FÜNFTE SZENE
Walther ist die Gasse heraufgekommen; jetzt biegt er um die Ecke herum: Eva erblickt ihn, reisst sich von Magdalene los und stürzt Walther auf die Strasse entgegen
EVA
Da ist er!
MAGDALENE
Da haben wir's! Nun heisst's:
gescheit!
Sie geht eilig in das Haus
EVA
ausser sich
Ja, Ihr seid es! Nein, du bist es!
Alles sag' ich, denn Ihr wisst es;
alles klag' ich, denn ich weiss es;
Ihr seid beides, Held des Preises
und mein einz'ger Freund!
WALTHER
leidenschaftlich
Ach, du irrst! Bin nur dein Freund, doch des Preises
noch nicht würdig, nicht den Meistern ebenbürtig.
Mein Begeistern fand Verachten,
und, ich weiss es, darf nicht trachten
nach der Freundin Hand!
EVA
Wie du irrst! Der Freundin Hand,
erteilt nur sie den Preis,
wie deinen Mut ihr Herz erfand,
reicht sie nur dir das Reis.
WALTHER
Ach nein, du irrst! Der Freundin Hand,
wär' keinem sie erkoren;
wie sie des Vaters Wille band,
mir war sie doch verloren.
»Ein Meistersinger muss er sein,
nur wen Ihr krönt, den darf sie frein!«
So sprach er festlich zu den Herr'n,
kann nicht zurück, möcht' er auch gern!
Das eben gab mir Mut;
wie ungewohnt mir alles schien,
ich sang voll Lieb' und Glut,
dass ich den Meisterschlag verdien'.
Doch diese Meister!
wütend
Ha, diese Meister!
Dieser Reim-Gesetze Leimen und Kleister!
Mir schwillt die Galle,
das Herz mir stockt,
denk' ich der Falle,
darein ich gelockt!
Fort in die Freiheit!
Da hin gehör' ich,
da, wo ich Meister im Haus!
Soll ich dich frei'n heut,
dich nun beschwör' ich,
komm und folg mir hinaus!
Nichts steht zu hoffen;
keine Wahl ist offen!
Überall Meister,
wie böse Geister
seh' ich sich rotten,
mich zu verspotten:
mit den Gewerken,
aus den Gemerken,
aus allen Ecken,
auf allen Flecken
seh' ich zu Haufen
Meister nur laufen,
mit höhnendem Nicken
frech auf dich blicken,
in Kreisen und Ringeln
dich umzingeln,
näselnd und kreischend
zur Braut dich heischend,
als Meisterbuhle
auf dem Singestuhle,
zitternd und bebend,
hoch dich erhebend!
Und ich ertrüg' es, sollt' es nicht wagen,
gradaus tüchtig d'rein zu schlagen?
Man hört den starken Ruf eines Nachtwächterhorns
Ha! ...
Er hat mit emphatischer Gebärde die Hand an das Schwert gelegt und starrt wild vor sich hin
EVA
fasst ihn besänftigend bei der Hand
Geliebter, spare den Zorn!
‘s war nur des Nachtwächters Horn.
Unter der Linde birg dich geschwinde;
hier kommt der Wächter vorbei.
MAGDALENE
ruft leise unter der Tür
Evchen! ‘s ist Zeit:
mach dich frei!
WALTHER
Du fliehst?
EVA
lächelnd
Muss ich denn nicht?
WALTHER
Entweichst?
EVA
mit zarter Bestimmtheit
Dem Meistergericht.
Sie verschwindet mit Magdalene im Hause
Der NACHTWÄCHTER
ist währenddem in der Gasse erschienen, kommt singend nach vorn, biegt um die Ecke von Pogners Haus und geht nach links ab
Hört, ihr Leut', und lasst euch sagen,
die Glock' hat zehn geschlagen:
bewahrt das Feuer und auch das Licht,
damit niemand kein Schad' geschicht!
Lobet Gott den Herrn!
SACHS
welcher hinter der Ladentür dem Gespräche gelauscht, öffnet jetzt, bei eingezogenem Lampenlicht, ein wenig mehr
Üble Dinge, die ich da merk':
eine Entführung gar im Werk!
Aufgepasst! Das darf nicht sein!
WALTHER
hinter der Linde
Käm' sie nicht wieder? o der Pein! -
Eva kommt in Magdalenes Kleidung aus dem Hause; die Gestalt gewahrend
Doch ja, sie kommt dort! -
Weh mir, nein! Die Alte/Lene ist's! -
Eva erblickt Walther und eilt auf ihn zu
Doch aber - ja!
EVA
Das tör'ge Kind:
da hast du's! Da!
Sie wirft sich ihm heiter an die Brust
WALTHER
hingerissen
O Himmel! Ja, nun wohl ich weiss,
dass ich gewann den Meisterpreis!
EVA
Doch nun kein Besinnen! Von hinnen! Von hinnen!
o wären wir schon fort!
WALTHER
Hier durch die Gasse:
dort
finden wir vor dem Tor Knecht und Rosse vor.
Nachtwächterhorn entfernt. Als sich beide wenden, um in die Gasse einzubiegen, lässt Sachs, nachdem er die Lampe hinter eine Glaskugel gestellt, durch die ganz wieder geöffnete Ladentür einen grellen Lichtschein quer über die Strasse fallen, so dass Eva und Walther sich plötzlich hell beleuchtet sehen
EVA
Walther hastig zurückziehend
O weh, der Schuster!
