ZWEITER AKT
ERSTER AUFTRITT
Das Theater ist ein Palmwald; alle Bäume sind silberartig, die Blätter von Gold. 18 Sitze von Blättern; auf einem jeden Sitze steht eine Pyramide, und ein grosses schwarzes Horn mit Gold gefasst. In der Mitte ist die grösste Pyramide, auch die grössten Bäume. Sarastro nebst andern Priestern kommen in feyerlichen Schritten, jeder mit einem Palmzweige in der Hand. Ein Marsch mit blasenden Instrumenten begleitet den Zug.
Nr. 9 - Marsch der Priester
SARASTRO
nach einer Pause
Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten Diener der grossen Göttin Osiris und Isis! - Mit reiner Seele erklär ich euch, dass unsre heutige Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. - Tamino, ein Königssohn, 20 Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unsers Tempels, und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den wir alle mit Mühe und Fleiss erringen müssen. - Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleyer von sich reissen, und ins Heiligthum des grössten Lichtes blicken. - Diesen Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die Hand zu bieten, sey heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.
ERSTER PRIESTER
steht auf
Er besitzt Tugend?
SARASTRO
Tugend!
ZWEYTER PRIESTER
Auch Verschwiegenheit?
SARASTRO
Verschwiegenheit!
DRITTER PRIESTER
Ist wohlthätig?
SARASTRO
Wohlthätig! - haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beyspiele.
sie blasen drey Mahl in die Hörner
Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro euch im Namen der Menschheit. - Mag immer das Vorurtheil seinen Tadel über uns Eingeweihte auslassen! - Weisheit und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe. - Unsere Säulen erschüttern sie nie. Jedoch, das böse Vorurtheil soll schwinden; und es wird schwinden, so bald Tamino selbst die Grösse unserer schweren Kunst besitzen wird. - Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen haben die Götter dem holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein, warum ich sie der stolzen Mutter entriss. - Das Weib dünkt sich gross zu seyn; hoft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken, und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht; Tamino, der holde Jüngling selbst, soll ihn mit uns befestigen, und als Eingeweihter der Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe seyn.
Der dreymahlige Accord in den Hörnern wird von allen wiederholt.
SPRECHER
steht auf
Grosser Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein, wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfen? - Verzeih, dass ich so frey bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! mich bangt es um den Jüngling. Wenn nun im Schmerz dahin gesunken sein Geist ihn verliesse, und er dem harten Kampfe unterläge. - Er ist Prinz! -
SARASTRO
Noch mehr - Er ist Mensch!
SPRECHER
Wenn er nun aber in seiner frühen Jugend leblos erblasste?
SARASTRO
Dann ist er Osiris und Isis gegeben, und wird der Götter Freuden früher fühlen, als wir.
Der dreymahlige Accord wird wiederholt
Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in Vorhof des Tempels ein.
Zum Sprecher, der vor ihm niederkniet
Und du, Freund! den die Götter durch uns zum Vertheidiger der Wahrheit bestimmten - vollziehe dein heiliges Amt, und lehre durch deine Weisheit beyde, was Pflicht der Menschheit sey, lehre sie die Macht der Götter erkennen.
Sprecher geht mit einem Priester ab, alle Priester stellen sich mit ihren Palmzweigen zusammen.
Nr. 10 - Arie mir Chor
SARASTRO und CHOR
O Isis und Osiris schenket
Der Weisheit Geist dem neuen Paar!
Die ihr der Wandrer Schritte lenket,
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr -
Lasst sie der Prüfung Früchts sehen.
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
So lohnt der Tugend kühnen Lauf,
Nehmt sie in euern Wohnsitz auf.
Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach ab.
ZWEYTER AUFTRITT
Nacht, der Donner rollt von weitem. Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Vorhof des Tempels, wo man Ruinen von eingefallenen Säulen und Pyramiden sieht, nebst einigen Dornbüschen. An beyden Seiten stehen practicable hohe altägyptische Thüren, welche mehr Seitengebäude vorstellen.
Tamino und Papageno werden vom Sprecher und dem andern Priester hereingeführt; sie lösen ihnen die Säcke ab; die Priester gehen dann ab.
TAMINO
Eine schreckliche Nacht! -
Papageno, bist du noch bey mir?
