ERSTER AUFZUG
Ouvertüre
Platz vor dem Palast des Bassa am Ufer des Meers.
ERSTER AUFTRITT
Belmonte allein.
Nr. 1 - Arie
BELMONTE
Hier soll ich dich dann sehen,
Konstanze! dich mein Glück!
Lass Himmel es geschehen!
Gieb mir die Ruh zurück!
Ich duldete der Leiden
O Liebe! allzuviel!
Schenk mir dafür nun Freuden
Und bringe mich ans Ziel.
Aber wie soll ich in den Palast kommen? - wie sie sehen? - wie sprechen?
ZWEITER AUFTRITT
Belmonte, Osmin mit einer Leiter, welche er an einen Baum vor der Thüre des Palasts lehnt, hinauf steigt und Feigen abnimmt.
Nr. 2 - Lied und Duett
OSMIN
Wer ein Liebchen hat gefunden,
Die es treu und redlich meynt,
Lohn' es ihr durch tausend Küsse,
Mach' ihr all das Leben süsse,
Sey ihr Tröster, sey ihr Freund.
Trallalera, trallalera!
BELMONTE
Vielleicht dass ich durch diesen Alten etwas erfahre. - He, Freund! Ist das nicht das Landhaus des Bassa Selim?
OSMIN
singt wie zuvor, während der Arbeit
Doch sie treu sich zu erhalten,
Schliess' er Liebchen sorglich ein:
Denn die losen Dinger haschen
Jeden Schmetterling, und naschen
Gar zu gern von fremdem Wein.
Trallalera, trallalera!
BELMONTE
He, Alter, he! hört ihr nicht? - Ist hier des Bassa Selim Palast?
OSMIN
sieht ihn an, dreht sich herum, und singt wie zuvor
Sonderlich bey'm Mondenscheine,
Freunde, nehmt sie wohl in Acht!
Oft lauscht da ein junges Herrchen,
Kirrt und lockt das kleine Närrchen,
Und dann, Treue, gute Nacht!
Trallalera, trallalera!
BELMONTE
Verwünscht seyst du samt deinem Liede!
Ich bin dein Singen nun schon müde;
So hör' doch nur ein einzig Wort!
OSMIN
Was Henker lasst ihr euch gelüsten,
Euch zu ereifern, euch zu brüsten?
Was wollt ihr? hurtig! ich muss fort.
BELMONTE
Ist das des Bassa Selims Haus?
OSMIN
He?
BELMONTE
Ist das des Bassa Selims Haus?
OSMIN
Das ist des Bassa Selims Haus.
will fort
BELMONTE.
So wartet doch - -
OSMIN.
Ich kann nicht weilen.
BELMONTE.
Ein Wort ...
OSMIN.
Geschwind! denn ich muss eilen.
BELMONTE
Seyd ihr in seinen Diensten, Freund?
OSMIN
He?
BELMONTE
Seyd ihr in seinen Diensten, Freund?
OSMIN
Ich bin in seinen Diensten, Freund.
BELMONTE
Wie kann ich den Pedrill wohl sprechen,
Der hier in seinen Diensten steht?
OSMIN
Den Schurken? der den Hals soll brechen?
Seht selber zu; wenns anders geht.
will fort
BELMONTE
für sich
Was für ein alter grober Bengel!
OSMIN
ihn betrachtend, auch für sich
Das ist just so ein Galgenschwengel.
BELMONTE
zu ihm
Ihr irrt, es ist ein braver Mann.
OSMIN
So brav, dass man ihn spiessen kann.
BELMONTE
Ihr müsst ihn wahrlich nicht recht kennen.
OSMIN
Recht gut. Ich liess' ihn heut verbrennen.
BELMONTE
Es ist fürwahr ein guter Tropf!
OSMIN
Auf einen Pfahl gehört sein Kopf!
will fort
BELMONTE
So bleibet doch!
OSMIN
Was wollt ihr noch.
BELMONTE
Ich möchte gerne ...
OSMIN
bitter höhnisch
So hübsch von ferne
Ums Haus' rum schleichen,
Und Mädchen stehlen?
Fort, eures gleichen
Braucht man hier nicht.
BELMONTE
Ihr seyd besessen!
Sprecht voller Galle
Mir so vermessen
Ins Angesicht!
OSMIN
Nur nicht in Eifer!
BELMONTE
Schont euren Geifer.
OSMIN
Ich kenn' euch schon.
BELMONTE
Lasst euer Drohn.