Wenn er uns säh'!
Birg dich! Komm ihm nicht in die Näh'!
WALTHER
Welch and'rer Weg führt uns hinaus?
EVA
Dort durch die Strasse:
doch der ist kraus,
ich kenn' ihn nicht gut;
auch stiessen wir dort auf den Wächter.
WALTHER
Nun denn:
durch die Gasse!
EVA
Der Schuster muss erst vom Fenster fort.
WALTHER:
Ich zwing' ihn, dass er's verlasse.
EVA
Zeig dich ihm nicht:
er kennt dich!
WALTHER
Der Schuster?
EVA
‘s ist Sachs!
WALTHER
Hans Sachs? Mein Freund!
EVA
Glaub's nicht! Von dir Übles zu sagen nur wusst' er.
WALTHER
Wie, Sachs? Auch er? Ich lösch' ihm das Licht.
SECHSTE SZENE
Beckmesser ist, dem Nachtwächter nachschleichend, die Gasse heraufgekommen, hat nach den Fenstern von Pogners Haus gespäht und, an Sachsens Haus gelehnt, stimmt er jetzt seine mitgebrachte Laute
EVA
Walther zurückhaltend
Tu's nicht! - Doch horch!
WALTHER
Einer Laute Klang.
Als Sachs den ersten Ton der Laute vernommen, hat er, von einem plötzlichen Einfall erfasst, das Licht wieder etwas eingezogen und öffnet leise den unteren Teil des Ladens
EVA
Ach, meine Not!
WALTHER
Wie, wird dir bang'?
Der Schuster, sieh, zog ein das Licht. So sei's gewagt!
EVA
Weh! Siehst du denn nicht? Ein and'rer kam und nahm dort Stand.
Sachs hat unvermerkt seinen Werktisch ganz unter die Tür gestellt Jetzt erlauscht er Evas Ausruf
WALTHER
Ich hör's und seh's:
ein Musikant. Was will der hier so spät des Nachts?
EVA
in Verzweiflung
‘s ist Beckmesser schon!
SACHS
Aha, ich dacht's!
Er setzt sich leise zur Arbeit zurecht
WALTHER
Der Merker? Er in meiner Gewalt?
Drauf zu! Den Lung'rer mach' ich kalt!
EVA
Um Gott! So hör! Willst den Vater wecken?
Er singt ein Lied, dann zieht er ab.
Lass dort uns im Gebüsch verstecken. -
Was mit den Männern ich Müh' doch hab!
Sie zieht Walther hinter das Gebüsch auf die Bank unter der Linde. Beckmesser, eifrig nach dem Fenster lugend, klimpert voll Ungeduld heftig auf der Laute. Als er sich endlich auch zum Singen rüstet, schlägt Sachs sehr stark mit dem Hammer auf den Leisten, nachdem er soeben das Licht wieder hell auf die Strasse hat fallen lassen.
SACHS
Jerum! Jerum! Hallo hallo he!
O ho! Trallalei! Trallalei! O ho!
BECKMESSER
springt ärgerlich von dem Steinsitz auf und gewahrt Sachs bei der Arbeit
Was soll das sein?
Verdammtes Schrein!
SACHS
Als Eva aus dem Paradies
von Gott dem Herrn verstossen,
gar schuf ihr Schmerz der harte Kies
an ihrem Fuss, dem blossen.
BECKMESSER
Was fällt dem groben Schuster ein?
SACHS
Das jammerte den Herrn,
WALTHER
flüsternd zu Eva
Was heisst das Lied? Wie nennt er dich?
SACHS
ihr Füsschen hatt' er gern,
EVA
flüsternd zu Walther
Ich hört' es schon:
‘s geht nicht auf mich.
SACHS
und seinem Engel rief er zu:
EVA
Doch eine Bosheit steckt darin.
SACHS
»Da, mach der armen Sünd'rin Schuh'!
Und da der Adam, wie ich seh',
an Steinen dort sich stösst die Zeh',
dass recht fortan er wandeln kann,
so miss dem auch Stiefeln an!«
WALTHER
Welch Zögernis! Die Zeit geht hin!
BECKMESSER
tritt zu Sachs heran
Wie, Meister? Auf? Noch so spät zur Nacht?
SACHS
Herr Stadtschreiber! Was, Ihr wacht?
Die Schuh' machen Euch grosse Sorgen?
Ihr seht, ich bin dran:
Ihr habt sie morgen.
Er arbeitet
BECKMESSER
zornig
Hol' der Teufel die Schuh'! Hier will ich Ruh'!
SACHS
Jerum! Jerum!
Hallo hallo he!
Oho! Trallalei! Trallalei! O he!
O Eva, Eva! Schlimmes Weib,
das hast du am Gewissen,
WALTHER
zu Eva
Uns oder dem Merker? Wem spielt er den Streich?
SACHS
dass ob der Füss' am Menschenleib
EVA
zu Walther
Ich fürcht', uns dreien
gilt er gleich.
SACHS
jetzt Engel schustern müssen.
EVA
O weh der Pein.
Mir ahnt nichts Gutes!
SACHS
Blieb'st du im Paradies, da gab es keinen Kies.
WALTHER
Mein süsser Engel, sei guten Mutes!
