ZWEITER AUFZUG
ERSTE SZENE
Die Skatpartie
Komfortables Wohnzimmer mit guten modernen Bildern und Bronzen im Hause des Kommerzienrats. Am Skattisch in der Mitte des Zimmers unter einem grossen Luster sitzen der JUSTIZRAT, der KOMMERZIENRAT, der KAMMERSÄNGER und KAPELLMEISTER STROH beim Skatspiel. Der Justizrat mischt die Karten und gibt aus
DER KOMMERZIENRAT
Ach! Sie kennen sie nicht, Herr Justizrat! Ein Ekel! Er ist ein reizender Mensch. Aber die Frau: einfach fürchterlich!
DER KAMMERSÄNGER
Sie haben etwas gegen die Frau.
DER KOMMERZIENRAT
Kunststück, bei die Behandlung!
STROH
Aber es ist doch eine sehr tüchtige Frau!
DER KOMMERZIENRAT
Für ihn vielleicht.
DER KAMMERSÄNGER
Gucki
DER JUSTIZRAT
Wer spielt aus?
STROH
Ich! Bei Grand die Asse auf den Tisch.
Sie spielen
DER JUSTIZRAT
Er soll die Frau riesig gern haben -
DER KOMMERZIENRAT
Wie sie ihn auch oft behandelt, sogar vor Leuten!
STROH
Ich finde, die Frau wird schwer verkannt. Sie ist sehr temperamentvoll, vielleicht zu hitzig -
DER KAMMERSÄNGER
ruft Schneider! Neunundzwanzig haben Sie! Sechzig Gute für mich!
STROH
fortfahrend ein bisschen wild und rücksichtslos sie spielen immer weiter aber ich glaube, sie hat ein gutes Herz und sie sorgt sehr gut für ihn.
DER KOMMERZIENRAT
Na ja, irgendeinen Vorzug muss sie wohl haben. Zum Justizrat Sie haben ja das Vergnügen, sie nicht zu kennen, aber wen sie näherer Bekanntschaft würdigt - schlaflose Nächte, sag' ich Ihnen. Achtzehn! Achtzehn! Herr Kammersänger!
DER KAMMERSÄNGER
Einen Moment, ich bin noch nicht auf dem Kontor, halte ich -
DER KOMMERZIENRAT
Vierundzwanzig!
DER JUSTIZRAT
Für Sie, mein Herr!
ROBERT
tritt ein Guten Abend, meine Herren! Entschuldigen Sie, aber die Probe war nicht abzukürzen -
DER KAMMERSÄNGER
spottend Am Anfang jeder Spielzeit haben Sie immer einen kolossalen Probeneifer, so gegen den März zu legt er sich.
ROBERT
Naja, einmal im Jahr. Wenn ihr euch das alles merken würdet, was ich euch da sage, für drei Jahre müsst' es genügen.
STROH
Sie können gleich eintreten, verehrter Meister, noch dieses Spiel!
DER KAMMERSÄNGER
dröhnend "Hast du schon zur Nacht gebetet, Desdemona!"
STROH
ruft Neunundfünfzig. Haben Sie denn keinen König mehr zum Reinschmeissen? Neunundfünfzig ohne vier! kostet ein Vermögen!
DER JUSTIZRAT
zum Kammersänger Sehr fein gespielt, dass Sie Pique nicht brachten! zu Stroh Du hättest dieses Spiel nicht gewonnen!
ROBERT
behaglich Ach, so ein Skätchen ist ein Genuss, die einzige Erholung nach Musik!
DER KOMMERZIENRAT
spottend Besonders, wenn die Frau recht weit weg ist!
ROBERT
gutmütig Na ja, Sie wissen: ich habe meine Frau sehr gerne, nur beim Skat ist es angenehm, wenn keine Damen im Nebenzimmer.
DER KOMMERZIENRAT
Alle Augenblicke steckt eine den Kopf zur Tür herein: "Sind die Herren schon bald fertig?" "Gleich, mein Engel," sagt er, hol dich der Satan, denkt er. Oder: "Gewinnen die Herren?" Nur ein Vorwand, um schnell nachzusehn, ob der Gatte verliert oder gewinnt, und zu Hause dann, au wei!
ROBERT
Na, so schlimm ist's nicht. Null auf dem Pferde!
DER JUSTIZRAT
Ich gebe Kontra.
KAMMERSÄNGER
Bei Null ouvert?
ROBERT
Rekontra. Nicht zu fassen! Legt die Karten au
DER KOMMERZIENRAT
Das ist aber doch kein Kontra, ich bitte Sie!
DER JUSTIZRAT
Mit zwei Sieben?
DER KOMMERZIENRAT
Trotzdem, Sie sehen ja!
ROBERT
Keine Leichenreden! Aufschreiben! Zweihundert Gute für mich! Sie geben!
DER KAMMERSÄNGER
Wie lange bleiben Sie diesmal, Meister?
ROBERT
Vier Wochen. Noch zwei Konzerte ohne das übrige. Zum Kommerzienrat Sie reizen.
DER KOMMERZIENRAT
Gleich, ich habe noch nicht ausgepackt. Zehn!
DER KAMMERSÄNGER
Gibt's nicht. Nur Solo.
DER KOMMERZIENRAT
Seit wann denn?
DER KAMMERSÄNGER
Schon immer bei uns.