PAPAGENO
J, freylich!
TAMINO
Wo denkst du, dass wir uns nun befinden?
PAPAGENO
Wo? Ja wenns nicht finster wäre, wollt' ich dirs schon sagen - aber so -
Donnerschlag
O weh! -
TAMINO
Was ists?
PAPAGENO
Mir wird nicht wohl bey der Sache!
TAMINO
Du hast Furcht, wie ich höre.
PAPAGENO
Furcht eben nicht, nur eiskalt läufts mir über den Rücken.
Starker Donnerschlag
O weh!
TAMINO
Was solls?
PAPAGENO
Ich glaube, ich bekomme ein kleines Fieber.
TAMINO
Pfui, Papageno! Sey ein Mann!
PAPAGENO
Ich wollt' ich wär ein Mädchen!
Ein sehr starker Donnerschlag
O! O! O! Das ist mein letzter Augenblick.
DRITTER AUFTRITT
Sprecher und der andere Priester mit Fackeln. Vorige.
SPRECHER
Ihr Fremdlinge, was sucht oder fordert ihr von uns? Was treibt euch an, in unsre Mauern zu dringen?
TAMINO
Freundschaft und Liebe.
SPRECHER
Bist du bereit, es mit deinem Leben zu erkämpfen?
TAMINO
Ja!
SPRECHER
Auch wenn Tod dein Loos wäre?
TAMINO
Ja!
SPRECHER
Prinz, noch ists Zeit zu weichen - einen Schritt weiter, und es ist zu spät. -
TAMINO
Weisheitslehre sey mein Sieg; Pamina, das holde Mädchen mein Lohn.
SPRECHER
Du unterziehst jeder Prüfung dich?
TAMINO
Jeder!
SPRECHER
Reiche deine Hand mir!
sie reichen sich die Hände
So!
ZWEYTER PRIESTER
Ehe du weiter sprichst, erlaube mir ein Paar Worte mit diesem Fremdlinge zu sprechen. - Willst auch du dir Weisheitsliebe erkämpfen?
PAPAGENO
Kämpfen ist meine Sache nicht. - Ich verlang' auch im Grunde gar keine Weisheit. Ich bin so ein Natursmensch, der sich mit Schlaf, Speise und Trank begnügt; - und wenn es ja seyn könnte, dass ich mir einmahl ein schönes Weibchen fange.
ZWEYTER PRIESTER
Die wirst du nie erhalten, wenn du dich nicht unsern Prüfungen unterziehst.
PAPAGENO
Worinn besteht diese Prüfung? -
ZWEYTER PRIESTER
Dich allen unsern Gesetzen unterwerfen, selbst den Tod nicht scheuen.
PAPAGENO
Ich bleibe ledig!
SPRECHER
Aber wenn du dir ein tugendhaftes, schönes Mädchen erwerben könntest?
PAPAGENO
Ich bleibe ledig!
ZWEYTER PRIESTER
Wenn nun aber Sarastro dir ein Mädchen aufbewahrt hätte, das an Farbe und Kleidung dir ganz gleich wäre? -
PAPAGENO
Mir gleich! Ist sie jung?
ZWEYTER PRIESTER
Jung und schön!
PAPAGENO
Und heisst?
ZWEYTER PRIESTER
Papagena.
PAPAGENO
Wie? - Pa?
ZWEYTER PRIESTER
Papagena!
PAPAGENO
Papagena? - Die möcht' ich aus blosser Neugierde sehen.
ZWEYTER PRIESTER
Sehen kannst du sie! - -
PAPAGENO
Aber wenn ich sie gesehen habe, hernach muss ich sterben?
Zweyter Priester macht eine zweydeutige Pantomime.
PAPAGENO
Ja? - Ich bleibe ledig!
ZWEYTER PRIESTER
Sehen kannst du sie, aber bis zur verlaufenen Zeit kein Wort mit ihr sprechen; wird dein Geist so viel Standhaftigkeit besitzen, deine Zunge in Schranken zu halten?
PAPAGENO
O ja!
ZWEYTER PRIESTER
Deine Hand! du sollst sie sehen.