SACHS
Um deiner jungen Missetat
hantier' ich jetzt mit Ahl' und Draht
EVA
Mich betrübt das Lied!
WALTHER
Ich hör' es kaum!
Du bist bei mir,
welch holder Traum!
Er zieht sie zärtlich an sich
SACHS
und ob Herrn Adams übler Schwäch'
versohl' ich Schuh' und streiche Pech.
Wär' ich nicht fein ein Engel rein,
Teufel möchte Schuster sein!
Beckmesser drohend auf Sachs zufahrend
SACHS
Je -
Er unterbricht sich
BECKMESSER
Gleich höret auf!
Spielt Ihr mir Streich'?
Bleibt Ihr tags und nachts Euch gleich?
SACHS
Wenn ich hier sing', was kümmert's Euch?
Die Schuhe sollen doch fertig werden?
BECKMESSER
So schliesst Euch ein und schweigt dazu still!
SACHS
Des Nachts arbeiten macht Beschwerden;
wenn ich da munter bleiben will,
so brauch' ich Luft und frischen Gesang;
drum hört, wie der dritte Vers gelang!
Er wichst den Draht ersichtlich
BECKMESSER
Er macht mich rasend!
SACHS
fortarbeitend
Jerum! Jerum!
Hallo hallo he!
BECKMESSER
Das grobe Geschrei!
SACHS
O ho! Trallalei! Trallalei! O he!
BECKMESSER
Am End' denkt sie gar, dass ich das sei!
Er hält sich die Ohren zu und geht verzweiflungsvoll, sich mit sich beratend, die Gasse vor dem Fenster auf und ab
SACHS
O Eva! Hör mein' Klageruf,
mein' Not und schwer Verdrüssen!
Die Kunstwerk', die ein Schuster schuf,
sie tritt die Welt mit Füssen!
Gäb' nicht ein Engel Trost,
der gleiches Werk erlost,
und rief' mich oft ins Paradies,
wie ich da Schuh' und Stiefel liess'!
Doch wenn mich der im Himmel hält,
dann liegt zu Füssen mir die Welt,
und bin in Ruh'
Hans Sachs ein Schuh-
macher und Poet dazu.
BECKMESSER
Das Fenster geht auf!
Er späht nach dem Fenster, welches jetzt leise geöffnet wird und an welchem vorsichtig Magdalene in Evas Kleidung sich zeigt.
EVA
mit grosser Aufgeregtheit
Mich schmerzt das Lied, ich weiss nicht wie!
O fort, lass uns fliehen!
WALTHER
auffahrend
Nun denn:
mit dem Schwert!
EVA
Nicht doch! Ach, halt!
BECKMESSER
Herrgott, ‘s ist sie!
WALTHER
die Hand vom Schwert nehmend
Kaum wär' er's wert!
EVA
Ja, besser Geduld!
BECKMESSER
der, während Sachs fortfährt zu arbeiten und zu singen, in grosser Aufregung mit sich beraten hat
Jetzt bin ich verloren, singt der noch fort!
EVA
O bester Mann,
dass ich so Not dir machen kann!
BECKMESSER
tritt zu Sachs an den Laden heran und klimpert, während des Folgenden mit dem Rücken der Gasse zugewandt, seitwärts auf der Laute, um Magdalene am Fenster festzuhalten
Freund Sachs! So hört doch nur ein Wort!
WALTHER
leise zu Eva
Wer ist am Fenster?
BECKMESSER
Wie seid Ihr auf die Schuh' versessen!
EVA
‘s ist Magdalene.
BECKMESSER
Ich hatt' sie wahrlich schon vergessen.
WALTHER
Das heiss' ich vergelten!
BECKMESSER
Als Schuster seid Ihr mir wohl wert,
WALTHER
Fast muss ich lachen.
BECKMESSER
als Kunstfreund doch weit mehr verehrt.
EVA
Wie ich ein End' und Flucht mir ersehne!
WALTHER
Ich wünscht', er möchte den Anfang machen.
Walther und Eva, auf der Bank sanft aneinandergelehnt, erfolgen des weiteren Sachs und Beckmesser mit wachsender Teilnahme
BECKMESSER
Eu'r Urteil, glaubt, das halt' ich hoch;
drum bitt' ich:
hört das Liedlein doch,
mit dem ich morgen möcht' gewinnen,
ob das auch recht nach Euren Sinnen.
Er klimpert wiederholt seitwärts nach dem Fenster gewandt
SACHS
Oha! Wollt mich beim Wahne fassen?
Mag mich nicht wieder schelten lassen.
»Seit sich der Schuster dünkt Poet,
gar übel es um Eu'r Schuhwerk steht.«
Ich seh', wie's schlappt und überall klappt:
drum lass ich Vers und Reim'
gar billig nun daheim,
Verstand und Witz und Kenntnis dazu,
mach' Euch für morgen die neuen Schuh'.
BECKMESSER
kreischend
Lasst das doch sein! Das war ja nur Scherz.
Vernehmt besser, wie's mir ums Herz!
Vom Volk seid Ihr geehrt,
auch der Pognerin seid Ihr wert.
Will ich vor aller Welt
nun morgen um die werben,
sagt, könnt's mich nicht verderben,
wenn mein Lied ihr nicht gefällt?
Drum hört mich ruhig an;
und sang ich, sagt mir dann,
was Euch gefällt, was nicht,
dass ich mich danach richt'.