DER KOMMERZIENRAT
Na, also achtzehn.
DER KAMMERSÄNGER
Passen!
DER JUSTIZRAT
Passen!
DER KOMMERZIENRAT
Nein! Diese Maurer! Einen auf achtzehn hängen zu lassen!
DER JUSTIZRAT
Ja, das einzige, was heute billig ist!
DER KOMMERZIENRAT
nimmt auf Zwei Wenzel!
DER KAMMERSÄNGER
Da siehst du, ob wir gemauert haben.
DER KOMMERZIENRAT
Coeur solo. Die Herren können schenken!
DER JUSTIZRAT
zu Robert Wie geht es Ihrer Frau Gemahlin?
ROBERT
Ich danke, gut. Habe heut einen Brief von ihr, sie hat jetzt recht nette Gesellschaft: ein junger Mann, der mit ihr spazierengeht und Sport treibt.
DER KAMMERSÄNGER
Na, hör'n Sie, Meester?!
ROBERT
Wieso? Meine Frau, die kennen Sie nicht.
DER KOMMERZIENRAT
Na, ich kenne sie.
ROBERT
Auch Sie nicht!
DER KOMMERZIENRAT
Oho!
ROBERT
Weil sie Ihnen einmal -
DER KOMMERZIENRAT
einmal? Ein Dutzend reicht nicht -
ROBERT
wie ich gerne zugebe, unangenehme Dinge und sehr mit Unrecht deswegen kennen Sie sie doch nicht genau.
DER KOMMERZIENRAT
Danke für noch nähere Berührung. Bin schon nervös genug.
DER KAMMERSÄNGER
Sind wir hier zum Unterhalten oder zum Skatspielen? Schieberamschrunde.
ROBERT
Sehr wohl! Wenn er auf meiner Frau herumhackt, muss ich sie doch verteidigen. Ich nehme zu Grand auf.
DER JUSTIZRAT
Einer verdirbt's immer.
STROH
zu Robert Sie sind wirklich ein rührender Ehemann!
ROBERT
Und ich fühle mich sehr wohl dabei.
DER KOMMERZIENRAT
Das wundert mich ja, Sie haben keine Nerven!
ROBERT
Gott sei Dank nicht! Alles Training!
DER KOMMERZIENRAT
Daran fehlt es Ihnen ja nicht.
DER KAMMERSÄNGER
ruft Schwarz, Ihr Ludersch!
STROH
So ein Glückspilz!
ROBERT
Dass ich gezwungen bin, ihr gegenüber, die hitzig, starker Phantasiemensch, von etwas mangelnder Selbstdisziplin oft rührend hilflos-
DER KOMMERZIENRAT
Hilflos? Davon hab'ich noch nichts gemerkt.
ROBERT
Doch, oft rührend hilflos und kindlich dabei, das hat mir die Nerven gestählt. Nervosität gibt's nicht: Mangel an Selbstzucht.
DER KOMMERZIENRAT
Na, hör'n Sie - das ist stark!
ROBERT
Behaupte ich gegen jeden!
DER KAMMERSÄNGER
Ramsch!
DER KOMMERZIENRAT
Sie selbst sind allerdings ein gutes Beispiel. Ich mit einer solchen Frau sässe längst im Irrenhause!
DER JUSTIZRAT
Ich habe fünfundsechzig.
ROBERT
zum Kommerzienrat Trotz Ihres schlechten Spiels.
DER KOMMERZIENRAT
Natürlich, wenn ich an die Frau nur denke, bekomme ich das Zittern.
ROBERT
mit Wärme Und für mich ist sie grade das Richtige. Ich habe ein Talent zum Verdösen, Verbummeln; was aus mir geworden, danke ich ihr, besonders die Gesundheit! Sie hat mich aufgepulvert.
DER KOMMERZIENRAT
Aufpulvern, das kann sie! Dynamit!
ROBERT
Nur nicht übertreiben! Mir tut das gut, ich muss Leben und Temperament um mich haben. Jeder Mensch hat seine zwei Seiten, der Unterschied ist nur, dass der eine nur das Gute zeigt, das sind die Menschen mit der angenehmen Fläche. Während sie, - sie ist eine von den ganz zarten, schamhaften Naturen mit rauher Schale, ich kenne manche - es sind die Besten! Ein Igel, nach aussen mit Stacheln gepanzert - Das Dienstmädchen tritt ein und gibt Robert ein Telegramm. Zum Kammersänger Bitte, geben Sie für mich - er hat das Telegramm geöffnet und starrt es fassungslos an
DER JUSTIZRAT
Was gibt's? Doch nichts Unangenehmes? Was ist Ihnen?
ROBERT
Was soll denn das heissen?
DER JUSTIZRAT
Darf man wissen, von wem?
ROBERT
Jedenfalls von meiner Frau.
DER KOMMERZIENRAT
Sticht der Igel?
ROBERT
Ich bitte, jetzt keinen Scherz!
DER JUSTIZRAT
Doch nicht wirklich was Ernsthaftes?
ROBERT
Ich bin sprachlos. Zu Stroh Lesen Sie!
STROH
liest "Du kennst Mieze Maier. Deine Untreue erwiesen. Wir sind auf immer geschieden." Keine Unterschrift.
ROBERT
Meine Frau unterschreibt nie eine Depesche. Ist sie verrückt?
DER JUSTIZRAT
Schon lang ein wenig.
