Boden schwankt wie bei ’nem Erdbeben,
Und auch du, Billy, bleibe bei mir jetzt,
Denn ich werde wieder nach Alaska fahren,
Weil diese Stadt mir nicht gefällt.
(laut)
Heute Nacht noch werde ich zu Schiffe nach Alaska fahren.
(Alle haben aus einem Billardtisch, einer Storestange und ähnlichem ein „Schiff“ gebaut, das nun Jim, Bill und Jenny besteigen. Auf dem Hintergrund können jetzt filmisch Südseelandschaften vorüberziehen. Jenny, Jim und Bill benehmen sich seemännisch auf dem Billardtisch.)
Jim:
(betrunken gröhlend)
Der Schnaps in die Toiletten geflossen,
Die rosa Jalousieen herab,
Der Tabak geraucht, das Leben genossen,
Wir segeln nach Alaska ab.
Männer:
(Die Männer sitzen unten und amüsieren sich)
Halloh, Jimmy, großer Navigator!
Halloh, seht, wie er schon die Segel bedient.
Jenny, zieh dich aus, es wird heiß, der Äquator,
Bill, setz den Hut fest, der Golfstromwind!
Jenny:
O Gott, ist das nicht ein Taifun dort hinten!
Männer:
(feierlich, wie ein Männergesangverein)
Seht, wie so schwarz
Der Himmel sich dort überziehet!
Seht, wie so schwarz!
Jenny/Jim/Bill:
(gröhlend)
Das Schiff, das ist kein Kanapee!
Männer:
Seht, wie so schwarz!
Jenny/Jim/Bill:
Stürmisch die Nacht und hoch geht die See!
(Die Männer markieren einen Sturm, indem sie pfeifen und heulen.)
Das Schiff, es schlingert, die Nacht sinkt weit,
Sechs von uns drei haben die Seekrankheit.
Männer:
Wie schwarz der Himmel ist,
Seht wie so schwarz,
Seht wie so schwarz
Der Himmel sich doch überziehet!
Jenny:
(sich ängstlich am Mast haltend, gesprochen)
Am besten ist, wir singen: „Stürmisch die Nacht,“ um den Mut nicht zu verlieren.
Männer:
Seht, wie so schwarz,
Seht, wie so schwarz,
Bill:
„Stürmisch die Nacht“ ist vorzüglich, wenn man den Mut verliert.
Männer:
Seht, wie so schwarz
Der Himmel sich dort überzieht.
Jenny/Jim/Bill:
Stürmisch die Nacht und die See geht hoch,
Tapfer noch kämpft das Schiff.
Horch, wie die Glocke so schaurig klingt,
Sehet, dort naht ein Riff!
Jenny:
(gesprochen)
Fahrt rascher und fahrt sehr vorsichtig. Segelt unter keinen Umständen gegen den Wind und versucht jetzt nichts Neues.
Männer:
Hört nur, hört nur,
Hört, wie der Wind in den Rahmen braust.
Bill:
Sollen wir uns nicht am Mast anbinden, wenn der Sturm noch heftiger wird?
Männer:
Seht nur, seht nur,
Seht, wie der Himmel sich schwarz überziehet!
Jim:
Nein, was da so schwarz ist, meine Freunde,
Das sind die Wälder von Alaska.
Jetzt steigt aus,
Jetzt könnt ihr ruhig sein.
(Er steigt aus und ruft:)
Halloh, ist das Alaska?
Moses:
(taucht neben ihm auf)
Gib das Geld her für die Getränke!
Jim:
(tief enttäuscht)
Ach es ist Mahagonny!
(Die Männer kommen mit Glässern nach vorn.)
Männer:
Jimmy, du hast uns zu trinken gegeben!
Jimmy, dafür lassen wir dich leben.
Du hast uns gespeist und uns getränkt,
Du hast uns Speise und Trank geschenkt.
Begbick:
So, und jetzt bezahlen, Mann!
Jim:
Ja, Witwe Begbick, da merke ich eben,
Daß ich Sie gar nicht bezahlen kann.