Er klimpert wieder
SACHS
Ei, lasst mich doch in Ruh'!
Wie käme solche Ehr' mir zu?
Nur Gassenhauer dicht' ich zum meisten,
drum sing' ich zur Gassen und hau' auf den Leisten.
Jerum! Jerum!
Hallo hallo he!
BECKMESSER
Verfluchter Kerl! Den Verstand verlier' ich
mit seinem Lied voll Pech und Schmierich! -
SACHS
O ho! Trallalei! Trallalei! O he!
BECKMESSER
Schweigt doch! Weckt Ihr die Nachbarn auf?
SACHS
Die sind's gewohnt:
‘s hört keiner drauf. -
»O Eva, Eva!« -
BECKMESSER
in höchste Wut ausbrechend
O Ihr boshafter Geselle!
Ihr spielt mir heut' den letzten Streich!
Schweigt Ihr jetzt nicht auf der Stelle,
so denkt Ihr dran, das schwör' ich Euch.
Er klimpert wütend
Neidisch seid Ihr, nichts weiter,
dünkt Ihr Euch auch gleich gescheiter.
Dass andre auch was sind, ärgert Euch schändlich!
Glaubt, ich kenne Euch aus- und inwendlich!
Dass man Euch noch nicht zum Merker gewählt,
das ist's, was den gallichten Schuster quält.
Nun gut! Solang' als Beckmesser lebt
und ihm noch ein Reim an den Lippen klebt,
solang' ich noch bei den Meistern was gelt',
ob Nürnberg »blüh' und wachs'«,
das schwör' ich Herrn Hans Sachs:
nie wird er je zum Merker bestellt!
Er klimpert in höchster Wut
SACHS
der ihm ruhig und aufmerksam zugehört hat
War das Eu'r Lied?
BECKMESSER
Der Teufel hol's!
SACHS
Zwar wenig Regel:
doch klang's recht stolz!
BECKMESSER
Wollt Ihr mich hören?
SACHS
In Gottes Namen
singt zu:
ich schlag' auf die Sohl' die Rahmen.
BECKMESSER
Doch schweigt Ihr still?
SACHS
Ei, singet Ihr,
die Arbeit, schaut, fördert's auch mir.
BECKMESSER
Das verfluchte Klopfen wollt Ihr doch lassen?
SACHS
Wie sollt' ich die Sohl' Euch richtig fassen?
BECKMESSER
Was? Ihr wollt klopfen, und ich soll singen?
SACHS
Euch muss das Lied, mir der Schuh gelingen.
BECKMESSER
Ich mag keine Schuh'!
SACHS
Das sagt Ihr jetzt;
in der Singschul' Ihr mir's dann wieder versetzt.
Doch hört! Vielleicht sich's richten lässt:
zwei-einig geht der Mensch am best.
Darf ich die Arbeit nicht entfernen,
die Kunst des Merkers möcht' ich erlernen.
Darin kommt Euch nun keiner gleich;
ich lern' sie nie, wenn nicht von Euch.
Drum singt Ihr nun, ich acht' und merk'
und fördr' auch wohl dabei mein Werk.
BECKMESSER
Merkt immer zu; und was nicht gewann,
nehmt Eure Kreide und streicht mir‘s an.
SACHS
Nein, Herr! Da fleckten die Schuh' mir nicht,
mit dem Hammer auf den Leisten halt' ich Gericht.
BECKMESSER
Verdammte Bosheit! - Gott, und ‘s wird spät:
am End' mir die Jungfer vom Fenster geht!
Er klimpert eifrig
SACHS
aufschlagend
Fanget an! ‘s pressiert!
Sonst sing' ich für mich!
BECKMESSER
Haltet ein! Nur das nicht! - Teufel, wie ärgerlich! -
Wollt Ihr Euch denn als Merker erdreisten,
nun gut, so merkt mit dem Hammer auf den Leisten;
nur mit dem Beding, nach den Regeln scharf,
aber nichts, was nach den Regeln ich darf.
SACHS
Nach den Regeln, wie sie der Schuster kennt,
dem die Arbeit unter den Händen brennt.
BECKMESSER
Auf Meisterehr'?
SACHS
Und Schustermut!
BECKMESSER
Nicht einen Fehler:
glatt und gut!
SACHS
Dann gingt Ihr morgen unbeschuht.
Nachtwächterhorn sehr entfernt
WALTHER
leise zu Eva
Welch toller Spuk!
Mich dünkt's ein Traum.
SACHS
auf den Steinsitz vor der Ladentür deutend
Setzt Euch denn hier!
BECKMESSER
zieht sich nach der Ecke des Hauses zurück
Lasst hier mich stehen!
WALTHER
den Singstuhl, scheint's, verliess ich kaum!
SACHS
Warum so weit?
BECKMESSER
Euch nicht zu seh'n,
wie's Brauch der Schul' vor dem Gemerk'.
EVA
sanft an Walthers Brust gelehnt
Die Schläf' umwebt mir's wie ein Wahn:
ob's Heil, ob Unheil, was ich ahn'?
SACHS
Da hör' ich Euch schlecht.
BECKMESSER
Der Stimme Stärk'
ich so gar lieblich dämpfen kann.
Er stellt sich ganz um die Ecke,
dem Fenster gegenüber, auf
SACHS
Wie fein! Nun gut denn! - Fanget an!