SPRECHER
Auch dir, Prinz, legen die Götter ein heilsames Stillschweigen auf; ohne diesem seyd ihr beyde verlohren. - Du wirst Pamina sehen - aber nie sie sprechen dürfen; diess ist der Anfang eurer Prüfungszeit. -
Nr. 11 - Duett
ZWEITE PRIESTER UND SPRECHER
Bewahret euch vor Weibertücken:
Dies ist des Bundes erste Pflicht!
Manch weiser Mann liess sich berücken,
Er fehlte, und versah sichs nicht.
Verlassen sah er sich am Ende,
Vergolten seine Treu mit Hohn!
Vergebens rang er seine Hände,
Tod und Verzweiflung war sein Lohn.
Beyde Priester ab.
VIERTER AUFTRITT
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
He, Lichter her! Lichter her! - Das ist doch wunderlich, so oft einen die Herrn verlassen, so sieht man mit offenen Augen Nichts.
TAMINO
Ertrag es mit Geduld, und denke, es ist der Götter Wille.
FÜNFTER AUFTRITT
Die drey Damen, Vorige.
Aus der Versenkung
DIE DREY DAMEN.
Nr. 12 - Quintett
Wie? Wie? Wie?
Ihr an diesem Schreckensort?
Nie, Nie, Nie!
Kommt ihr wieder glücklich fort!
Tamino, dir ist Tod geschworen.
Du, Papageno! bist verlohren!
PAPAGENO
Nein! Nein! Nein! Das wär zu viel.
TAMINO
Papageno schweige still!
Willst du dein Gelübde brechen,
Nichts mit Weibern hier zu sprechen?
PAPAGENO
Ihr hört ja, wir sind beyde hin.
TAMINO
Stille sag ich! - Schweige still!
PAPAGENO
Immer still, und immer still!
DIE DREY DAMEN
Ganz nah ist euch die Königinn!
Sie drang in Tempel heimlich ein.
PAPAGENO
Wie? Was? Sie soll im Tempel seyn?
TAMINO
Stille sag ich! - Schweige still! -
Wirst du immer so vermessen,
Deiner Eides - Pflicht vergessen?
DIE DREY DAMEN
Tamino, hör! du bist verlohren!
Gedenke an die Königinn!
Man zischelt viel sich in die Ohren
Von dieser Priester falschem Sinn.
TAMINO
für sich
Ein Weiser prüft und achtet nicht,
Was der verworfne Pöbel spricht.
DIE DREY DAMEN
Man sagt, wer ihrem Bunde schwört,
Der ist verwünscht mit Haut und Haar.
PAPAGENO
Das wär beym Teufel unerhört!
Sagt an Tamino, ist das wahr?
TAMINO
Geschwätz von Weibern nachgesagt,
Von Heuchlern aber ausgedacht.
PAPAGENO
Doch sagt es auch die Königinn.
TAMINO
Sie ist ein Weib, hat Weibersinn,
Sey still, mein Wort sey dir genug,
Denk deiner Pflicht, und handle klug.
DIE DREY DAMEN
zu Tamino
Warum bist du mit uns so spröde?
Tamino deutet bescheiden, dass er nicht sprechen darf.
DIE DREY DAMEN
Auch Papageno schweigt. - so rede!
PAPAGENO
Ich möchte gerne - Woll -
TAMINO
Still!
PAPAGENO
heimlich
Ihr seht, dass ich nicht soll -
TAMINO
Still!
TAMINO UND PAPAGENO
Dass ich / du nicht kann / kannst das Plaudern lassen,
Ist wahrlich eine Schand' für mich / dich.
ALLE FÜNF
Wir / Sie müssen sie / uns mit Schaam verlassen:
Es plaudert keiner sicherlich!
Von festem Geiste ist ein Mann,
Er denket, was er sprechen kann.
Die Damen wollen gehen, die Eingeweihten schreyen von innen.
PRIESTER
Entweiht ist die heilige Schwelle,
Hinab mit den Weibern zur Hölle!
Ein schrecklicher Accord mit allen Instrumenten, Donner, Blitz und Schlag: zugleich zwey starke Donner. Die Damen stürzen in die Versenkung.
DIE DREY DAMEN
O weh! O weh! O weh!