Ich habe mein Geld, scheint’s ausgegeben.
Begbick:
Was, du willst nicht bezahlen?
Jenny:
Jimmy, schau doch noch einmal nach, Irgendwo hast du sicher noch was.
Jim:
Als ich eben mit euch sprach…
Moses:
Was, der Herr hat keine Moneten? Was, der Herr will nicht bezahlen? Wissen Sie, was das bedeutet?
Fatty:
Mensch, da bist du abgeläutet.
(Alle, außer Bill und Jenny, sind von ihm abgerückt.)
Begbick:
(zu Bill und Jenny)
Könnt ihr denn nicht für ihn in die Bresche treten?
(Bill geht stumm weg)
Und du Jenny?
Jenny:
Ich?
Begbick:
Ja warum denn nicht?
Jenny:
Lächerlich! Was wir Mädchen alles sollen!
Begbick:
Das kommt also nicht in Frage für dich?
Jenny:
Nein, wenn Sie es wissen wollen.
Moses:
Bindet ihn!
(Während Jenny, an der Rampe auf und ab gehend, ihr Lied singt, wird Jim gefesselt.)
Jenny:
Meine Herren, meine Mutter prägte
Auf mich einst ein schlimmes Wort:
Ich würde enden im Schauhaus
Oder an einem noch schlimmern Ort.
Ja so ein Wort, das ist leicht gesagt,
Aber ich sage euch daraus wird nichts!
Das könnt ihr nicht machen mit mir!
Was aus mir noch wird, das werden wir seh’n!
Ein Mensch ist kein Tier!
Denn wie man sich bettet, so liegt man,
Es deckt einen keiner da zu,
Und wenn einer tritt, dann bin ich es
Und wird einer getreten, dann bist du’s.
Denn wie man sich bettet, so liegt man,
Es deckt einen keiner da zu,
Und wenn einer tritt, dann bin ich es
Und wird einer getreten, bist du’s.
Meine Herren, mein Freund der sagte
Mir damals ins Gesicht:
„Das Größte auf Erden ist Liebe“
Und „an morgen denkt man da nicht.“
Ja Liebe, das ist leicht gesagt,
Doch so lang man täglich älter wird,
Da wird nicht nach Liebe gefragt,
Da muß man seine kurze Zeit benützen!
Ein Mensch ist kein Tier!
Denn wie man sich bettet, so liegt man,
Es deckt einen keiner da zu,
Und wenn einer tritt, dann bin ich es
Und wird einer getreten, dann bist du’s.
Denn wie man sich bettet, so liegt man,
Es deckt einen keiner da zu,
Und wenn einer tritt, dann bin ich es
Und wird einer getreten, bist du’s.
Moses:
Halloh, Leute, da steht ein Mann,
Der seine Zeche nicht bezahlen kann.
Frechheit, Unverstand und Laster!
Und das schlimmste ist kein Zaster!
Da steht natürlich Hängen drauf,
Doch meine Herren, halten Sie sich nicht auf!
(Alle nehmen wieder ihre Plätze ein. Es wird weiter getrunken und Billard gespielt.)
Männer:
Wer in seinem Kober bleibt,
Braucht nicht jeden Tag fünf Dollar
Und falls er nicht unbeweibt,
Braucht er auch vielleicht nicht extra.
Aber heute sitzen alle
In des lieben Gottes billigem Salon.
Sie gewinnen in jedem Falle,
(Sie strampfen mit den Füßen den Takt)
Doch sie haben nichts davon, doch sie haben nichts davon,
Doch sie haben nichts davon.
(Sie brechen ab und legen ruhig wieder ihre Beine auf den Tisch. Jim wird abgeführt.)
Chor:
(gesummt, mit geschlossenem Munde)
(Jetzt treten alle nach vorn und singen:)
Laßt euch nicht verführen,
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht vor den Türen,
Ihr könnt schon Nachtwind spüren.
Es kommt kein Morgen mehr.
(Ende des 2. Aktes)