Beckmesser stimmt die in der Wut unversehens heraufgeschraubte D-Saite wieder herunter. Sachs holt mit dem Hammer aus
BECKMESSER
zur Laute
»Den Tag seh' ich erscheinen,
der mir wohlgefall'n tut.....
Sachs schlägt auf, Beckmesser schüttelt sich
»Da fasst mein Herz sich einen
Sachs schlägt auf, Beckmesser setzt heftig ab, singt aber weiter
guten und frischen -
Sachs hat aufgeschlagen, Beckmesser wendet sich wütend um die Ecke herum
Treibt Ihr hier Scherz? Was wär' nicht gelungen?
SACHS
Besser gesungen:
»Da fasst mein Herz sich einen guten,frischen -«
BECKMESSER
Wie sollt' sich das reimen
auf »Seh ich erscheinen«?
SACHS
Ist Euch an der Weise nichts gelegen?
Mich dünkt, sollt' passen Ton und Wort.
BECKMESSER
Mit Euch zu streiten?
Lasst von den Schlägen,
sonst denkt Ihr mir dran!
SACHS
Jetzt fahret fort!
BECKMESSER
Bin ganz verwirrt!
SACHS
So fangt noch mal an:
drei Schläg' ich jetzt pausieren kann.
BECKMESSER
für sich
Am besten, wenn ich ihn gar nicht beacht'.
Wenn's nur die Jungfer nicht irre macht!
Den Tag seh' ich erscheinen,
der mir wohl gefall'n tut;
da fasst mein Herz sich einen
guten und frischen Mut.
Da denk' ich nicht an Sterben,
Sachs schlägt
lieber an Werben
um jung' Mägdeleins Hand.
Sachs schlägt
Warum wohl aller Tage
schönster mag dieser sein?
Schlag. Ärgerlich
Allen hier ich es sage:
Schlag
weil ein schönes Fräulein
zwei Schläge
von ihrem lieb'n Herrn Vater,
Sachs schlägt und nickt ironisch beifällig
wie gelobt hat er,
viele kleine Schläge
ist bestimmt zum Eh'stand.
Fünf Schläge. Sehr ärgerlich
Wer sich getrau',
Schlag
der komm' und schau',
da steh'n die hold lieblich' Jungfrau,
drei Schläge
auf die ich all mein' Hoffnung bau':
Schlag
darum ist der Tag so schön blau,
viele Schläge
als ich anfänglich fand.«
Er bricht wütend um die Ecke auf Sachs los
BECKMESSER
Sachs! Seht, Ihr bringt mich um!
Wollt Ihr jetzt schweigen?
SACHS
Ich bin ja stumm!
Die Zeichen merkt' ich; wir sprechen dann:
derweil lassen die Sohlen sich an.
BECKMESSER
gewahrt, dass Magdalene sich vom Fenster entfernen will
Sie entweicht? Pst, pst! - Herrgott! Ich muss!
Um die Ecke herum die Faust gegen Sachs ballend
Sachs, Euch gedenk' ich die Ärgernuss!
Er macht sich zum zweiten Vers fertig
SACHS
mit dem Hammer nach dem Leisten ausholend
Merker am Ort! - Fahret fort!
BECKMESSER
immer stärker und atemloser
»Will heut' mir das Herz hüpfen,
Schlag
werben um Fräulein jung,
drei Schläge
doch tät' der Vater knüpfen
Schlag
daran ein' Bedingung
drei Schläge
für den, wer ihn beerben
will und auch werben
zwei Schläge
um sein Kindelein fein.
viele Schläge
Der Zunft ein bied'rer Meister
wohl sein' Tochter er liebt,
drei Schläge
doch zugleich auch beweist er,
zwei Schläge
was er auf die Kunst gibt:
ununterbrochene Schläge
zum Preise muss es bringen
im Meistersingen,
wer sein Eidam will sein.
Er stampft wütend mit den Füssen
Nun gilt es Kunst, dass mit Vergunst,
ohn' all schädlich gemeinen Dunst,
fortwährende Schläge
ihm glücke des Preises Gewunst,
war begehrt mit wahrer Inbrunst,
Sachs, welcher kopfschüttelnd es aufgibt, die einzelnen Fehler anzumerken, arbeitet hämmernd fort, um den Keil aus dem Leisten zu schlagen
um die Jungfrau zu frei'n.«
SACHS
über den Laden weit herausgelehnt
Seid Ihr nun fertig?
BECKMESSER
in höchster Angst
Wie fraget Ihr?
SACHS
hält die fertigen Schuhe triumphierend heraus
Mit den Schuhen ward ich fertig schier. -
Während er die Schuhe an den Bändern hoch in der Luft tanzen lässt
Das heiss ich mir echte Merkerschuh: -
mein Merkersprüchlein hört dazu! -
sehr kräftig
Mit lang und kurzen Hieben
steht's auf der Sohl geschrieben:
da lest es klar
und nehmt es wahr,
und merkt's Euch immerdar.
Gut Lied will Takt:
wer den verzwackt,
dem Schreiber mit der Feder
haut ihn der Schuster aufs Leder. -
Nun lauft in Ruh:
habt gute Schuh,
der Fuss Euch drin nicht knackt,
ihn hält die Sohl im Takt!