ROBERT
Nun hören Sie auf! Das ist kein Scherz mehr. Mieze Maier!
STROH
Sie kennen die auch?
ROBERT
Wer ist denn das?
STROH
Nun, so etwas'- so, so, la la.
ROBERT
Sie kennen sie?
STROH
Flüchtig
ROBERT
Aber ich habe keine Ahnung.
STROH
Das sagt ein jeder, wenn's herauskommt.
ROBERT
Ich muss schon bitten!
STROH
Entschuldigen Sie, aber ich begreife ja, dass es peinlich ist, wenn das Frauchen es erfährt.
ROBERT
Da hört sich aber doch schon die Geschichte auf... plötzlich ruhig Die Herren entschuldigen, wenn ich Sie verlasse, aber mir ist die Lust zum Spielen vergangen. Ich muss die Sache erst überdenken - die Herren sind ja zu vieren! Adieu! Schnell ab
DER KOMMERZIENRAT
Verfluchte Chose! Frau Christine wird toben!
DER KAMMERSÄNGER
Ich möchte nicht in seiner Haut stecken!
DER JUSTIZRAT
Ich habe es ihm eigentlich nicht zugetraut!
STROH
Das Muster eines Ehemanns!
DER JUSTIZRAT
Nun, er wird sich schon herauswinden!
DER KAMMERSÄNGER
"Schwach auch er, schwach alle!"
DER KOMMERZIENRAT
Wahrlich, ich sage euch: mit der Frau ist schon im Frieden nicht zu spassen, nun ein solcher Kriegsanlass, oh je, oh je, er tut mir leid!
DER KAMMERSÄNGER
"Ein Fehltritt, ist er solcher Büssung wert?"
STROH
Dass er die Mieze Maier auch kennt, das hätt' ich ihm allerdings nicht zugetraut!
DER JUSTIZRAT
Nun, wie wär's, meine Herren, spielen wir noch ein bisschen, uns von dem Schrecken zu erholen?
DER KOMMERZIENRAT
Meinen Sie nicht, man sollte sich nach dem Meister doch ein bisschen umsehn, er schien wirklich aufs tiefste erschrocken? Ich werde ihn morgen anrufen, wenn er die Sache ein bisschen beschlafen hat.
Sie setzen sich wieder zum Spiel, STROH gibt die Karten aus
DER KOMMERZIENRAT
Achtzehn!
DER JUSTIZRAT
Zwanzig!
DER KOMMERZIENRAT
Vierundzwanzig!
DER JUSTIZRAT
Ich passe!
DER KAMMERSÄNGER
Passe.
DER KOMMERZIENRAT
Ich spiele Treff solo!
Orchesternachspiel. Verwandlung.
ZWEITE SZENE
Bureau des Notars
CHRISTINE
tritt ein, feierlich ernst Guten Tag, Herr Notar.
DER NOTAR
Ah, guten Tag, gnädige Frau. Sich vom Schreibtisch erhebend Was verschafft mir die Ehre?
CHRISTINE
Ich will mich scheiden lassen.
DER NOTAR
Also doch?
CHRISTINE
Also doch - wieso?
DER NOTAR
Ach, entschuldigen Sie, meine Frau sagte mir -
CHRISTINE
Ihre Frau? Was weiss denn die?
DER NOTAR
verlegen Nun, er wohnt doch bei uns?
CHRISTINE
Wer? Mein Mann?
DER NOTAR
Nein, nein, der Herr Baron!
CHRISTINE
Reden Sie doch keinen Unsinn, von dem will ich mich doch nicht scheiden lassen.
DER NOTAR
trocken Natürlich nicht. Aber vielleicht wegen ihm.
CHRISTINE
Sie träumen wohl? Wegen meines Mannes!
DER NOTAR
Ja - ach so? Wegen Ihres Mannes? Ja, da müssen Sie schon zu einem andren Notar gehen: ich verehre Ihren Gemahl viel zu sehr -
CHRISTINE
Verehren? Ha, ha, Ihr Männer seid alle ein Gesindel, das zusammenhält.
DER NOTAR
auffahrend Da muss ich aber sehr bitten!
CHRISTINE
Ich muss bitten, dass Sie mich ruhig anhören! Ich stehe amtlich vor Ihnen!
DER NOTAR
halb lachend Gewiss, aber gerade deshalb kann ich verlangen, dass Sie mich nicht beschimpfen.
CHRISTINE
Wenn man euch die Wahrheit sagt, so ist das keine Beschimpfung.
DER NOTAR
Gut also! Lädt sie ein, sich zu setzen Fangen wir von vorne an. Sie wünschen also, von Ihrem Gatten geschieden zu werden?
CHRISTINE
Sie hören doch!
DER NOTAR
Haben Sie einen Scheidungsgrund?
CHRISTINE
hält triumphierend dem Brief hoch Kennen Sie Mieze Maier?
DER NOTAR
Wer ist das?
CHRISTINE
Der Scheidungsgrund.
DER NOTAR
Das hier?
CHRISTINE
Der Scheidungsgrund. Der von Ihnen so gerühmte Gatte ist ein Elender. Ihr Männer taugt eben alle nichts!
DER NOTAR
Ich bitte, bei der Sache zu bleiben! Sie scheinen also zu vermuten?
CHRISTINE
höhnisch Vermuten? Können Sie nicht lesen? Sie duzt ihn.