OSMIN
Scheert euch zum Teufel -
BELMONTE
Es bleibt kein Zweifel -
zusammen
OSMIN
Ihr kriegt, ich schwöre
Sonst ohne Gnade
Die Bastonade:
Noch habt ihr Zeit.
stösst ihn fort
BELMONTE
Ihr seyd von Sinnen!
Welch ein Betragen
Auf meine Fragen!
Seyd doch gescheid.
ab
DRITTER AUFTRITT
Osmin, hernach Pedrillo.
OSMIN
allein
Könnt' ich mir doch noch so einen Schurken auf die Nase setzen, wie den Pedrillo; so einen Gaudieb, der Tag und Nacht nichts thut, als nach meinen Weibern herum zu schleichen, und zu schnobern, ob's nichts für seinen Schnabel setzt. Aber ich laure ihm sicher auf den Dienst, und wohl bekomm' dir die Prügelsuppe, wenn ich dich einmal beym Kanthaken kriege! - Hätt' er sich nur beym Bassa nicht so eingeschmeichelt, er sollte den Strick längst um den Hals haben.
PEDRILLO
Nun, wie stehts, Osmin? Ist der Bassa noch nicht zurück?
OSMIN
Sieh darnach, wenn du's wissen willst.
PEDRILLO
Schon wieder Sturm im Kalender? - hast du das Gericht Feigen für mich gepflückt?
OSMIN
Gift für dich, verwünschter Schmarotzer!
PEDRILLO
Was in aller Welt ich dir nun gethan haben muss, dass du beständig mit mir zankst. Lass uns doch einmal Friede machen.
OSMIN
Friede mit dir? mit so einem schleichenden spitzbübischen Passauf, der nur spionirt, wie er mir eins versetzen kann? Erdrosseln möcht' ich dich! -
PEDRILLO
Aber sag nur, warum? warum?
OSMIN
Warum? - weil ich dich nicht leiden kann.
Nr. 3 - Arie
OSMIN
Solche hergelaufne Laffen
Die nur nach den Weibern gaffen,
Mag ich vor den Teufel nicht.
Denn ihr ganzes Thun und Lassen
Ist, uns auf den Dienst zu passen,
Doch mich trügt kein solch Gesicht.
Eure Tücken, eure Ränke,
Eure Finten, eure Schwänke,
Sind mir ganz bekannt.
Mich zu hintergehen,
Müsst ihr früh aufstehen,
Ich hab' auch Verstand.
Drum, beym Barte des Propheten!
Ich studiere Tag und Nacht,
Ruh nicht, bis ich dich sch' tödten,
Nimm dich, wie du willst, in acht.
PEDRILLO
Was bist du für ein grausamer Kerl, und ich hab dir nichts gethan.
OSMIN
Du hast ein Galgengesicht, das ist genug.
Erst geköpft,
Dann gehangen,
Dann gespiesst
Auf heisse Stangen,
Dann verbrannt,
Dann gebunden
Und getaucht;
Zuletzt geschunden.
geht ins Haus
VIERTER AUFTRITT
Pedrillo, hernach Belmonte.
PEDRILLO
allein
Geh nur, verwünschter Aufpasser; es ist noch nicht aller Tage Abend. Wer weiss, wer den Andern überlistet; und dir misstrauischem gehässigem Menschenfeinde eine Grube zu graben, sollte ein wahres Fest für mich seyn.
BELMONTE
Pedrillo, guter Pedrillo!
PEDRILLO
Ach mein bester Herr! Ist's möglich? Sind Sie's wirklich? Bravo, Madam Fortuna, bravo! das heisst doch Wort gehalten! Schon verzweifelte ich, ob einer meiner Briefe Sie getroffen hätte.
BELMONTE
Sag, guter Pedrillo, lebt meine Konstanze noch?
PEDRILLO
Lebt, und noch hoff' ich für Sie. Seit dem schrecklichen Tage, an welchem das Glück uns einen so hässlichen Streich spielte, und unser Schiff von den Seeräubern erobern liess, haben wir mancherley Drangsal erfahren. Glücklicher Weise traf sichs noch, dass der Bassa Selim uns alle drey kaufte: Ihre Konstanze nämlich, meine Blonde, und mich. Er liess uns sogleich hier auf sein Landhaus bringen. Donna Konstanze ward seine auserwählte Geliebte. -
BELMONTE
Ah! was sagst du?
PEDRILLO
Nu, nur nicht so hitzig! Sie ist noch nicht in die schlimmsten Hände gefallen. Der Bassa ist ein Renegat, und hat noch so viel Delikatesse, keine seiner Weiber zu seiner Liebe zu zwingen; und so viel ich weis, spielt er noch immer den unerhörten Liebhaber.
BELMONTE
Wär es möglich? Wär Konstanze noch treu?