BECKMESSER
der sich ganz in die Gasse zurückgezogen hat und an die Mauer mit dem Rücken sich anlehnt, singt, um Sachs zu übertäuben, mit grösster Anstrengung, schreiend und atemlos hastig, während er die Laute wütend nach Sachs schwingt
"Darf ich mich Meister nennen,
das bewähr ich heut gern,
weil ich nach dem Preis brennen
muss, dursten und hungern.
Nun ruf ich die neun Musen,
dass an sie blusen
mein dicht'rischen Verstand.
Wohl kenn ich alle Regeln,
halte gut Mass und Zahl;
doch Sprung und Überkegeln
wohl passiert je einmal,
wann der Kopf ganz voll Zagen
zu frei'n will wagen
um jung Mägdeleins Hand.
Er verschnauft sich
Ein Junggesell,
trug ich mein Fell,
mein Ehr, Amt, Würd und Brot zur Stell,
dass Euch mein Gesang wohl gefällt,
und mich das Jungfräulein erwähl,
wenn sie mein Lied gut fand." -
DAVID
hat den Fensterladen, dicht hinter Beckmesser, ein wenig geöffnet und lugt daraus hervor
Wer Teufel, hier? -
Er wird Magdalene gewahr
Und drüben gar?
Die Lene ist's -, ich seh es klar!
Herrje, der war's, den hat sie bestellt.
Der ist's, der ihr besser als ich gefällt!
Nun warte, du kriegst's!
Dir streich ich das Fell!
Er entfernt sich nach innen
NACHBARN
erst einige, dann immer mehr, öffnen während Beckmessers Lied in der Gasse die Fenster und gucken heraus
Was heult denn da?
Wer kreischt mit Macht?
Ist das erlaubt so spät zur Nacht?
Gebt Ruhe hier! 's ist Schlafenszeit.
Mein', hört nur, wie dort der Esel schreit!
Ihr da! Seid still und schert Euch fort!
Heult, kreischt und schreit an andrem Ort!
Sie verlassen die Fenster und kommen nach und nach in Nachtkleidern einzeln auf die Strasse heraus. – Sachs beobachtet noch eine Zeitlang den wachsenden Tumult, löscht aber alsbald sein Licht aus und schliesst den Laden so weit, dass er, ungesehen, stets durch eine kleine Öffnung den Platz unter der Linde beobachten kann.Walther und Eva sehen mit wachsender Sorge dem anschwellenden Auflaufe zu; er schliesst sie in seinen Mantel fest an sich und birgt sich hart an der Linde im Gebüsch, so dass beide fast ungesehen bleiben
DAVID
ist, mit einem Knüppel bewaffnet, zurückgekommen, steigt aus dem Fenster und wirft sich auf Beckmesser
Zum Teufel mit dir, verdammter Kerl!
MAGDALENE
winkt David heftig zurück. Am Fenster, schreiend
Ach, Himmel! David! Gott, welche Not!
Zu Hilfe! Zu Hilfe!
Sie schlagen sich tot!
BECKMESSER
wehrt sich, will fliehen; David hält ihn am Kragen
Verfluchter Bursch!
Lässt du mich los?
DAVID
Gewiss! Die Glieder brech ich dir bloss!
Beckmesser und David balgen sich fortwährend; bald verschwinden sie gänzlich, bald kommen sie wieder in den Vordergrund, immer Beckmesser auf der Flucht. David ihn einholend, festhaltend und prügelnd
VOGELGESANG,ZORN,MOSER,EISSLINGER,
NACHTIGAL,KOTHNER,ORTEL,FOLZ
an den Fenstern
Seht nach! Springt zu!
Da würgen sich zwei!
Sie kommen herab.
ORTEL
in die Gasse laut schreiend
Heda! Herbei! 's gibt Schlägerei:
LEHRBUBEN
einzeln, dann mehr, von allen Seiten dazukommend
Herbei! Herbei! 's gibt Keilerei!
VOGELGESANG,ZORN,MOSER,EISSLINGER,
NACHTIGAL,KOTHNER,ORTEL,FOLZ
Bereits auf der Gasse
Ihr da, lasst los! Gebt freien Lauf!
Lasst ihr nicht los, wir schlagen drauf.
Gleich aus einander da!
GESELLEN
mit Knitteln bewaffnet, kommen von verschiedenen Seiten dazu
Heda! Gesellen 'ran!
Dort wird mit Streit und Zank getan;
da gibt's gewiss noch Schlägerei;
Gesellen, haltet euch dabei!
LEHRBUBEN
Kennt man die Schlosser nicht?
Die haben's sicher angericht't!
ZWEITE u. VIERTE LEHRBUBE
's sind die Schuster!
ERSTE u. DRITTE LEHRBUBE
Nein, 's sind die Schneider!
ZWEITER u. DRITTER
Die Trunkenbolde!
ERSTER
Die Hungerleider!
MAGDALENE
am Fenster, verzweifelt die Hände ringend
Ach Himmel! David! Gott! Welche Not!
Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sie schlagen sich tot!
NACHBARINNEN
haben die Fenster geöffnet und gucken heraus
Was ist das für Zanken und Streit?
Da gibt's gewiss noch Schlägerei!
Wär nur der Vater nicht dabei!
Da ist mein Mann gewiss dabei!
ZORN
(auf den ersten Nachbar - Vogelgesang stossend)
Ei, seht, auch Ihr hier?
Geht's Euch was an?