PAPAGENO
fällt vor Schrecken zu Boden; singt, da schon alle Musik stille ist
O weh! O weh! O weh!
Dann fängt der dreymahlige Accord an.
SECHSTER AUFTRITT
Tamino, Papageno, Sprecher, zweyter Priester mit Fackeln.
SPRECHER
Heil dir, Jüngling! dein standhaft männliches Betragen hat gesiegt. Zwar hast du noch manch rauhen und gefährlichen Weg zu wandern, den du aber durch Hülfe der Götter glücklich endigen wirst. - Wir wollen also mit reinem Herzen unsere Wanderschaft weiter fortsetzen.
er giebt ihm den Sack um
So! nun komm.
ab
ZWEYTER PRIESTER
Was seh' ich! Freund, siehe auf! wie ist dir?
PAPAGENO
Ich lieg' in einer Ohnmacht!
ZWEYTER PRIESTER
Auf! Sammle dich und sey ein Mann!
PAPAGENO
sieht auf
Aber sagt mir nur meine lieben Herren, warum muss ich denn alle die Qualen und Schrecken empfinden? - Wenn mir ja die Götter eine Papagena bestimmten, warum denn mit so vielen Gefahren sie erringen?
ZWEYTER PRIESTER
Diese neugierige Frage mag deine Vernunft dir beantworten. Komm! meine Pflicht heischt dich weiter zu führen.
er giebt ihm den Sack um
PAPAGENO
Bey so einer ewigen Wanderschaft möcht einem wohl die Liebe auf immer vergehen.
ab
SIEBENTER AUFTRITT
Das Theater verwandelt sich in einen angenehmen Garten; Bäume, die nach Art eines Hufeisens gesetzt sind; in der Mitte siebt eine Laube von Blumen und Rosen, worin Pamina schläft. Der Mond beleuchtet ihr Gesicht. Ganz vorn steht eine Rasenbank, Monostatos kommt, setzt sich nach einer Pause.
MONOSTATOS.
Ha, da find' ich ja die spröde Schöne! - Und um so einer geringen Pflanze wegen wollte man meine Fusssohlen behämmern? - Also bloss dem heutigen Tage hab' ichs zu verdanken, dass ich noch mit heiler Haut auf die Erde trete. - Hm! - Was war denn eigentlich mein Verbrechen? - dass ich mich in eine Blume vergaffte, die auf fremden Boden versetzt war? - Und welcher Mensch, wenn er auch von gelinderm Himmelstrich daher wanderte, würde bey so einem Anblick kalt und unempfindlich bleiben? -
Bey allen Sternen! das Mädchen wird noch um meinen Verstand mich bringen. - Das Feuer, das in mir glimmt, wird mich noch verzehren.
er sieht sich allenthalben um
Wenn ich wüsste - dass ich so ganz allein, und unbelauscht wäre - ich wagte es noch einmal.
er macht sich Wind mit beyden Händen
Es ist doch eine verdammte närrische Sache um die Liebe! - Ein Küsschen, dächte ich, liesse sich entschuldigen. -
Nr. 13 - Arie
Alles wird so piano gesungen und gespielt, als wenn die Musik in weiter Entfernung wäre.
MONOSTATOS
Alles fühlt der Liebe Freuden,
Schnäbelt, tändelt, herzet, küsst;
Und ich soll die Liebe meiden,
Weil ein Schwarzer hässlich ist.
Ist mir denn kein Herz gegeben?
Ich bin auch den Mädchen gut?
Immer ohne Weibchen leben,
Wäre wahrlich Höllenglut.
Drum so will ich, weil ich lebe,
Schnäbeln, küssen, zärtlich seyn! -
Lieber, guter Mond - vergebe
Eine Weisse nahm mich ein! -
Weiss ist schön! - ich muss sie küssen;
Mond! verstecke dich dazu! -
Sollt es dich zu seh'n verdriessen,
O so mach die Augen zu.
Er schleicht langsam und leise hin.
ACHTER AUFTRITT
Die Königinn kommt unter Donner aus der mittlern Versenkung, und so, dass sie gerade vor Pamina zu stehen kommt.
KÖNIGINN
Zurücke!
PAMINA
erwacht
Ihr Götter!
