VIERZEHNTER AUFTRITT
Rosalinde. Später Alfred.
ROSALINDE
allein
Er weint und tanzt zugleich. Wie leichtsinnig doch diese Männer sind! Er wird sich schnell zu trösten wissen, während ich arme Frau einsam und verlassen um ihn traure, bis ... der andere kommt! Nein, der andere darf nicht kommen; ich gehe hinunter und lasse alle Türen schliessen.
geht gegen die Tür
Ja, ich sperre zu!
kehrt langsam wieder um
Ich kann nicht, ich darf aber auch nicht! Ich habe geschworen, und was man geschworen hat, muss man halten, sonst ist man verloren.
horcht gegen die Tür
Man kommt; er ist's!
setzt sich
Er wird mich trösten wollen, da wird er sich aber irren. Ich bleibe untröstlich!
ALFRED
in der Tür
Er brummt!
ROSALINDE
mit einem Seufzer
Er brummt!
ALFRED
bemerkt den Wein auf dem Tisch
Sie haben, wie ich sehe, schon dafür gesorgt, mich gastlich zu empfangen. Danke für die freundliche Aufmerksamkeit!
füllt ein Glas
ROSALINDE
pikiert
Machen Sie keine Umstände, bitte!
ALFRED
Sie haben recht. Da sind ja auch die Attribute des legitimen Hausherrn: Schlafrock und Kappe! Wohlan, ich will mich auf einen Augenblick in mein verlorenes Paradies zurückträumen. Ich will mir einbilden, Ihr Gemahl zu sein.
zieht seinen Rock aus und bekleidet sich mit Schlafrock und Kappe
ROSALINDE
Mein Gott, was tun Sie denn?
ALFRED
Kommod mach ich mir's!
isst und trinkt
Hast du keinen Appetit, liebes Weibchen?
ROSALINDE
Das ist doch zu arg!
ALFRED
Morgen früh keinen Kaffee, liebe Alte! Ich bitte um ein russisches Frühstück: Kaviar, Roastbeef, Heringssalat ...
ROSALINDE
Zum Frühstück! Er wird doch nicht ...
ALFRED
Und Rostopschin ... ich liebe starke Getränke!
ROSALINDE
mit aufgehobenen Händen
Ich bitte, ich beschwöre Sie, verlassen Sie mich jetzt! Ich habe Sie empfangen, um meinen Schwur zu halten. Doch nun genug! Sie werden durch Fortsetzung dieses Scherzes nicht diejenige kompromittieren wollen, die Ihnen einst teuer war.
ALFRED
Kompromittieren will ich Sie nicht, aber Ihren Wein will ich auch nicht stehen lassen. Also trinken wir
einschenkend
und singen wir dazu!
ROSALINDE
Nein, nicht singen; nur nicht singen!!
ALFRED
Ei, warum denn nicht? Sie haben doch einst meinen Tenor so gern gehört!
ROSALINDE
Ach, das ist's ja eben! Nur zu gerne!
ALFRED
schenkt ein und trinkt
Frisch gesungen!
Nr. 5 - Finale
Trinklied
ALFRED
Trinke, Liebchen, trinke schnell,
Trinken macht die Augen hell.
Sind die schönen Äuglein klar,
Siehst du alles licht und wahr.
Siehst, wie heisse Lieb' ein Traum,
Der uns äffet sehr,
Siehst, wie ew'ge Treue Schaum -
So was gibt's nicht mehr!
Flieht auch manche Illusion,
Die dir einst dein Herz erfreut,
Gibt der Wein dir Tröstung schon
Durch Vergessenheit.
Glücklich ist, wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist!
Sing, sing, sing, trink mit mir,
Sing mit mir - Lalalala!
ROSALINDE
Ach, was tut man hier?
BEIDE
Glücklich ist, wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist!
ROSALINDE
Er geht nicht von hinnen,
Schläft hier wohl noch ein.
Was soll ich beginnen?
ALFRED
Stoss an!
ROSALINDE
Nein, nein!
ALFRED
Ach!
Trinke, Liebchen, trinke schnell,
Trinken macht die Augen hell.
Mach doch nur kein bös Gesicht,
Sei hübsch lustig, grolle nicht!