VOGELGESANG
Was sucht Ihr hier?
Hat man Euch was getan?
ZORN
Euch kennt man gut.
VOGELGESANG
Euch noch viel besser.
ZORN
Wieso denn?
VOGELGESANG
Ei, so!
Er schlägt ihn.
ZORN
Er schlägt wieder.
Esel!
VOGELGESANG
Dummrian!
Zorn schlägt wieder.
LEHRBUBEN
Ich glaub, die Schmiede werden's sein!
Nein, ‘s sind die Schlosser dort, ich wett!
Ich kenn die Schreiner dort.
Gewiss, die Metzger sind’s!
Hei! Schaut die Schäffler dort beim Tanz!
Herbei, herbei! Jetzt geht’s zum Tanz!
Immermehr! ‘s gibt grosse Keilerei!
NACHBARINNEN
Mein! Seht nur dort(hier)!
Der Zank und Lärm! Der Lärm und Streit!
's wird einem wahrlich angst und bang!
DIE MEISTER
und älteren Bürger kommen von verschiedenen Seiten dazu
Was gibt's denn da für Zank und Streit?
Das tost ja weit und breit!
MAGDALENE
mit grösster Anstrengung
Hör doch nur, David!
So lass doch nur den Herrn dort los,
er hat mir nichts getan!
So hör mich doch nur an!
GESELLEN
's sind die Weber! 's sind die Gerber!
Die Preisverderber!
NACHBARINNEN
Heda! Ihr dort unten,
so seid doch nur gescheit!
Ei hört, was will die Alte da?
Seid ihr denn Alle gleich
zu Streit und Zank bereit?
KOTHNER
stösst auf einen Nachbar - Nachtigal
Euch gönnt ich's schon lange.
Moser, Eisslinger beide im Streit.
MOSER
Wird euch wohl bange?
EISSLINGER
Hat euch die Frau gehetzt?
NACHTIGAL
schlägt Kothner
Das für die Klage!
MOSER
Schaut, wie es Prügel setzt!
Sie schlagen sich.
EISSLINGER
Lümmel!
MOSER
Grobian!
GESELLEN
Dacht ich mir's doch gleich:
spielen immer Streich!
Wischt’s ihnen aus!
Gebt’s denen scharf!
Immermehr! Die Keilerei wird gross!
LEHRBUBEN
jubelnd
Krämer finden sich zur Hand,
Mit Gerstenstang’ und Zuckerhand;
Mit Pfeffer, Zimt, muskatennuss,
Sie riechen schön und bleiben gern vom Schuss.
KOTHNER
holt einen Stock hervor
Seht euch vor, wenn ich schlage!
NACHTIGAL
Seid ihr noch nicht gewitzt?
KOTHNER
Nun, schlagt doch!
NACHTIGAL
schlägt
Das sitzt!
KOTHNER
Dass dich Halunken
gleich ein Donnerwetter träf!
verfolgt ihn.
NACHTIGAL
nachrufend
Das für die Klage!
GESELLEN
Herbei! Hei! Hier setzt’s prügel!
ORTEL
Dass dich Halunke!
EISSLINGER
Wartet, ihr Racker!
MOSER
Massabzwacker!
FOLTZ
Euch gönnt ich’s lang!
LEHRBUBEN
Meinst du damit etwa mich?
Halt’s Maul!
Mein ich damit etwa dich?
GESELLEN
Dort den Metzger Klaus
kenn ich heraus!
's brennt manchem im Haus!
's ist morgen der Fünfte!
Schneider mit dem Bügel! Zünfte heraus!
MAGDALENE
Ach! Welche Not!
David! So hör doch nur einmal!
LEHRBUBEN
Hei! Das sitzt. Seht nur, der Has’!
Hat überall die Nas’.
NACHBARINNEN
Mein! Dort schlägt sich mein Mann!
Ach, Gott! Säh’ ich nur meinen Hans!
Sind die Köpfe vom Wein euch voll?
Säh’ die Not ich wohl an?
Seid ihr alle blind und toll?
DIE MEISTER
Gebt Ruh und schert
euch jeder gleich nach Hause heim,
sonst schlag ein Hageldonnerwetter drein!
Stemmt euch hier nicht mehr zu Hauf,
oder sonst wir schlagen drein!
LEHRBUBEN
Lustig, wacker! jetzt geht's erst recht an!
Nur immermehr heran!
Hei, nun geht's Plauz! hast du nicht gesehn!
Hast's auf die Schnauz! -
Ha! nun geht's: Krach! Hagelwetterschlag!
Wo es sitzt, da wächst nichts so bald nach!
Keilt euch wacker! Keiner weiche!
Haltet selbst Gesellen mutig stand!
Wer wich, 's wär wahrlich eine Schand!
Wacker drauf und dran!
Wir stehen alle wie ein Mann!
Wie ein Mann stehn wir alle fest zur Keilerei!
Bereits prügeln sich Nachbarn und Lebrbuben fast allgemein durcheinander
GESELLEN
Bald’ ist der Fünfte.
’s brenntmanchem da im Haus!
Nun tüchtig drauf und dran, wir schlagen los!
NACHBARINNEN
Sind euch vom Wein denn
noch die Köpfe voll?
Seht dort den Christian;
er walkt den Peter ab!
Mein! Dort den Michel seht, der haut dem Steffen eins!
Hilfe! Der Vater! Der Vater!