MONOSTATOS
prallt zurück
O weh! - das ist - wo ich nicht irre, die Göttin der Nacht.
steht ganz still
PAMINA
Mutter! Mutter! meine Mutter!
sie fällt ihr in die Arme
MONOSTATOS
Mutter? hm! das muss man von weitem belauschen.
schleicht ab
KÖNIGINN
Verdank es der Gewalt, mit der man dich mir entriss, dass ich noch deine Mutter mich nenne. - Wo ist der Jüngling, den ich an dich sandte?
PAMINA
Ach Mutter, der ist der Welt und den Menschen auf ewig entzogen. - Er hat sich den Eingeweihten gewidmet.
KÖNIGINN
Den Eingeweihten? - Unglückliche Tochter, nun bist du auf ewig mir entrissen. -
PAMINA
Entrissen? - O fliehen wir liebe Mutter! unter deinem Schutz trotz ich jeder Gefahr.
KÖNIGINN
Schutz? Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr schützen. - Mit deines Vaters Tod gieng meine Macht zu Grabe.
PAMINA
Mein Vater -
KÖNIGINN
Übergab freywillig den siebenfachen Sonnenkreis den Eingeweihten; diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro auf seiner Brust. - Als ich ihn darüber beredete, so sprach er mit gefalteter Stirne: Weib! meine letzte Stunde ist da - alle Schätze, so ich allein besass, sind dein und deiner Tochter. - Der alles verzehrende Sonnenkreis, fiel ich hastig ihm in die Rede, - ist den Geweihten bestimmt, antwortete er: - Sarastro wird ihn so männlich verwalten, wie ich bisher. - Und nun kein Wort weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geiste unbegreiflich sind. - Deine Pflicht ist, dich und deine Tochter, der Führung weiser Männer zu überlassen.
PAMINA
Liebe Mutter, nach allem dem zu schliessen, ist wohl auch der Jüngling auf immer für mich verloren.
KÖNIGINN
Verloren, wenn du nicht, eh' die Sonne die Erde färbt, ihn durch diese unterirdische Gewölber zu fliehen beredest. - Der erste Schimmer des Tages entscheidet, ob er ganz Dir oder den Eingeweihten gegeben sey.
PAMINA
Liebe Mutter, dürft ich den Jüngling als Eingeweihten denn nicht auch eben so zärtlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? - Mein Vater selbst war ja mit diesen weisen Männern verbunden; er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen, preisste ihre Güte - ihren Verstand - ihre Tugend. - Sarastro ist nicht weniger tugendhaft. -
KÖNIGINN
Was hör ich! - Du meine Tochter könntest die schändlichen Gründe dieser Barbaren vertheidigen? - So einen Mann lieben, der mit meinem Todfeinde verbunden, mit jedem Augenblick mir meinen Sturz bereiten würde? - Siehst du hier diesen Stahl? - Er ist für Sarastro geschliffen. - Du wirst ihn tödten, und den mächtigen Sonnenkreis mir überliefern.
PAMINA
Aber liebste Mutter! -
KÖNIGINN
Kein Wort!
Nr. 14 - Arie
KÖNIGIN DER NACHT
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
So bist du meine Tochter nimmermehr.
Verstossen sey auf ewig und verlassen,
Zertrümmert alle Bande der Natur,
Wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen!
Hört Rache, - Götter! - Hört der Mutter Schwur.
Sie versinkt.
NEUNTER AUFTRITT
Pamina mit dem Dolch in der Hand.
PAMINA
Morden soll ich? - Götter! das kann ich nicht. - Das kann ich nicht!
steht in Gedanken
ZEHNTER AUFTRITT
Vorige, Monostatos.
MONOSTATOS
kommt schnell, heimlich, und sehr freudig
Sarastros Sonnenkreis hat also auch seine Wirkung? - Und diesen zu erhalten, soll das schöne Mädchen ihn morden? - Das ist Salz in meine Suppe!
PAMINA
Aber schwur sie nicht bey allen Göttern, mich zu verstossen, wenn ich den Dolch nicht gegen Sarastro kehre? - Götter! - Was soll ich nun?
MONOSTATOS
Dich mir anvertrauen!
nimmt ihr den Dolch
PAMINA
erschrickt und schreyt
Ha!