PEDRILLO
Sicher noch, lieber Herr! Aber wie's mit meinem Blondchen steht, weis der Himmel! das arme Ding schmachtet bey einem alten hässlichen Kerl, dem sie der Bassa geschenkt hat; und vielleicht - ach ich darf gar nicht dran denken! -
BELMONTE
Doch nicht der alte Kerl, der so eben ins Haus gieng?
PEDRILLO
Eben der.
BELMONTE
Und diess ist der Liebling des Bassa?
PEDRILLO
Liebling, Spion, und Ausbund aller Spitzbuben, der mich mit den Augen vergiften möchte, wenns möglich wäre.
BELMONTE
O guter Pedrillo! was sagst du?
PEDRILLO
Nur nicht gleich verzagt! Unter uns gesagt: ich hab' auch einen Stein im Brete beym Bassa. Durch mein bischen Geschick in der Gärtnerey hab' ich seine Gunst weggekriegt, und dadurch hab' ich so ziemlich Freyheit, die tausend Andere nicht haben würden. Da sonst jede Mannsperson sich entfernen muss, wenn eine seiner Weiber in Garten kommt, kann ich bleiben; sie reden so gar mit mir, und er sagt nichts darüber. Freylich mault der alte Osmin, besonders, wenn mein Blondchen ihrer Gebieterinn folgen muss.
BELMONTE
Ists möglich? Du hast sie gesprochen? - O sag, sag! Liebt sie mich noch?
PEDRILLO
Hm! dass Sie daran zweifeln! Ich dächte, Sie kennten die gute Konstanze mehr als zu gut; hätten Proben genug ihrer Liebe. - Doch damit dürfen wir uns gar nicht aufhalten. Hier ist blos die Frage, wie's anzufangen ist, hier weg zu kommen?
BELMONTE
O da hab' ich für alles gesorgt! Ich hab' hier ein Schiff in einiger Entfernung vom Hafen, das uns auf den ersten Wink einnimmt, und -
PEDRILLO
Ah, sachte, sachte! Erst müssen wir die Mädels haben, ehe wir zu Schiffe gehen; und das geht nicht so husch, husch! wie Sie meynen.
BELMONTE
O lieber guter Pedrillo, mach nur, dass ich sie sehen, dass ich sie sprechen kann! Das Herz schlägt mir vor Angst und Freude! -
PEDRILLO
Pfiffig müssen wir das Ding anfangen, und rasch müssen wir's ausführen, damit wir den alten Aufpasser übertölpeln. Bleiben Sie hier in der Nähe. Jetzt wird der Bassa bald von einer Lustfahrt auf dem Wasser zurückkommen. Ich will Sie ihm als einen geschickten Baumeister vorstellen: denn Bauen und Gärtnerey sind seine Steckenpferde. Aber lieber goldner Herr, halten Sie sich in Schranken; Konstanze ist bey ihm -
BELMONTE
Konstanze bey ihm? Was sagst du?
Ich soll sie sehen?
PEDRILLO
Gemach, gemach ums Himmels willen, lieber Herr! sonst stolpern wir - Ah ich glaube, dort seh' ich sie schon angefahren kommen. Gehn Sie nur auf die Seite, wenn er kommt; ich will ihm entgegen gehen.
geht ab
FÜNFTER AUFTRITT
Belmonte allein.
Nr. 4 -Arie
BELMONTE
Konstanze! dich wieder zu sehen - -
O wie ängstlich, o wie feurig
Klopft mein liebevolles Herz!
Und des Wiedersehens Zähre
Lohnt der Trennung bangen Schmerz.
Schon zittr' ich und wanke,
Schon zag' ich und schwanke,
Es hebt sich die schwellende Brust:
Ist das ihr Lispeln?
Es wird mir so bange;
War das ihr Seufzen?
Es glüht mir die Wange;
Täuscht mich die Liebe, war es ein Traum?
PEDRILLO
kömmt hurtig gelaufen
Geschwind, geschwind auf die Seite und versteckt! Der Bassa kommt.
Belmonte versteckt sich
SECHSTER AUFTRITT
Der Bassa Selim und Konstanze kommen in einem Lustschiffe angefahren, vor welchem ein anderes Schiff mit Janitscharenmusik voraus landet. Die Janitscharen stellen sich am Ufer in Ordnung, stimmen folgenden Chor an, und entfernen sich dann.
Nr. 5 - Chor der Janitscharen
CHOR
Singt dem grossen Bassa Lieder,
Töne, feuriger Gesang;
Und vom Ufer halle wieder
Unsrer Lieder Jubelklang!