DER NOTAR
Ja, wer ist denn Mieze Maier?
CHRISTINE
Will ich gar nicht wissen. Eine Frau'nsperson, das genügt..
DER NOTAR
Ja aber, so ohne weitres -
CHRISTINE
So ohne weiteres will ich sofort geschieden sein! Ich behalte das Kind. Ich behalte das Haus, da er im Unrecht.
DER NOTAR
Das ist noch keineswegs erwiesen.
CHRISTINE
Wie?
DER NOTAR
Ja, sind Sie denn sicher, dass der Brief auch wirklich Ihrem Gatten gilt?
CHRISTINE
Natürlich, hier die genaue Adresse.
DER NOTAR
Eine Verwechslung ist ausgeschlossen?
CHRISTINE
Ausgeschlossen! Ich glaub's auch. Denn ich habe ihm nie getraut. Ich kenne doch die Männer. Woll'n Sie mich nun scheiden oder nicht?
DER NOTAR
Nein, verzeihen Sie, bevor ich Ihren Mann gesprochen, noch nicht.
CHRISTINE
Dann Adieu! Es gibt noch andere Notare. Ab
DER NOTAR
kopfschüttelnd Seltsam, sehr seltsam!
Verwandlung. Orchesterzwischenspiel.
DRITTE SZENE
Im Prater. Gewitter und Sturm
ROBERT
im Hintergrunde verzweiflungsvoll herumirrend Es ist einfach zum Rasendwerden! Ich schreibe - ich telegraphiere. Keine Antwort. Wie am Nordpol. Und ich kenne das verfluchte Weibsbild nicht einmal. Der Irrtum muss sich doch aufklären lassen. Wenn ich nur überhaupt wüsste, was vorliegt. Aber so! Wenn Christine nur eine Erklärung schickte! Der Teufel hol' diese Weiberkniffe! Wenn ich nur nach Hause könnte - aber wegen einer solchen Dummheit alles absagen und im Stiche lassen: das geht doch nicht.
STROH
hereinstürzend Meister! Meister!
ROBERT
sich umwendend Ach, Sie sind's? Was gibt's?
STROH
etwas stockend
Ich muss Ihnen ein Geständnis machen -
ROBERT
Mir?
STROH
Der Mann, an den Mieze Maier geschrieben hat -
ROBERT
sie hat geschrieben?
STROH
Ja, aber nicht an Sie, der Brief-!
ROBERT
nicht an mich -
STROH
galt -
ROBERT
galt -
STROH
jämmerlich mir!
ROBERT
Ihnen?
STROH
Trug aber Ihre Adresse.
ROBERT
in steigendem Zorn Meine Adresse? Da hört sich doch -
STROH
Ich komme soeben von ihr, mir schwante neulich schon so etwas. Die Weiber merken sich selten genau die Namen - sie hat geglaubt, ich sei der berühmte. Eine Verwechslung -
ROBERT
eine Verwechslung...
STROH
sie suchte die Wohnung im Telephonbuch
ROBERT
im Telephonbuch...
STROH
fand
ROBERT
fand?
STROH
zögernd Ihre Adresse.
ROBERT
in ausbrechender Wut Nun, da bin ich Ihnen aber schon ausserordentlich dankbar. Unerhört. Sie sind wohl auch nicht ganz schuldlos an der Verwechslung? Sie haben diesen Irrtum vielleicht stillschweigend geduldet, wenn nicht gar gepflegt? Wenn sich da etwas herausstellen sollte - brüllend Herr! Dann sollen Sie mich kennenlernen! Schlaflose Nächte! Meine arme Frau! Ich war dem Wahnsinn nahe. Meine gute Christine verflucht mich, war schon beim Notar wegen Scheidung, er hat es mir heute mitgeteilt - und sie hat ganz recht! Fasst sich plötzlich, sehr energisch Mensch, Sie haben dieses Unglück angerichtet, Sie müssen alles wieder gutmachen.
STROH
Mit tausend Freuden, ich tue alles, was Ihr befehlt, werde sofort telegraphieren.
ROBERT
Auch das, genügt aber nicht, Sie müssen zu meiner Frau fahren mit genauesten Beweisen, genauster schriftlicher Bestät'gung Ihrer saub'ren Donna! Unerhört So ein Mistvieh!
STROH
Ja, ich kann aber doch nicht fort...
ROBERT
Herr, wollen Sie oder wollen nicht?
STROH
Nun ja, wenn möglich.
ROBERT
Sie müssen! Zum Teufel, nun reisst mir die Geduld! Sie reisen heute abend oder. Sie sollen mich kennenlernen!
STROH
In Gottes Namen, es ist mir so schrecklich, dass mir das passiert!
ROBERT
Ich verdanke Ihnen die drei schlimmsten Tage meines Lebens; darauf können Sie sich was einbilden! Nun schnell aufs Telegraphenamt, dann in den Zug! Alles Weit're besorgen wir bis dahin. Den Urlaub verschaff'ich Ihnen. Schnell! Fort, fort, Gott sei Dank! Ich war nah' dem Wahnsinn! Beide schnell ab
Orchesternachspiel. Verwandlung.
VIERTE SZENE
Das Toilettenzimmer der Frau in wildester
Unordnung, offene Schränke und Schubladen, die von der Frau in ungeduldiger Hast geleert werden. Dazwischen rast sie planlos durchs Zimmer. Anna über einer Unmasse von Koffern beschäftigt
CHRISTINE
sinkt erschöpft in einen Sessel Anna! Ich hätte den Baron doch nicht dahin schicken sollen.