MONOSTATOS
Warum zitterst du? vor meiner schwarzen Farbe, oder vor dem ausgedachten Mord?
PAMINA
schüchtern
Du weisst also? -
MONOSTATOS
Alles. - Ich weiss sogar, dass nicht nur dein, sondern auch deiner Mutter Leben in meiner Hand steht. - Ein einziges Wort sprech ich zu Sarastro, und deine Mutter wird in diesem Gewölbe in eben dem Wasser, das die Eingeweihten reinigen soll, wie man sagt, ersäufft. - Aus diesem Gewölbe kommt sie nun sicher nicht mehr mit heiler Haut, wenn ich es will. - Du hast also nur einen Weg, dich und deine Mutter zu retten.
PAMINA
Der wäre?
MONOSTATOS
Mich zu lieben.
PAMINA
zitternd für sich
Götter!
MONOSTATOS
freudig
Das junge Bäumchen jagt der Sturm auf meine Seite. - Nun Mädchen! - Ja, oder nein!
PAMINA
entschlossen
Nein!
MONOSTATOS
voll Zorn
Nein? und warum? weil ich die Farbe eines schwarzen Gespensts trage? - Nicht? - Ha so stirb!
er ergreift sie bey der Hand
PAMINA
Monostatos, sieh mich hier auf meinen Knien - schone meiner!
MONOSTATOS
Liebe oder Tod! - Sprich! dein Leben steht auf der Spitze.
PAMINA
Mein Herz hab ich dem Jüngling geopfert.
MONOSTATO
Was kümmert mich dein Opfer. - Sprich! -
PAMINA
entschlossen
Nie!
ELFTER AUFTRITT
Vorige, Sarastro.
MONOSTATOS
So fahr denn hin!
Sarastro hält ihn schnell ab
Herr, mein Unternehmen ist nicht strafbar; man hat deinen Tod geschworen, darum wollt ich dich rächen.
SARASTRO
Ich weis nur allzuviel. - Weiss, dass deine Seele eben so schwarz als dein Gesicht ist. - Auch würde ich dies schwarze Unternehmen mit höchster Strenge an dir bestrafen, wenn nicht ein böses Weib, das zwar eine sehr gute Tochter hat, den Dolch dazu geschmiedet hätte. - Verdank es der bösen Handlung des Weibes, dass du ungestraft davon ziehst. - Geh! -
MONOSTATOS
im Abgehen
Jetzt such' ich die Mutter auf, weil die Tochter mir nicht beschieden ist.
ab
ZWÖLFTER AUFTRITT
Vorige, ohne Monostatos.
PAMINA
Herr, strafe meine Mutter nicht, der Schmerz über meine Abwesenheit.
SARASTRO
Ich weis alles. - Weis, dass sie in unterirdischen Gemächern des Tempels herumirrt, und Rache über mich und die Menschheit kocht; - Allein, du sollst sehen, wie ich mich an deiner Mutter räche. - Der Himmel schenke nur dem holdem Jüngling Muth und Standhaftigkeit in seinem frommen Vorsatz, denn bist du mit ihm glücklich, und deine Mutter soll beschämt nach ihrer Burg zurücke kehren.
Nr. 15 - Arie
SARASTRO
In diesen heil'gen Hallen,
Kennt man die Rache nicht. -
Und ist ein Mensch gefallen;
Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundeshand,
Vergnügt und froh ins bess're Land.
In diesen heiligen Mauern
Wo Mensch den Menschen liebt,
Kann kein Verräther lauern,
Weil man dem Feind vergiebt.
Wen solche Lehren nicht erfreu'n,
Verdienet nicht ein Mensch zu seyn.
Gehen beyde ab.
DREYZEHNTER AUFTRITT
Das Theater verwandelt sich in eine Halle, wo das Flugwerk gehen kann. Das Flugwerk ist mit Rosen und Blumen umgeben, wo sich sodann eine Thüre öfnet.
Tamino und Papageno werden ohne Säcke, von den zwey Priestern herein geführt.
Ganz vorne sind zwey Rasenbänke.
