ERSTER AKT
Das Innere eines Teehauses. Im Hintergrund ein Vorhang, der drei goldene Käfige verdeckt. Tong, der Besitzer des Teehauses, ein fetter Eunuch, watschelt hinter dem Paravent hervor
ERSTES BILD
TONG
Ich bitte untertänigst, mich vorstellen zu dürfen. Mein Name ist Tong. Das klingt, wie wenn man leise ein verstimmtes Gong anschlägt. Ich bin der Besitzer dieses zwar bescheiden anmutenden, aber erstklassigen Etablissements.
Mit der Polizei bin ich im besten Einvernehmen. Der Herr Polizeipräsident lässt sich zuweilen herab, mich zu beehren. Übrigens gewähre ich nur Damen von bestem Leumund Unterkunft. -
Hören Sie die Musik? Meine drei Damen spielen die Serenade des Frühlings.
Er zieht die Vorhänge im Hintergrund zurück. In den drei Käfigen sitzen drei schöne Mädchen und spielen die Instrumente. Ein vierter Käfig ist leer. Die eine singt:
EIN MÄDCHEN
Allen Männern zu gefallen
Bin in Taumel ich und Tand.
Wenn sie ihre Wünsche lallen,
Sitz ich in mich abgewandt.
Geben Gold und geben Speise,
Keiner gab ein gutes Wort.
Und so wein' ich wild und leise
Meine süsse Sehnsucht fort.
Gestern trieb nun das Gelüste
Einen Jüngling zu mir her,
Der mich auf die Stirne küsste
Ach, ich sehe ihn nicht mehr.
TONG
Zieht die Vorhänge zu, nachdem er ein Gong angeschlagen hat
Wissen Sie, woran das Gong mich immer erinnert? An eine Hinrichtung. Ich war in meinem früheren Beruf, Sie werden es mir kaum glauben, ich war früher Henker. Damals habe ich den Männern den Kopf abgeschlagen, jetzt verdrehe ich ihnen nur den Kopf mit Hilfe meiner Blumenmädchen. Um nicht selber in Versuchung zu fallen und mein Geschäft durch unschickliche Handlungen zu stören und zu beeinträchtigen, beispielsweise etwa die Eifersucht meiner Herren Klienten zu erregen, habe ich freiwillig auf die Attribute der Männlichkeit verzichtet. Ich habe mich seinerzeit einer kleinen Operation unterzogen, so stehe ich zwischen Mann und Weib, keines von beiden, und also zur Mittlertätigkeit berufen und auserwählt.–
Meine Schwester naht, die Dämmerung, die gewiegte Kupplerin von altersher. Ich höre Schritte die Gasse herauf.
Hinter dem Paravent hervor treten Frau Tschang und Haitang, ihre Tochter; beide in Trauer
HAITANG
Mein Name ist Haitang. Ich bin die Tochter dieser ehrwürd'gen Dame, Frau Tschang geheissen. Ich bin sechzehn Jahre alt, sechzehn Jahre jung. Ich hab' viel erlitten, ich werde noch mehr erleiden. Viel Schmerz, ein wenig Glück. Rote Albendwolken nach einem düsteren Gewittertag. Es ist das Leben.
TONG
Darf ich, ohne vorlaut zu erscheinen, meine Verwunderung und mein tiefes Bedauern bezeugen, die Damen in Trauerkleidung dies Haus der Freude betreten zu sehen? Ist kürzlich ein Todesfall in Ihrer Verwandtschaft vorgefallen, so bitte ich, mein Beileid entgegennehmen zu wollen.
HAITANG
Es ist kaum eine Stunde her, dass wir den ehrwürdigen Herrn Tschang, Seidenraupenzüchter und Gemüsegärtner seines Zeichens, den Gatten dieser Dame und meinen Vater, in die Erde senkten. Ich hab' mit meinen eigenen Händen die Erde aufgerissen und über dem Sarge wieder zugeworfen. Denn wir hatten kein Geld, den Totengräber zu bezahlen.
Frau Tschang schluchzt
Ich habe ihn geliebt. Und liebe ihn nur um so inniger, da er nun bei den Ahnen weilt, und seinem teuren Gedächtnis ich morgens und abends Räucherkerzen entzünden werde.
TONG
Gestatten Sie mir die etwas dreiste Frage: wie ist der Tod Ihres geehrten Herrn Vaters so plötzlich eingetreten?