ANNA
Wohin, gnä' Frau?
CHRISTINE
Na, zu der Person doch nach Wien!
ANNA
Ja, aber wie wollen Sie denn sonst völlige Gewissheit haben? Gnä' Frau können sie doch nicht persönlich fragen; das ginge doch nicht.
CHRISTINE
Natürlich nicht. Auffahrend Zum Donnerwetter noch einmal. Rufend Therese, Therese, wo bleiben Sie denn?
THERESE
von aussen Ich finde die Decken nicht.
CHRISTINE
So machen Sie doch Ihre blöden Augen auf.
THERESE
Sie sind nicht da.
ANNA
Welche Decken?
CHRISTINE
Die seidnen Tischdecken.
ANNA
Aber gnä' Frau, die sind doch mit dem Eilgut schon fort!
CHRISTINE
So? Therese, es ist gut, sind schon da - das hatte ich ganz vergessen - die blöde Person müsste doch auch immer mehr in Zorn geratend statt da stundenlang - eilen Sie sich, bringen Sie mir die schwarzen Knopfstiefel. - Sich wieder auf die Schubladen stürzend Alles ausräumen, nichts da lassen, was mir gehört. Er wird ein recht wohnliches Heim vorfinden - schreiend Stehen Sie mir doch nicht immer im Weg! Wo sind denn meine Ringe? Meine Ringe! Rast herum, suchend Ich habe sie doch soeben gehabt.
ANNA
suchend Hier sind sie nicht.
CHRISTINE
So suchen Sie doch!
ANNA
Ich suche ja.
CHRISTINE
Sie haben sie mir sicher heruntergeschmissen.
ANNA
Das hätte ich ja doch gemerkt.
CHRISTINE
gereizt Sie merken nie etwas. Immer ärgerlicher Sie werden überhaupt so
faul in der letzten Zeit.
ANNA
Wenn ich gnä' Frau nicht mehr recht bin, so kann ich ja...
CHRISTINE
heftig Sofort können Sie gehn, Sie widerspenstiges Ding, das mich nur ärgert und alles mir entgegen tut. Sie sind von einer Ungezogenheit - ich weiss schon: Ihr seid alle gegen mich, haltet natürlich zu dem saubren Herrn! Gehn Sie nur, ich brauche niemand! Sucht von neuem Da habe ich die Ringe. Eingesteckt
hatt' ich sie. Matt Übrigens meinen Sie, dass der Baron die Sache herausbringen wird? Halten Sie ihn eigentlich für sehr helle?
ANNA
weinend Eigentlich nicht.
CHRISTINE
Aber das wäre doch kein grosses Kunststück -
ANNA
Gewiss nicht.
CHRISTINE
Und er ist doch mit Begeistrung gereist, kommt mal umsonst, das heisst auf meine Kosten, nach Wien.
ANNA
Haben gnä' Frau ihm eine Photographie mitgegeben?
CHRISTINE
Zu was braucht der eine Photographie von mir?
ANNA
Von dem Herrn doch!
CHRISTINE
Ja - nein -
ANNA
Wie soll denn da festgestellt werden,
CHRISTINE
begreifend Ei ja!
ANNA
ob die Person den Herrn wirklich kennt?
CHRISTINE
Herrgott, das ist wahr! Aber warum ha'm Sie das nicht früher gesagt?
ANNA
Gnä' Frau haben mich ja nicht gefragt.
CHRISTINE
Aber der Trottel...
ANNA
Natürlich -
CHRISTINE
...hätte doch daran denken sollen.
ANNA
Wie kann er denn nun?
CHRISTINE
Kann ich nicht meinem Mann depeschieren? er soll selbst mit dem Baron hingehn?
ANNA
entsetzt Aber gnä' Frau!
CHRISTINE
Und seine Identität feststellen lassen?
ANNA
Aber gnä' Frau, das können Sie doch dem Herrn nicht zumuten?
CHRISTINE
ausbrechend Diesem treulosen Betrüger, der immer depeschiert, er wisse von gar nichts, schwächer so dass ich schon fast anfange, es zu glauben. Sich aufraffend Wenn er unschuldig ist, muss er doch froh sein, sein Alibi, oder wie man das Ding da nennt, beweisen zu können!
THERESE
tritt ein Ein Telegramm, gnädige Frau!
CHRISTINE
Schon wieder. Das ist, glaube ich, das zehnte, ich mache sie schon gar nicht mehr auf.
ANNA
Vielleicht doch.
CHRISTINE
Das sagen Sie jedes Mal. Uneröffnet zurück!
ANNA
Bitte gnä' Frau, dies eine noch; ich habe noch immer Hoffnung: Es könnte...
CHRISTINE
Also meinetwegen, dann Schluß! Lesen Sie, ich mag meine Hände mit dem unsauberen nicht beschmutzen!
ANNA
liest "Unselige Verwechslung mit Kollegen Stroh, trifft morgen selbst bei dir ein, alles mit Beweisen berichtigen. Dein unschuldiger, höchst vergnügter Robert."