SPRECHER
Hier seyd ihr euch beyde allein überlassen. - Sobald die röchelnde Posaune tönt, dann nehmt ihr euren Weg dahin. - Prinz, lebt wohl! Wir sehen uns, eh' ihr ganz am Ziele seyd. - Noch einmal, vergesst das Wort nicht: Schweigen.
ab
ZWEYTER PRIESTER
Papageno, wer an diesem Ort sein Stillschweigen bricht, den strafen die Götter durch Donner und Blitz. Leb wohl!
ab
VIERZEHNTER AUFTRITT
Tamino, Papageno.
Tamino setzt sich auf eine Rasenbank.
PAPAGENO
nach einer Pause
Tamino!
TAMINO
verweisend
St!
PAPAGENO
Das ist ein lustiges Leben! - Wär' ich lieber in meiner Strohhütte, oder im Walde, so hört ich doch manchmahl einen Vogel pfeifen.
TAMINO
verweisend
St!
PAPAGENO
Mit mir selbst werd' ich wohl sprechen dürfen; und auch wir zwey können zusammen sprechen, wir sind ja Männer.
TAMINO
verweisend
St!
PAPAGENO
singt
La la la - la la la! - Nicht einmal einen Tropfen Wasser bekommt man bey diesen Leuten; viel weniger sonst was.
FÜNFZEHNTER AUFTRITT
Ein altes hässliches Weib kommt aus der Versenkung, hält auf einer Tasse einen grossen Becher mit Wasser.
PAPAGENO
sieht sie lang an
Ist das für mich?
WEIB
Ja, mein Engel!
PAPAGENO
sieht sie wieder an, trinkt
Nicht mehr und nicht weniger als Wasser. - Sag du mir, du unbekannte Schöne! werden alle fremde Gäste auf diese Art bewirthet?
WEIB
Freylich mein Engel!
PAPAGENO
So, so! - Auf die Art werden die Fremden auch nicht gar zu häufig kommen. -
WEIB
Sehr wenig.
PAPAGENO
Kann mirs denken. - Geh Alte, setze dich her zu mir, mir ist die Zeit verdammt lange. - Sag du mir, wie alt bist du denn?
WEIB
Wie alt?
PAPAGENO
Ja!
WEIB
18 Jahr, und 2 Minuten.
PAPAGENO
18 Jahr, und 2 Minuten?
WEIB
Ja!
PAPAGENO
Ha ha ha! - Ey du junger Engel! Hast du auch einen Geliebten?
WEIB
J' freylich!
PAPAGENO
Ist er auch so jung wie du?
WEIB
Nicht gar, er ist um 10 Jahre älter. -
PAPAGENO
Um 10 Jahr ist er älter als du? - Das muss eine Liebe seyn! - Wie nennt sich denn dein Liebhaber?
WEIB
Papageno!
PAPAGENO
erschrickt, Pause
Papageno? - Wo ist er denn dieser Papageno?
WEIB
Da sitzt er mein Engel!
PAPAGENO
Ich wär dein Geliebter?
WEIB
Ja mein Engel!
PAPAGENO
nimmt schnell das Wasser, und spritzt sie ins Gesicht
Sag du mir, wie heisst du denn?
WEIB
Ich heisse -
starker Donner, die Alte hinkt schnell ab
PAPAGENO
O weh!
Tamino steht auf, droht ihm mit dem Finger.
PAPAGENO
Nun sprech ich kein Wort mehr!
SECHZEHNTER AUFTRITT
Die drey Knaben kommen in einem mit Rosen bedeckten Flugwerk. In der Mitte steht ein schöner gedeckter Tisch. Der eine hat die Flöte, der andere das Kästchen mit Glöckchen.
DIE DREY KNABEN
Nr. 16 - Terzett
Seyd uns zum zweytenmal willkommen
Ihr Männer in Sarastros Reich!
Er schickt, was man euch abgenommen,
Die Flöte und die Glöckchen euch.
Wollt ihr die Speisen nicht verschmähen,
So esset, trinket froh davon!
Wenn wir zum drittenmal uns sehen,
Ist Freude eures Muthes Lohn!
Tamino Muth! Nah ist das Ziel,
Du Papageno, schweige still.
Unter dem Terzett setzen sie den Tisch in die Mitte, und fliegen auf.
SIEBZEHNTER AUFTRITT
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
Tamino, wollen wir nicht speisen? - -
Tamino bläst auf seiner Flöte.