Haitang senkt das Haupt
FRAU TSCHANG
Das Rad des Unglücks ist über uns dahingerollt. Mein treuergeb'ner Gatte hat seinem armseligen Leben, das nur wie ein altes Kleid noch an ihm hing, selbstherrlich ein Ende gemacht.
Haitang verbirgt ihr Haupt in den Falten ihres Ärmels
TONG
Die Dämonen der Unterwelt mögen ihm gewogen sein, und der Herr der ewigen Nacht ihm ein mildes Urteil sprechen. - Darf man sich nach dem Grund seiner plötzlichen Abreise in die unteren Bezirke erkundigen?
HAITANG
Der Mandarin und Steuerpächter Ma hat uns um Geld und Gut gebracht. Vorgestern war die Steuer fällig, wir hatten an Wert nichts zu eigen als einen Sarg, der schon seit Jahren dem ersten Mitglied unserer Familie, das sterben werde, bestimmt war. Herr Ma schämte sich nicht, diesen Sarg durch den Gerichtsvollzieher beschlagnahmen zu lassen. Da ging mein Vater vor das Haus des Mandarinen und erhängte sich an einem Türpfosten.
FRAU TSCHANG
Das Volk hat ihm mit Steinen das Fenster eingeworfen. Die Rache der Geister wird ihn treffen. Durch alle seine Träume wird der Erhängte wandeln, bleich, die blaue Zunge wird ihm aus dem Munde hängen. Ein Wolf wird sein Blut trinken, tausend Wespen werden seine Augen stechen, dass er erblindet.
TONG
Die Dämonen des Südens mögen mich vor den Anschlägen der Dämonen des Nordens bewahren.
Leise Musik ertönt wieder
HAITANG
Wer ist die Ursache dieser schönen Musik? Meine Trauer beginnt in diesen Tönen zu schweben wie ein Schmetterling in der Luft.
TONG
Es sind die Bewohnerinnen dieses Hauses, die Töchter der Freude, die diese Melodien hervorlocken.
FRAU TSCHANG
Darum kam ich her, hochwohlgelborener Herr Tong, Sie zu bitten, meine Tochter Haitang als Tochter der Freude in Ihr achtbares und geachtetes Haus aufzunehmen. Herr Tong, wir sind völlig ruiniert. Wovon sollen wir leben? Wir müssten verhungern.
weinend
Ich bin gezwungen, meine Tochter zu verkaufen.
HAITANG
Ich spiele die Laute, die Flöte und das Instrument Kin. Ich vermag die zierlichsten Glückwunschkarten zum Neujahr und zum Geburtstag zu malen. Ich tanze und singe. Soll ich Ihnen vortanzen?
FRAU TSCHANG
Tanze, mein Kind, damit Herr Tong deine Talente schätzen lernt.
Haitang tanzt einige Takte
TONG
Vortrefflich, ausgezeichnet, ein fast dramatisches Talent.
Haitang bricht zusammen und bleibt am Boden liegen
Was ist der Preis, den Sie für das Fräulein fordern?
FRAU TSCHANG
Hundert Taels in Gold.
TONG
Hm, das ist eine immerhin bedeutende Summe, auch für ein so wohlsituiertes Unternehmen wie das meine, verehrte Frau Tschang. Das Fräulein Tochter ist schön, daran ist kein Zweifel, aber wenn meine alten Augen mich nicht täuschen, so hat sie im Nacken einen kleinen, störenden Leberfleck.
FRAU TSCHANG
Neunzig Taels!
TONG
Sie ist zwar klug und wohlgebildet, versteht zu tanzen, aber ihr Tanz war mir zu melancholisch - es fehlt die leicht schwebende Lustigkeit, die die Männer fortreisst.
FRAU TSCHANG
Sie ist noch unberührt.
TONG
Noch unberührt? Nun, sagen wir achtzig Taels. Soll der Handel gelten?
FRAU TSCHANG
Er gilt.
TONG
abgehend
Ich werde mir gestatten, Ihnen sofort die Summe auszuzahlen.
TSCHANG LING
stürzt herein
Ich habe dich gesucht, Schwester, von Strasse zu Strasse. Abgefall'ne Blütenblätter haben den Weg mir gewiesen. Hier muss ich die Blüte völlig entblättert finden.
HAITANG
Die Blüte, die ich im Gürtel trage, hat noch kein Blütenblatt verloren.
TSCHANG LING
Eh' die Nacht um ist, wird sie welk sein.