CHRISTINE
Was? Geben Sie her! überliest Telegramm nochmal,einzelne Worte halblaut Glauben Sie,daß das wahr ist? Wer weiß was für einen Schwindel die beiden zusammen da ausgeheckt haben. Er will rein waschen, der andre nimmt's auf sich. Na hoffentlich ist der Baron gescheit und läßt sich nichts weismachen. liest noch einmal "Unselige Verwechslung" Stroh - Stroh - Anna, halten Sie das möglich? "Beweise" trifft morgen selbst bei dir ein -"Dein unschuldiger" Anna, wollen Sie wirklich gehn?
ANNA
noch immer weinend Gnä' Frau können mich ja doch nicht gebrauchen.
CHRISTINE
Dumm sind Sie nicht, aber frech!
THRESE
tritt ein. Herr Kapellmeister Stroh läßt sich melden.
CHRISTINE
Was! Ist der Kerl wirklich schon da?
ANNA
Wahrscheinlich direkt mit dem Nachtzug.
CHRISTINE
wütend Ich will ihn nicht sehn. Er lügt mich auch an. Die ganze Bande ist eine Horde von Betrügern! sie rast planlos herum. Sagen Sie ihm, er soll sich zum Teufel scheren -
ANNA
Wenn er aber wirklich Aufklärung bringt, mit Beweisen - es wäre doch möglich - Wollen gnä' Frau ihn nicht wenigstens anhör'n? Sie können ja nachher immer noch beschließen!
CHRISTINE
Gut. Also herein mit dem Schubiak! Er soll im Herrnzimmer warten, ich komme gleich.
FÜNFTE SZENE
Das Esszimmer, festlich geschmückt. ANNA noch am Esstisch beschäftigt.
CHRISTINE
stürzt herein Er kommt! Herrgott, wie ich mich freue. Zu Anna Ist der Frühstückstisch schon fertig? So? Schön! Hoffentlich ist der Kuchen nicht spintig? Hinausrufend Therese! Wann kommt der Zug?
Schon da? Da kann er jede Minute hier sein!
THERESE
stürzt herein Der gnädige Herr! Ab
CHRISTINE
will ihm entgegeneilen, plötzlich fasst sie sich Nein, nein! Nicht so entgegenkommend! Er soll nur hereintanzen! Ich habe mich genug geärgert!
ROBERT
stürzt herein Christinerl! Christinerl! Da bin ich! Will sie umarmen, sie weicht zurück und reicht ihm nur die Hand
CHRISTINE
abwehrend Nur nicht so hitzig! Du denkst wohl, es sei alles in Ordnung?
ROBERT
Aber natürlich! Gott sei Lob und Dank! Was habe ich ausgestanden! Diese drei Tage -
CHRISTINE
Du ausgestanden? Von meinen Seelenschmerzen, meiner Kränkung redest du nicht?
ROBERT
Doch ich begreife, dass du wütend warst!
CHRISTINE
Wütend? Ich war gar nicht wütend. Es war eben alles ausgestorben. Die Ehre, auf dich wütend zu sein, werde ich dir nicht antun.
ROBERT
ohne ihre Bemerkung zu beachten, vergnügt Das ist nun alles glücklich vorbei - da hast du deinen verlor'nen Mann: betont den Ungetreuen! Na, Christine? Was ist denn?
CHRISTINE
sehr betont Du scheinst das nicht sehr ernst genommen zu haben.
ROBERT
Doch - drei Tage lang verflucht ernst. Aber nachdem sich die Tragödie in eine Burleske verwandelt hat -
CHRISTINE
komisch ernst Ich finde gar nichts Spassiges dabei.
ROBERT
Erlaube -
CHRISTINE
immer feierlicher Du musst mir schon einige Zeit lassen, mich mit der bitt'ren Enttäuschung abzufinden.
ROBERT
Ich soll wohl um Verzeihung bitten?
CHRISTINE
Verzeihung? Was ich gelitten, wird dadurch nicht ausgelöscht.
ROBERT
Aber doch nicht durch meine Schuld.
CHRISTINE
Vielleicht meine?
ROBERT
Natürlich. Dieses unüberlegt hitzige Köpfchen -
CHRISTINE
Ich? Das ist unerhört!
ROBERT
Na, ich keinesfalls!
CHRISTINE
Wer denn?
ROBERT
Du weisst, dass ich ganz schuldlos bin.
CHRISTINE
Das weiss ich nicht.
ROBERT
Die Beweise genügen dir nicht?
CHRISTINE
Für diesen besonderen Fall vielleicht... aber man weiss doch nicht...
ROBERT
Du könntest wissen!
CHRISTINE
Gar nichts weiss ich! Ich habe jetzt gesehn, was alles passieren kann!
ROBERT
heiter und behaglich Aber es ist doch nichts geschehn.
CHRISTINE
Meine Leiden, meine Seelenqualen
ROBERT
hättest du dir grösstenteils ersparen können, wenn du besonnener zu Werke gegangen wärst. Statt dessen zwei völlig unverständliche, unbeantwortbare Telegramme an mich, die mich dem Wahnsinn nah brachten. Du warst beim Notar wegen Scheidung?
CHRISTINE
Du weisst?
ROBERT
Er hat mir telegraphiert.
CHRISTINE
Gemeinheit. Kennt der Kerl kein Amtsgeheimnis? Schöner Notar!
ROBERT
Ja, der hat eine bessere Meinung von mir als meine eigene Frau.
CHRISTINE
wütend Ihr steckt alle unter einer Decke!