PAPAGENO
Blase du nur fort auf deiner Flöte, ich will meine Brocken blasen. - Herr Sarastro führt eine gute Küche. - Auf die Art, ja da will ich schon schweigen, wenn ich immer solche gute Bissen bekomme.
er trinkt
Nun will ich sehen, ob auch der Keller so gut bestellt ist. - Ha! - Das ist Götterwein! -
die Flöte schweigt
ACHTZEHNTER AUFTRITT
Pamina, Vorige.
PAMINA
freudig
Du hier? - Gütige Götter! Dank euch, dass ihr mich diesen Weg führtet. - Ich hörte deine Flöte - und so lief ich pfeilschnell dem Tone nach. - Aber du bist traurig? - Sprichst nicht eine Silbe mit deiner Pamina?
TAMINO
seufzt
Ah!
winkt ihr fortzugehen.
PAMINA
Wie? ich soll dich meiden? liebst du mich nicht mehr?
TAMINO
seufzt
Ah!
winkt wieder fort
PAMINA
Ich soll fliehen, ohne zu wissen, warum. - Tamino, holder Jüngling! hab ich dich beleidigt? - O kränke mein Herz nicht noch mehr. - Bey dir such ich Trost - Hülfe - und du kannst mein liebevolles Herz noch mehr kränken? - Liebst du mich nicht mehr?
Tamino seufzt
PAMINA
Papageno, sage du mir, sag, was ist meinem Freund?
Papageno hat einen Brocken in dem Mund, hält mit beyden Händen die Speisen zu, winkt fortzugehen.
PAMINA
Wie? auch du? - Erkläre mir wenigstens die Ursache eures Stillschweigens. - -
PAPAGENO
St!
er deutet ihr fortzugehen.
PAMINA
O das ist mehr als Kränkung - mehr als Tod!
Pause
Liebster, einziger Tamino! -
Nr. 17 - Arie
Ach ich fühls, es ist verschwunden -
Ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr, Wonnestunden,
Meinem Herzen mehr zurück.
Sieh Tamino, diese Thränen
Fliessen Trauter, dir allein.
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
So wird Ruh im Tode seyn.
ab
NEUNZEHNTER AUFTRITT
Tamino, Papageno.
PAPAGENO
isst hastig
Nicht wahr Tamino, ich kann auch schweigen, wenns seyn muss. - Ja, bey so einem Unternehmen da bin ich Mann.
er trinkt
Der Herr Koch, und der Herr Kellermeister sollen leben. -
Dreymaliger Posaunenton
Tamino winkt Papageno, dass er gehen soll.
PAPAGENO
Gehe du nur voraus, ich komm schon nach.
Tamino will ihn mit Gewalt fortführen.
PAPAGENO
Der Stärkere bleibt da!
Tamino droht ihm, und geht rechts ab; ist aber links gekommen.
PAPAGENO
Jetzt will ich mirs erst recht wohl seyn lassen. - Da ich in meinem besten Appetit bin, soll ich gehen. - Das lass' ich wohl bleiben. - Ich gieng' jetzt nicht fort, und wenn Herr Sarastro seine sechs Löwen an mich spannte.
die Löwen kommen heraus, er erschrickt
O Barmherzigkeit, ihr gütigen Götter! - Tamino, rette mich! die Herrn Löwen machen eine Mahlzeit aus mir.
Tamino bläst sein Flöte, kommt schnell zurück; die Löwen gehen hinein.
Tamino winkt ihm.
PAPAGENO
Ich gehe schon! heiss du mich einen Schelmen, wenn ich dir nicht in allem folge.
dreymaliger Posaunenton
Das geht uns an. - Wir kommen schon. - Aber hör einmal, Tamino, was wird denn noch alles mit uns werden?
Tamino deutet gen Himmel.
PAPAGENO
Die Götter soll ich fragen?
Tamino deutet ja.
PAPAGENO
Ja, die könnten uns freylich mehr sagen, als wir wissen!
dreymaliger Posaunenton
Tamino reisst ihn min Gewalt fort.
PAPAGENO
Eile nur nicht so, wir kommen noch immer zeitlich genug, um uns braten zu lassen.
ab