Ach, sie haun ihn tot!
Hört keines mehr sein Wort!
GESELLEN
Ihr da, macht! Packt euch fort!
Wir sind hier grad am Ort!
Wolltet ihr etwa den Weg uns hier verwehren?
Macht Platz, wir schlagen drein!
Gürtler! - Spengler!
Macht ihr euch selber fort!
Zinngiesser! - Leimsieder! - Lichtgiesser! -
Nicht gewichen!
Schlagt sie nieder!
Keiner weiche!
Tuchscherer! Leinweber!
Schlagt’s ihn’ hin! Haltet’s Maul!
Schert euch selber fort
und macht euch heim!
MAGDALENE
hinabspähend
Herrgott, er hält ihn noch!
NACHBARINNEN
Peter! So höre doch!
Jesus! Der Hans hat einen Hieb am kopf. -
Hans! Ei, so höre doch!
Jesus! Sie schlagen meinen Jungen tot!
Gott, welche Not! Welche Höllennot!
Gott steh’ uns bei, geht das noch lange hier fort!
Hei! Mein Mann schlägt wacker auf sie drein!
ZORN
Racker!
VOGELGESANG
Zwacker!
ZORN
Wird euch bang?
VOGELGESANG
Euch gönnt ich’s lang!
KOTHNER, ORTEL, VOGELGESANG
Packt euch jetzt heim, sonst Kriegt ihr’s von der Frau!
ZORN
Wollt ihr noch mehr?
FOLZ, SCHWARZ
Lauft heim, sonst Kriegt ihr’s von der Frau!
ZORN, MOSER
Geht’s euch was an, wenn ich nicht will?
NACHTIGAL
Was geht’s euch an, Wenn ich nun grad’ hier bleiben will?
VOGELGESANG
Auf, schert euch heim!
EISSLINGER
Was geht’s euch an, wenn mir’s gefällt?
KOTHNER, ORTEL, FOLTZ, SCHWARZ, MOSER
Schickt die Gesellen heim!
ZORN
So gut wie ihr bin M;eister ich!
EISSLINGER
Dummer Kerl!
KOTHNER
Macht euch fort!
NACHTIGAL
Schert euch heim!
VOGELGESANG
Schert doch euch selber fort!
NACHBARINNEN
Die Köpf und Zöpfe wackeln hin und her!
Gott, wie sie walken!
Franz, sei doch nur gescheit!
Ach, wie soll das enden?
Auf, schreit zu Hilfe: Mord und Zeter! -
Schafft Wasser, Wasser her! Wasser her!
Wasser ist allerbest’ für ihre Wut!
das giesst ihn' auf die Köpf herab!
Die Rauferei ist allgemein geworden, Schreien und Toben
MAGDALENE
Nein! David, ist er toll?
mit höchster Anstrengung
Ach, David, hör:
's ist Herr Beckmesser!
POGNER
ist im Nachtgewand oben an das Fenster getreten
Um Gott! Eva! Schliess zu!
Ich seh, ob unt' im Hause Ruh!
Er zieht Magdalenen, welche jammernd die Hände nach der Gasse hinab gerungen, herein und schliesst das Fenster
WALTHER
der bisher mit Eva sich hinter dem Gebüsch verborgen, fasst jetzt Eva dicht in den linken Arm und zieht mit der rechten Hand das Schwert
Jetzt gilt's zu wagen,
sich durchzuschlagen!
Er dringt mit geschwungenem Schwert bis in die Mitte der Bühne vor, um sich mit Eva durch die Gasse durchzuhauen. Da springt Sachs mit einem kräftigen Satze aus dem Laden, bahnt sich mit geschwungenem Knieriemen den Weg bis zu Walther und packt diesen beim Arm
POGNER
auf der Treppe
He! Lene! Wo bist du?
SACHS
die halb ohnmächtige Eva die Treppe hinaufstossend
Ins Haus, Jungfer Lene!
Pogner empfängt Eva und zieht sie in das Haus. - Sachs, mit einem Knieriemen David eines überhauend und mit einem Fusstritt ihn voran in den Laden stossend, zieht Walther, den er mit der andren Hand fest gefasst hält, mit sich hinein und schliesst sogleich fest hinter sich zu. Beckmesser, durch Sachs von David befreit, sucht sich eilig durch die Menge zu flüchten. – Im gleichen Augenblick, wo Sachs auf die Strasse sprang, hörte man einen Hornruf des Nachtwächters. Alle suchen in eiliger Flucht nach allen Seiten hin das Weite, so dass die Bühne sehr bald gänzlich leer wird. Als die Strasse und Gasse leer geworden und alle Häuser geschlossen sind, betritt der Nachtwächter die Bühne, reibt sich die Augen, siebt sich verwundert um und schüttelt den Kopf.
DER NACHTWÄCHTER
mit leise bebender Stimme
Hört, ihr Leut,
und lasst euch sagen,
die Glock hat
eilfe geschlagen:
bewahrt euch vor Gespenstern und Spuk,
dass kein böser Geist eu'r Seel beruck!
Lobet Gott, den Herrn!
Hornruf. Der Vollmond tritt hervor und scheint hell in die Gasse hinein; der Nachtwächter schreitet langsam dieselbe hinab. Als der Nachtwächter um die Ecke biegt, fällt der Vorhang, genau mit dem letzten Takte