HAITANG
Meine Pflicht als Tochter gebietet mir, für meine Mutter zu sorgen.
TSCHANG LING
Wie kann dein mütterliches Herz, damit einverstanden sein, dass deine Tochter den entwürdigenden Beruf eines Teehausmädchens ergreift?
FRAU TSCHANG
Warum sorgst du, ein Mann, so wenig für deine Mutter und deine Schwester? Verluderst du nicht die paar Kesch, die du dir durch Abschreiben verdienst? Bringst du sie nicht in niederen Teehäusern unter die Mädchen? Und du wagst, wenn deine Schwester den gleichen Beruf ergreift, Schmutz auf sie zu werfen?
HAITANG
Bruder, ich will versuchen, auch für dich zu sorgen. Das Haus des Herrn Tong ist ein angesehenes Haus. Es beherbergt wohlhabende und wohlmeinende Gäste.
TSCHANG LING
Verworfenes Geschöpf! Willst du mich zu deinem Mitschuldigen machen?
Er schlägt Haitang ins Gesicht
FRAU TSCHANG
Hättest du mich geschlagen! Da ich euch gebar, bin ich an allem Unheil schuld.
Hätte ich euch nie geboren, und wären doch meine Ahnen nie auf die Erde herniedergestiegen!
TSCHANG LING
fortstürzend
Ich hasse euch.
TONG
kommt mit dem Geld
Hier ist das Geld, gnädige Frau.
zu Haitang
Aber erlauben Sie mir, Ihnen den goldenen Käfig zu zeigen, in dem Sie singen und Ihr schönes Gefieder spreizen sollen. Bitte, hier.
Er zieht den Vorhang zu dem vierten, leeren Käfig zurück.Umarmung von Mutter und Tochter. Tong geleitet die Mutter hinaus
HAITANG
im Käfig
Am Ufer hinter Weiden steht das Haus,
Ein zartes Mädchen sieht zur Tür hinaus.
An der Volière steht der Mandarin,
Ein zarter Vogel singt und hüpft darin.
Verschliess den Käfig! Hüte gut das Haus!
Sonst fliegt der Vogel in den Wald hinaus!
Verwandlung
ZWEITES BILD
Ein anderes Gemach im selben Hause. Hintergrund Mitte schwarzer Papierparavent, hinter dem die handelnden Personen hervortreten. Pao, ein junger Prinz, betrift den Raum. Tong vor ihm her; in vielen rückwärtigen Bücklingen verschwindet in der Kulisse.
PAO
Ich bin ein Abenteurer,
Ein Trunkener der Welt,
Ein müder Tatbefeurer,
Ein träumerischer Held.
Ich schwinge tausend Schwerter,
Die ich dem Feinde bot,
Wie dennoch unbewehrter
Mein Herz der Liebe loht.
Ob ich den Kampf ersehne,
Die Schwerter senk ich schwer,
Bricht eine Kantilene
Singend über mich her.
Haitang tritt ein, bleibt in einer Ecke, von Pao ungesehen, stehen. Pao entdeckt Haitang
Ich hörte eine Nachtigall, folgte ihrem Ruf und finde statt eines Vogels eine Blume. Ihr Duft verwirrt mich, sie trägt das weisse Gewand der Trauer und hält den Kelch geschlossen. Darf ich versuchen, Sie ein wenig zu erheitern und die Blüte zu öffnen?
HAITANG
Diese bilderreichen Komplimente pflegen die jungen Herrn in den Anstandsstunden zu lernen. Sie kommen von den Lippen und berühren nur leise das Ohr.
PAO
Nun, machen Sie dieses wahr. Lassen Sie meine Lippen Ihr Ohr berühren. Ich will Ihnen etwas zuhauchen, was man mit Worten nicht sagen kann.
HAITANG
Aus einem Hauch wird leicht ein Wind, und aus einem Wind ein Sturm. Denken Sie einmal nach, ob Sie nicht aussprechen können, was Sie dachten.
PAO
Ich dachte nichts. Ich fühlte alles.
Schweigen
HAITANG
Wollen Sie eine Partie Schach spielen? Hier steht schon ein Schachbrett aufgebaut.
Sie setzen sich nieder und machen ein paar Züge
Weiss zieht an, Schwarz zieht nach.
PAO
Schach der Dame.
HAITANG
Ich bin keine Dame. - Schach dem König.