EINE ODER ZWO STIMMEN
1
Weht ihm entgegen,
Kühlende Winde,
Ebne dich sanfter,
Wallende Fluth!
2
Singt ihm entgegen,
Fliegende Chöre,
Singt ihm der Liebe
Freuden in's Herz!
CHOR
Singt dem grossen Bassa Lieder,
Töne, feuriger Gesang;
Und vom Ufer halle wieder
Unsrer Lieder Jubelklang!
Janitscharen ab
SIEBENTER AUFTRITT
Selim, Konstanze.
SELIM
Immer noch traurig, geliebte Konstanze? immer in Thränen? - Sieh, dieser schöne Abend, diese reizende Gegend, diese bezaubernde Musik, meine zärtliche Liebe für dich - Sag', kann nichts von allem dich endlich beruhigen, endlich dein Herz rühren? - Sieh, ich könnte befehlen, könnte grausam mit dir verfahren, dich zwingen -
Konstanze seufzt
SELIM
Aber nein, Konstanze; dir selbst will ich dein Herz zu danken haben - dir selbst -
KONSTANZE
Grossmüthiger Mann! o dass ich es könnte! dass ichs erwiedern könnte - aber -
SELIM
Sag, Konstanze, sag, was hält dich zurück?
KONSTANZE
Du wirst mich hassen.
SELIM
Nein, ich schwöre dir's. Du weisst, wie sehr ich dich liebe, wie viel Freyheit ich dir vor allen meinen Weibern gestatte; dich wie meine Einzige schätze -
KONSTANZE
O so verzeih!
Nr. 6 - Arie
KONSTANZE
Ach, ich liebte,
War so glücklich,
Kannte nicht der Liebe Schmerz!
Schwur ihm Treue
Dem Geliebten,
Gab dahin mein ganzes Herz:
Doch wie bald schwand meine Freude,
Trennung war mein banges Loos;
Und nun schwimmt mein Aug' in Thränen,
Kummer ruht in meinem Schoos.
Während des Gesanges geht der Bassa unwillig hin und her.
KONSTANZE
Ach, ich sagt' es wohl, du würdest mich hassen. Aber verzeih, verzeih dem liebekranken Mädchen! - Du bist ja so grossmüthig, so gut - Ich will dir dienen, deine Sklavinn seyn, bis ans Ende meines Lebens: nur verlange nicht ein Herz von mir, das auf ewig versagt ist -
SELIM
Ha, Undankbare! Was wagst du zu bitten?
KONSTANZE
Tödte mich, Selim, tödte mich! nur zwinge mich nicht, meineidig zu werden - Noch zuletzt, wie mich der Seeräuber aus den Armen meines Geliebten riss, schwur ich aufs feyerlichste -
SELIM
Halt ein! nicht ein Wort! Reize meinen Zorn nicht noch mehr. Bedenke, dass du in meiner Gewalt bist -
KONSTANZE
Ich bin es: aber du wirst dich ihrer nicht bedienen, ich kenne dein gutes, dein mitleidvolles Herz. Hätte ichs sonst wagen können, dir das meinige zu entdecken? -
SELIM
Wag es nicht, meine Güte zu missbrauchen -
KONSTANZE
Nur Aufschub gönne mir, Herr! Nur Zeit, meinen Schmerz zu vergessen -
SELIM
Wie oft schon gewährt ich dir diese Bitte -
KONSTANZE
Nur noch diesmal!
SELIM
Es sey! zum letztenmale! - Geh, Konstanze, geh! Besinne dich eines Bessern, und morgen -
KONSTANZE
im Abgehn
Unglückliches Mädchen! O Belmonte, Belmonte!
ACHTER AUFTRITT
Selim, Pedrillo, Belmonte.
SELIM
Ihr Schmerz, ihre Thränen, ihre Standhaftigkeit bezaubern mein Herz immer mehr, machen mir ihre Liebe nur noch wünschenswerther. Ha! wer wollte gegen ein solches Herz Gewalt brauchen? - Nein, Konstanze, nein, auch Selim hat ein Herz; auch Selim kennt Liebe -
PEDRILLO
Herr! verzeih, dass ich es wage, dich in deinen Betrachtungen zu stören -
SELIM
Was willst du, Pedrillo?
PEDRILLO
Dieser junge Mann, der sich in Italien mit vielem Fleiss auf die Baukunst gelegt, hat von deiner Macht, von deinem Reichthum gehört, und kommt her, dir als Baumeister seine Dienste anzubieten.
BELMONTE
Herr! könnte ich so glücklich seyn, durch meine geringen Fähigkeiten deinen Beyfall zu verdienen.