Brachst du einmal auch die Treu,
Das sei dir verziehn.
Schwöre wieder mir aufs neu,
Und ich glaub dir kühn!
Glücklich macht uns Illusion,
Ist auch kurz die ganze Freud.
Sei getrost, ich glaub dir schon
Und bin glücklich heut!
ROSALINDE
Ach!
BEIDE
Glücklich ist, wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist!
ROSALINDE
spricht
Ich höre Stimmen;
man spricht unten
Weh mir!
zu Alfred
Hören Sie, man kommt die Treppe herauf!
ALFRED
Das geniert mich nicht!
ROSALINDE
Himmel, welche Lage!
FÜNFZEHNTER AUFTRITT
Rosalinde. Alfred. Frank. Amtsdiener.
FRANK
öffnet die Tür, zum Amtsdiener
Bleibt nur noch vorläufig draussen!
tritt ein
Erschrecken Sie nicht, gnädige Frau, ich bin Gefängnisdirektor Frank und kann mir das Vergnügen nicht versagen, Ihren renitenten Herrn Gemahl persönlich in sein Stilleben zu geleiten.
ROSALINDE
Aber mein Gemahl ist ja ...
ALFRED
singt
Trinke, Liebchen, trinke schnell,
Trinken macht die Augen hell!
ROSALINDE
spricht leise zu Alfred
So schweigen Sie doch, wir sind nicht allein!
ALFRED
Das geniert mich nicht!
singt
Kling, kling, sing, sing,
Trink mit mir, sing mit mir!
FRANK¨
spricht
Mein Wagen wartet unten. Ich hoffe, Sie werden keinen Widerstand leisten ...
ALFRED
singt
Nein! - Glücklich ist, wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist!
FRANK
spricht
Hahaha! Ganz recht! Ich sehe, Sie fassen die Sache von der humoristischen Seite auf.
ALFRED
bietet Frank ein Glas, singt
Trink mit mir! Sing mit mir! Sing!
FRANK
spricht
Meinetwegen, hahaha!
ALFRED, FRANK
singen
Glücklich ist, wer vergisst,
Was nicht mehr zu ändern ist!
FRANK
Sie sehn, ich kann auch gemütlich sein,
Nun kommen Sie, mein Herr von Eisenstein!
ROSALINDE
Was soll ich tun? O welche Pein!
ALFRED
Ich bin nicht Herr von Eisenstein,
Bin nicht der, den Sie suchen!
FRANK
Sie sind es nicht?
ALFRED
Zum Wetter, nein!
FRANK
Nur Ruhe, nicht gleich fluchen!
ROSALINDE
leise zu Alfred
Sie müssen jetzt mein Gatte sein!
FRANK
für sich
Sollt ich hier hintergangen sein?
Couplet
ROSALINDE
Mein Herr, was dächten Sie von mir,
Säss' ich mit einem Fremden hier?
Das wär' doch sonderbar!
Mit solchen Zweifeln treten ja
Sie wahrlich meiner Ehr zu nah,
Beleid'gen mich fürwahr!
Spricht denn diese Situation
Hier nicht klar und deutlich schon?
Mit mir so spät im Tête-à-tête
Ganz traulich und allein,
In dem Kostüm, so ganz intim,
Kann nur allein der Gatte sein.
ALLE DREI
Mit ihr (mir) so spät im Tête-à-tête
Ganz traulich und allein,
In dem Kostüm, so ganz intim,
Kann nur allein der Gatte sein.
ROSALINDE
Gleich einem Pascha fanden Sie
Ihn mir im Schlafrock vis-à-vis,
Die Mütze auf dem Haupt.
Dass man bei solchem Bilde noch
Ein wenig zweifeln könnte doch,
Das hätt' ich nie geglaubt.
Sehen Sie doch, wie er gähnt,
Wie er sich nach Ruhe sehnt!
Im Tête-à-tête mit mir so spät
Schlief er beinah schon ein.
So ennuyiert und so blasiert
Kann nur allein ein Ehmann sein!
ALLE DREI
Im Tête-à-tête mit ihr (mir) so spät
Schlief er beinah schon ein.