Machen noch einige Züge
PAO
Ich bin kein König. Zug, Gegenzug. Sie gehen scharf vor, wie ein Feldherr vieler Grade.
die Steine umwerfend
Ich gebe das Spiel auf, aber nur, um ein besseres Spiel zu beginnen.
HAITANG
Und welches Spiel?
PAO
Das Spiel der Liebe.
HAITANG
Das Spiel der Liebe? Ich wusste nicht, dass die Liebe ein Spiel sei. Als mein Vater sagte: Ich liebe dich, da war seine Stirn gefurcht, sein Auge glänzte. Da spielte er nicht mit mir. - Sie sind so nachdenklich! Soll ich Sie erheitern? Soll ich tanzen? Ich kann den Tanz der vier Jahreszeiten, den Tanz des Südwindes, den komischen Tanz des Herdgottes.
Pao sicht sie schweigend an
Soll ich singen? Das Lied vom weissen Haupt?
Wie der Schnee so weiss,
Wie der Mond so weiss
Werden unsre Häupter einmal sein.
Soll ich etwas malen oder zeichnen? Hier ist ein Stück Kreide. Ich werde hier auf die schwarze Tapete mit der weissen Kreide einen Kreis zeichnen.
Tut es
PAO
Der Kreis ist das Symbol des Himmelsgewölbes, der Kreis ist das Symbol des Ringes, der Gatten aneinander schmiedet, Herzring an Herzring reiht.
HAITANG
Was ausserhalb dieses Kreises ist, ist das Nichts. Was innerhalb dieses Kreises ist, ist das All. Wie verbinden sich Nichts und All? Im Kreise, der sich drehend fortbewegt, zeichnet Speichen in den Kreis im Rad, das rollt. Ich bin an das Rad geschmiedet, das Rad des Schicksalswagens, den die Sonnenrosse durch die Äonen mit sich reissen. Ein junger Gott steht mit feuriger Peitsche im Wagen und treibt die Rosse. Er achtet meines Jammers und meiner Tränen nicht.
PAO
Ich kniee vor dir, Kwanyin, Göttin der Reinheit.
HAITANG
Stehen Sie auf, was tun Sie?
wischt die Speichen aus dem Kreise
Sehen Sie den Kreis, er ist schon wieder leer. Jetzt umrundet er das Symbol des Spiegels, in dem ich mich eitel drehe und wende. Wie kleidet mich dies Gewand der Trauer? Gibt es der Lust nicht einen besonderen Reiz? Auf dem Gesicht zerreibe ich einige Puderkugeln, aus der Schminkbüchse betupfe ich die Lippen,
wirft das weisse Übergewand ab
bauschig sind meine Hosen aus grüner Seide, ihre Bänder golddurchwirkt. Meine Füsse sind wie Lilien, die Schuhe aus rotem Atlas sind über und über mit Blumen bestreut. Auf den Schuhspitzen schweben gestickte Libellen. Wie finden Sie meine Frisur? Soll ich den Kamm ein wenig höher stecken? Was ist mit diesem grünen Gürtel?
PAO
Lösen Sie ihn, Schwester vom grünen Gürtel.
HAITANG
In dieser Hand, die noch keinen Mann liebkost hat, steht mein Schicksal geschrieben. Wie verläuft die Linie meines Lebens? Ich sehe es im Spiegel, verkehrt.
PAO
ballt die Faust
Ich werde den Spiegel zerschlagen.
HAITANG
Dann schlagen Sie auch das Bild im Spiegel - und schlagen mich. Wollen Sie mich schlagen? - Aber sehen Sie, ich will dem Spiegel einen anderen Charakter geben, ich schreibe ein paar Zauberzeichen in den Kreidekreis,
macht mit der Kreide ein paar Striche
und schon blickt aus dem Spiegel Ihr Gesicht.
lachend
Habe ich Sie gut getroffen?
PAO
Sie haben mich getroffen, Sie haben mich ins Herz getroffen.
HAITANG
zu dem Bild
Ich wollte, dieser wäre mein Freund. Immer, wenn ich morgens in den Spiegel sehe, werde ich an Sie denken.
PAO
Wie aber, wenn ein anderer mein Bild innerhalb des Kreises auswischt oder auslöscht und sich an seine Stelle setzt?