ROBERT
Also kurz und gut: es war die schlimmste Zeit meines ganzen Lebens! Drei Nächte kein Auge zu.
CHRISTINE
Ich auch nicht.
ROBERT
Meine ganze Tätigkeit unterbrochen.
CHRISTINE
höhnisch Das schadet dir schon!
ROBERT
Hättest du lieber ordentliche Erkundigungen eingezogen!
CHRISTINE
triumphierend Habe ich! Sind noch gar nicht abgeschlossen!
ROBERT
Was?
CHRISTINE
Deinem saubren Kollegen traue ich nicht. Wer weiss, welches Komplott?
ROBERT
allmählich ärgerlich Nun wird mir's aber zu dumm! Ich gutmüt'ger Narre reise eigens nach Hause, dir alles zu vergeben -
CHRISTINE
Du mir?
ROBERT
Ich dir, jawohl! Und du machst mir noch eine Szene, anstatt mir reumütig um den Hals zu fallen!
CHRISTINE
immer zorniger Reumütig? Ich bedaure nur, dass ich dich geheiratet habe, dass ich ausser sich überhaupt geheiratet habe!
ROBERT
Zum Teufel! Da hört sich aber doch alles auf!
CHRISTINE
Es hört auch auf. Ich lasse mich erst recht scheiden! Ich will nicht mehr bei dir bleiben! Ich will von den Männern überhaupt nichts wissen! Ich war an deiner Seite immer unglücklich. Du hast mich nie gewürdigt, nie verstanden, immer vernachlässigt! Ich mag nicht mehr deine Haushälterin sein! Du kannst sofort zu deinem Freunde Notar und die Scheidung beantragen!
ROBERT
wütend Nun ist's genug! Das kannst du selber tun! Kreuzelement! Ich habe genug von dieser Komödie!läuft ab
CHRISTINE
ziemlich überrascht über diesen heftigen
Wutausbruch Ich hab's gewusst, dass es einmal so enden wird! Besser heut als morgen!
SECHSTE SZENE
BARON LUMMER
tritt schnell ein Da bin ich, gnäd'ge Frau!
CHRISTINE
sehr kühl Nun? Was haben Sie ausgerichtet?
BARON LUMMER
Nicht viel. Ich hatte keine Photographie Ihres Gatten.
CHRISTINE
Allerdings. Die hatten Sie vergessen. Konnten Sie aber in jeder Buchhandlung kaufen.
BARON LUMMER
Daran habe ich nicht gedacht.
CHRISTINE
Nun - und?
BARON LUMMER
Also ich war bei der Dame.
CHRISTINE
spöttisch Dame?
BARON LUMMER
Nun ja, wie Sie es nennen wollen.. sie kennt den Herrn Hofkapellmeister Storch sehr gut.
CHRISTINE
Ach, sie kennt ihn? Was Sie sagen! Das weiss ich längst
BARON LUMMER
verblüfft Sie wissen?
CHRISTINE
Ja, aber Sie wissen nicht, ob der Herr Hofkapellmeister Storch wirklich mein Mann war!
BARON LUMMER
macht ein immer dümmeres Gesicht Ja gibt's denn noch?
CHRISTINE
immer höhnischer Ja, es gibt noch...
BARON LUMMER
einen andern -
CHRISTINE
einen andern - aber der heisst Stroh!
BARON LUMMER
Eine Verwechslung? Und der?
CHRISTINE
nickt stolz Der hat die Suppe eingebrockt.
BARON LUMMER
sehr dämlich Ach, ich verstehe.
CHRISTINE
Verstehn Sie endlich, Herr Baron? Jedenfalls danke ich Ihnen für Ihre Bemühungen; spitzig wenn ich auch gestehen muss, dass Sie sich zum Detektiv nicht besonders eignen. Für heute so viel, dass alles aufgeklärt ist,
BARON LUMMER
aufgeklärt?
CHRISTINE
sehr betont dass alles aufgeklärt ist.
BARON LUMMER
Ach so!
CHRISTINE
Dass mein Mann hier ist. Baron zuckt zusammen
CHRISTINE
Soeben noch wie Sie von der Reise
BARON LUMMER
zurückgekehrt?
CHRISTINE
Vielleicht kommen Sie zu geleg'ner Stunde wieder? Ich mache Sie mit meinem Mann bekannt, der, wie ich Sie versichern kann, vollkommen, vollkommen unschuldig ist, wie ich es ja auch gar nicht anders erwartet habe.
BARON LUMMER
Ja, ja, dann empfehl' ich mich für heute.
CHRISTINE
Auf Wiedersehen, mein lieber Herr Baron!
Baron nach flüchtigem Handkuss ab
ROBERT
eintretend Wer war denn das?
CHRISTINE
etwas verlegen Das, das war der junge Herr Baron, von dem ich dir schrieb...
ROBERT
trocken Ja, ja, der Notar schrieb mir auch: er ist eigentlich der Hauptgrund, dass ich heimkam.
CHRISTINE
auffahrend Du glaubst doch nicht?
ROBERT
Nein, aber ich dachte, es ist nicht gut, dass die Frau allein sei, wenigstens nicht gar zu lang.
CHRISTINE
Das ist schändlich von dir! Ich versichere dich.