So ennuyiert und so blasiert
Kann nur allein der Ehmann sein!
FRANK
Nein, nein, ich zweifle gar nicht mehr,
Doch da ich fort nun muss,
So geben Sie, ich bitte sehr,
Sich schnell den Abschiedskuss.
ROSALINDE
Den Abschiedskuss?
ALFRED
Den Abschiedskuss!
FRANK
Den Abschiedskuss ...
ROSALINDE
Nun denn, wenn es sein muss ...
Da haben Sie den Kuss!
ALFRED
während Frank sich abgewendet hat
Soll ich schon brummen müssen
Für Ihren werten Herrn Gemahl,
Kann ich für ihn auch küssen -
Komm, Weibchen, küss mich noch einmal!
FRANK
wendet sich
Mein Herr, ich bin etwas pressiert,
Da heut ich selbst noch invitiert,
Drum lassen Sie uns gehn,
Ja, lassen endlich Sie uns gehn!
ROSALINDE
leise zu Alfred
Sie finden gewiss dort meinen Gemahl.
ALFRED
Wir brummen vielleicht in demselben Lokal.
ROSALINDE
Oh, schonen Sie mich!
ALFRED
Ganz sicherlich!
FRANK
nachdem er sich mit dem Amtsdiener verständigt
Folgen Sie nun schnell, der Wagen ist zur Stell',
Drum fort, drum fort nur schnell!
Mein schönes, grosses Vogelhaus,
Es ist ganz nahe hier.
Viel Vögel flattern ein und aus,
Bekommen Freiquartier.
Drum lad ich Sie ganz höflich ein,
Verehrtester, ich bitt,
Dort auch mein werter Gast zu sein,
Verehrtester, ich bitt,
Spazieren S' gefälligst mit!
ALFRED
Wenn es sein muss, so will ich gehn.
ROSALINDE
Doch schweigen Sie!
ALFRED
Es soll geschehn!
FRANK
Nur fort, schnell fort!
ALFRED
Gleich will ich mich bequemen,
Doch erst noch Abschied nehmen!
ROSALINDE
Genug, mein Herr, es ist schon gut!
ALFRED
Ein Küsschen noch, dann hab ich Mut!
ROSALINDE
Nein, nein, genug; wir müssen scheiden!
ALFRED
Ein Küsschen gibt Trost mir im Leiden!
FRANK
Mein Herr, genug der Zärtlichkeit,
Wir kommen nicht zu Ende heut,
Genug, es ist jetzt Zeit!
ALLE DREI
Sein (Mein) schönes, grosses Vogelhaus,
Es ist ganz nahe hier.
Viel Vögel flattern ein und aus,
Bekommen Freiquartier.
Er ladet Sie (Er ladet mich) ganz höflich ein,
(Drum lad ich Sie ganz höflich ein,)
Dort auch sein (mein) Gast zu sein!
ROSALINDE
Drum bitt ich, fügen Sie sich drein,
Es muss ja leider sein!
Ach ja, leider muss es sein!
ALFRED
Ich füge vorderhand mich drein,
Das wird das beste sein,
Das wird wohl vorderhand das allerbeste sein!
FRANK
Ich bitte, fügen Sie sich drein,
Das wird das beste sein,
Es muss geschieden sein!
ROSALINDE
Nun wohlan, das Schicksal will,
Dass heut allein ich soll soupieren.
Ja, ich füge willig mich darein.
Warum soll man noch vergeblich
Streiten hier und lamentieren?
Fort, nur fort, es muss, es muss ja sein!
ALFRED
Ach, wie gern möcht ich mit Ihnen hier soupieren,
Aber wie ich sehe, soll's nicht sein.
Ach, das Schicksal will mich grausam schon von hinnen führen,
Fort denn, fort, es muss ja sein!
FRANK
Kommen Sie, ich selbst will heute auch soupieren,
Fügen Sie sich endlich doch darein.
Lassen ohne Umständ' Sie sich arretieren,
Fort nur, fort, es muss ja sein!
Alfred entwischt mehrfach den Händen Franks und des Amtsdieners und umarmt Rosalinde. Schliesslich wird er fortgeführt, während Rosalinde in seinen Sessel sinkt.