Ein dicker Kopf hat die Papierwand innerhalb des Kreidekreises durchstossen. Es ist der Kopf des Mandarinen Ma. Haitang und Pao weichen seitwärts zurück
MA
Mein Name ist Ma. Ganz einfach Ma. Wenn ich den Namen Ma nenne, so sollte das eigentlich genügen, dass jedermann sich ehrfurchtsvoll vor mir verneige. Denn ich besitze Geld, sehr viel Geld, so dass ich mir alles kaufen kann, was ich will, und wonach ich Gelüst und Sehnsucht trage. Seh' ich ein schönes Pferd, besteig ich's. Sehe ich ein schönes Weib, entführ ich's. Wenn es mir passt, gehe ich durch die Wand wie im vorliegenden Falle. Ich bezahle alles. Ich habe einen Sitz im Gericht gekauft und spreche Recht, obwohl ich nicht einmal recht sprechen kann. Ich bin Steuerpächter und treibe die mir zustehenden Steuern rücksichtslos ein. Ich bin streng, aber gerecht. Zum Lohn für meine Nachsicht, dass ich ihm die geschuldete Steuer schon einmal stundete, erhängte sich vorgestern ein gewisser Gärtner Tschang vor meinem Hause, zu dem ausgesprochenen Zweck, mir Verlegenheiten zu bereiten, was dem Lumpen auch gelang. Der Pöbel hat mir die Fenster eingeworfen und mich Blutsauger und Volksverderber geschimpft. -
Um mich von den Aufregungen der letzten Tage zu erholen, betrat ich das mir wohlbekannte Haus des Herrn Tong. Denn ich liebe, um mich gebildet auszudrücken, die Blumen und Weiden. - Ich habe mir von meinem Privatzauberer das Horoskop stellen lassen für heute. Der heutige Tag ist meinem Liebesunternehmen zweifellos günstig.
Er sieht Haitang
Eine neue Blume im Garten des Herrn Tong! Sei'n Sie mir gegrüsst, zartes Fräulein! Sie sind so zart, dass ich Sie nicht anzugreifen wage! Ich könnt' Sie ja zerbrechen. - Und was hätte ich davon? Ich bliebe allein mit meinem Liebesschmerz, untröstlich auf dieser trostlosen Erde.
Er klatscht dreimal in die Hände. Herr Tong erscheint
TONG
Euer Hochgeboren wünschen?
MA
Tong, diese junge Dame gefällt mir ausgezeichnet. Ein junges Mädchen rührt mein Herz.
TONG
devot lächelnd
Es ist noch unberührt.
MA
Eine Jungfrau also?
TONG
Eine Jungfrau.
MA
Tong, Sie haben mir schon manche falsche Jungfrau angedreht. Widersprechen Sie mir nicht! Diese Jungfrau aber ist echt. Ich habe das im Gefühl. Ich kaufe Ihnen das Fräulein ab. Völlig, mit Leib und Seele. Keine Widerrede, Tong! Kein Widerspruch des Fräuleins! Sie gehören Herrn Tong, er kann mit Ihnen machen, was er will. - Ich biete hundert Taels in Gold.
TONG
Euer Wohlgelboren, sie hat mich selbst zweihundert gekostet.
Der Prinz tritt aus dem Hintergrund
PAO
Ich biete dreihundert.
MA
Vierhundert.
PAO
Fünfhundert.
MA
Sechshundert.
Tong reibt sich die Hände. Er hat Haitang, welche die Versteigerung entsetzt verfolgt, wie einen Gegenstand auf einen Tisch gehoben
PAO
Siebenhundert.
MA
Tausend.
PAO
erbleichend
Ich muss zurücktreten. Tausend Taels in Gold kann ich nicht überbieten.
Die Dame
er verneigt sich vor Haitang und Ma
gehört Ihnen.
Pao ab
HAITANG
Er hat meinen Vater in den Tod getrieben. Das Schicksal wirft mich in seine Hand. Ich bin nur ein Mensch. Was soll ich tun? Es wird, was nötig ist, was mir vergönnt ist, von den Göttern getan werden. – Herr Tong, schicken Sie zu meiner Mutter und lassen Sie ihr sagen, ich würde mich noch heute mit Herrn Ma vermählen.
verneigt sich und geht schnell ab
MA
Haitang, weisst du, was die Frau denn Manne schuldet?
HAITANG
Ich weiss, was im Buche Siao steht: Die Frau hat zu schweigen, wenn der Mann spricht; sie hat zu lächeln, wenn er tadelt; zu bitten, wenn er grollt; zu danken, wenn er züchtigt; zu lieben, wenn er verachtet und hasst.
MA
nimmt Haitang auf seine Arme und trägt sie hinaus
Komm, mein Haus wartet.
Vorhang