ROBERT
Gar nicht nötig. Ich kenne meine liebe Frau viel zu gut, um nicht genau zu wissen... Aber es ist auch nicht nötig, dass die Leute auch nur von so was reden, vermuten, Glossen machen, und du weisst, wie gerade in deinen Kreisen der Klatsch blüht.
CHRISTINE
Ich denke, ich wäre doch...
ROBERT
Du bist's!
CHRISTINE
Du weisst, ich war niemals...
ROBERT
Niemals!
CHRISTINE
Sei versichert, ich werde immer
ROBERT
Immer. Nun lass uns Frieden schliessen ein für allemal.
CHRISTINE
Warst du sehr böse auf mich?
ROBERT
Das glaube ich, und du?
CHRISTINE
Alles war ausgelöscht, erstorben.
ROBERT
Du hattest dir wohl die Trennung schon in allen Farben ausgemalt?
CHRISTINE
Das eigentlich nicht. Ich war viel zu wütend auf dich!
ROBERT
Aber ich lebte bereits drei Tage in allen Schrecken des Junggesellendaseins, die meine Phantasie mir nur ersinnen konnte. Wer sollte das Kind behalten?
CHRISTINE
Ich, natürlich!
ROBERT
Wer das Landhaus?
CHRISTINE
Ich, natürlich!
ROBERT
Für mich wäre da wohl nicht viel übriggeblieben?
CHRISTINE
Du warst ja auch der schuldige Teil!
ROBERT
leichthin Und der junge, schöne, flotte Edelmann?
CHRISTINE
Ich bitte dich, rede jetzt in diesem feierlichen Augenblick nicht von dem!
ROBERT
Doch reden wir! Er war wohl sehr nett?
CHRISTINE
Ach Gott! Harmlos, gefällig...stockt
ROBERT
Hatte immer Zeit!
CHRISTINE
Allerdings!
ROBERT
Famos in allen Dingen des Sports?
CHRISTINE
Sehr.
ROBERT
Vornehme Familie? Guter Gesellschafter?
CHRISTINE
Na, eigentlich nicht -- ein bisschen langweilig.
ROBERT
Hattest du Sympathie für ihn?
CHRISTINE
Ja, ein wenig Sympathie, bis - bis -
ROBERT
bis...?
CHRISTINE
Bis er mich um tausend Mark gebeten hat.
ROBERT
Was? Lacht Ha ha ha ha, ha ha ha ha - Ich ahne... Armes Christinchen, das nenn' ich ein Malheur!
CHRISTINE
sehr schüchtern Er ist sicher kein Gauner, nur vielleicht ein bisschen leichtsinnig und naiv ich hab's ihm auch gleich abgeschlagen.
ROBERT
Nun, dann ist ja alles gut! Da er nett zu dir war - er war doch nett?
CHRISTINE
mutiger Sehr nett und liebenswürdig, bis...
ROBERT
Nun ja, bis... Also höre: betont weil er zu meiner lieben Frau nett war, werde ich für ihn sorgen, in jeder Form, die du wünschest, ihn unterstützen...
CHRISTINE
etwas weinerlich Ich wünsche ja nichts!
ROBERT
Nun wir werden sehen - reden wir nun heute nicht mehr davon! Gutmütig war er, sagst du? Da habt ihr euch wohl nie gestritten?
CHRISTINE
Nein, zum Streiten war er nicht zu gebrauchen, dazu war er zu blöd und schüchtern...
ROBERT
Schüchtern? Na?
CHRISTINE
Doch, er war eher schüchtern - sicher!
ROBERT
Zum Streiten taugen also wohl nur Ehemänner?
CHRISTINE
Nun ja, Menschen, die man genau kennt, sonst hat man ja keinen int'ressanten Stoff: es macht auch gar keinen Spass!
ROBERT
Na, für den Spass danke ich schon.
CHRISTINE
Aber ich kann doch nicht immer deiner Meinung sein. Wo bliebe mein Stolz, meine Selbstachtung?
ROBERT
Die sollst du immer behalten als schönste Zierde. Ich bin zufrieden, wenn du mir nur in ganz unzweifelhaften Streitpunkten hie und da -
CHRISTINE
einfallend Ich werde dir nie mehr widersprechen, ich will dich auf Händen tragen, dir jeden Willen, jeden erfüllen! Ich habe jetzt erst gesehn, wie schrecklich es gewesen wäre, dich zu verlieren, ich glaube, ich hätte nicht weiter leben können.
ROBERT
Doch - doch - schon des Kindes wegen! Denk doch: das Kind!
CHRISTINE
Das hättest doch du bekommen.
ROBERT
Wenn ich aber der schuld'ge Teil war?
CHRISTINE
Auch dann! Wer konnte das Kind so erziehen wie du? Heute hab' ich es so recht erst erkannt! Wie du so böse warst, da zog ein Schauder mir durch den Leib; schön - schön direkt warst du in deinem Zorn.
ROBERT
Na, na, nur nicht wieder übertreiben!
Umarmung
CHRISTINE
Du bist mein schöner, reiner, prachtvoller Mann! Ich liebe dich allein und immer und ewig.
ROBERT
Um das noch einmal so zuhören, breit dafür hätte ich gerne noch mehr ausgestanden!
CHRISTINE
Verzeihung für alles!
ROBERT
Für gar nichts! Du hast mir ja so leid getan!
CHRISTINE
Gelt, mein lieber Robert, das nennt man doch wahrhaftig eine glückliche Ehe?