SELIM
Hm! Du gefällst mir. Ich will sehen, was du kannst. -
zum Pedrillo
Sorge für seinen Unterhalt. Morgen werde ich dich wieder rufen lassen.
geht ab
NEUNTER AUFTRITT
Belmonte, Pedrillo.
PEDRILLO
Ha! Triumph, Triumph, Herr!
der erste Schritt war gethan.
BELMONTE
Ach lass mich zu mir selbst kommen! - Ich habe sie gesehen, hab' das gute treue beste Mädchen gesehen! - O Konstanze, Konstanze! Was könnt' ich für dich thun, was für dich wagen?
PEDRILLO
Ha! gemach, gemach, bester Herr! Stimmen Sie den Ton ein bischen herab; Verstellung wird uns weit bessere Dienste leisten. Wir sind nicht in unserm Vaterlande. Hier fragen sie den Henker darnach, ob's einen Kopf mehr oder weniger in der Welt giebt. Bastonade und Strick um Hals sind hier wie ein Morgenbrod.
BELMONTE
Ach, Pedrillo! wenn du die Liebe kenntest -
PEDRILLO
Hm! Als wenn's mit unser einem gar nichts wäre. Ich habe so gut meine zärtlichen Stunden als andere Leute. Und denken Sie denn, dass mir's nicht auch im Bauche grimmt, wenn ich mein Blondchen von so einem alten Spitzbuben, wie der Osmin ist, bewacht sehen muss?
BELMONTE
O wenn es möglich wäre, sie zu sprechen -
PEDRILLO
Wir wollen sehen, was zu thun ist. Kommen Sie nur mit mir in Garten: aber um alles in der Welt, vorsichtig und fein. Denn hier ist alles Aug und Ohr.
Sie wollen in den Palast, Osmin kommt ihnen in der Thür' entgegen, und hält sie zurück.
ZEHNTER AUFTRITT
Vorige, Osmin.
OSMIN
Wohin?
PEDRILLO
Hinein!
OSMIN
zu Belmonte
Was will das Gesicht? - Zurück mit dir, zurück!
PEDRILLO
Ha, gemach, Meister Grobian, gemach! er ist in des Bassa Diensten.
OSMIN
In des Henkers Diensten mag er seyn! Er soll nicht herein!
PEDRILLO
Er soll aber herein!
OSMIN
Kommt mir nur einen Schritt über die Schwelle -
BELMONTE
Unverschämter! Hast du nicht mehr Achtung für einen Mann meines Standes?
OSMIN
Ey, ihr mögt mir vom Stande seyn! - Fort, fort, oder ich will euch Beine machen.
PEDRILLO
Alter Dummkopf! Es ist ja der Baumeister, den der Bassa angenommen hat.
OSMIN
Meinethalben sey er Stockmeister: nur komm er mir hier nicht zu nahe. Ich müsste nicht sehen, dass es so ein Kumpan deines Gelichters ist, und dass das so eine abgeredte Karte ist, uns zu überlisten. Der Bassa ist weich wie Butter, mit dem könnt ihr machen, was ihr wollt: aber ich habe eine feine Nase. Gaunerey ist's um den ganzen Kram, mit euch fremden Gesindel; und ihr abgefeimten Betrüger habt lange euer Plänchen angelegt, eure Pfiffe auszuführen. aber wart ein bischen! Osmin schläft nicht. Wär' ich Bassa, ihr wär't längst gespiesst. - Ja! schneid't nur Gesichter, lacht nur hönisch in Bart hinein!
PEDRILLO
Ereifere dich nicht so, Alter; es hilft dir doch nichts. Sieh, so eben werden wir hinein spatzieren.
OSMIN
Ha! das will ich sehen!
stellt sich vor die Thüre.
PEDRILLO
Mach keine Umstände. -
BELMONTE
Weg, Niederträchtiger!
Nr. 7 - Terzett
OSMIN
Marsch! Marsch! Marsch! trollt euch fort!
Sonst soll die Bastonade
Euch gleich zu Diensten stehn.
BELMONTE UND PEDRILLO
Ey, ey! Das wär ja Schade,
So mit uns umzugehn.
OSMIN
Kommt mir nicht näher.
BELMONTE UND PEDRILLO
Weg von der Thüre.
OSMIN
Sonst schlag' ich drein.
BELMONTE UND PEDRILLO
Wir gehn hinein.
Sie drängen ihn von der Thüre weg.
OSMIN
Marsch, fort!
BELMONTE UND PEDRILLO
Platz, fort!
OSMIN
Ich schlage drein!
BELMONTE UND PEDRILLO
Wir gehn hinein!
Sie stossen ihn weg und gehn hinein.